EnSiG-Novelle erlaubt aktives Repowering von Solarparks und Ausschreibungsanlagen bis 100 Megawatt

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Der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne) rührt seit Monaten die Werbetrommel für ein aktives Repowering von Solarparks in Deutschland. Am Mittwoch nun der Erfolg: Der Wirtschaftsausschuss des Bundestages befasste sich mit der Novelle des Energiesicherungsgesetzes (EnSiG) und auf Antrag der Regierungsfraktionen wird dort nun grünes Licht für die Erneuerung von bestehenden Photovoltaik-Kraftwerken außerhalb der bisher eng gesteckten Grenzen im EEG gesetzt. Konkret sieht der angenommene Vorschlag von SPD, Grünen und FDP vor, die Wörter „aufgrund eines technischen Defekts, einer Beschädigung oder eines Diebstahls“ aus dem EEG zu streichen. Damit können künftig auch noch funktionsfähige Solarmodule in Photovoltaik-Kraftwerken durch leistungsstärkere Produkte ersetzt werden.

Die geplante Gesetzesänderung, die ein weitreichendes Repowering von Solarparks erlaubt, wird vom bne sehr begrüßt. Carsten Pfeiffer, Leiter Strategie und Politik des bne, sagte pv magazine: „Wir sind sehr froh, dass die Ampelfraktionen unseren Vorschlag übernommen hat, das Repowering  – in Solarparks – zu erlauben. Damit können sehr schnell auf vorhandenen Flächen dringend benötigte zusätzliche Photovoltaik-Kapazitäten installiert werden.“ Das auf diese Weise kurzfristig realisierbare Potenzial ist nach Einschätzung von Verbandsmitgliedern riesig. „Durch die Einführung der Möglichkeit eines aktiven Repowern für Solarmodule könnten wir die derzeitig in Deutschland installierte Leistung von 63 Gigawatt auf den bestehenden Standorten auf 100 Gigawatt oder mehr vergrößern. Der Anteil an der Stromerzeugung könnte somit schnell von rund 10 auf 16 Prozent und mehr gesteigert werden. Für mindestens 60 Prozent der Anlagen (36 Gigawatt) ist ein sehr hohes Potenzial für eine Verdopplung, zuweilen bis zu einer Vervierfachung der installierten Leistung möglich, wenn die alten Solarmodule durch neue Modelle ersetzt würden“, schrieb Karl-Heinz Remmers kürzlich in seinem Beitrag für pv magazine. Entsprechend groß seine Freude nach der heutigen Entscheidung auf Twitter.

Genau dieses Argument scheint die Koalitionäre in Berlin letztendlich überzeugt zu haben. In der Begründung für die Gesetzesänderung heißt es: „Dies bewirkt kurzfristig eine Erhöhung der Einspeisung von Strom aus Solarenergie, denn bei Photovoltaik-Modulen tritt über die Nutzungsdauer ein Leistungsverlust ein (Degradation) und neue Module sind durch technologischen Fortschritt deutlich effizienter geworden. Ein derartiges Repowering auf bestehenden Flächen kann besonders kurzfristig wirken, da in der Regel keine vorherigen baurechtlichen Schritte erforderlich sind und der Netzanschluss der Anlagen bereits besteht.“

Im EEG wird ferner festgeschrieben, dass die ursprüngliche Vergütung bis zur alten Leistungsgrenze erhalten bleibt. Für die darüber hinaus installierte Leistung kann keine EEG-Vergütung in Anspruch genommen werden. Dies bedeutet, mit der Erweiterung können sich Betreiber nicht an den Ausschreibungen beteiligen, sondern müssen die Leistung über Stromabnahmeverträge (PPAs) oder direkt an der Strombörse vermarkten, wie Carsten Pfeiffer pv magazine bestätigte.

In dem Antrag der Regierungsfraktionen wird zudem klargestellt, dass sich die Neuregelung nur auf Photovoltaik-Freiflächenanlagen bezieht. Bei Dachanlagen gelten die bisherigen EEG-Regeln weiter, wonach Module nur bei technischem Defekt, Beschädigungen oder Diebstahl erneuert werden dürfen, um den alten Einspeisetarif weiterhin zu erhalten.

Zudem ist in dem Änderungsantrag von SPD, Grünen und FPD zur EnSiG-Novelle auch der Passus enthalten, dass bei den Ausschreibungen für Photovoltaik-Freiflächenanlagen im kommenden Jahr die Leistungsgrenze generell von 20 auf 100 Megawatt pro Anlage angehoben werden soll. Die war ursprünglich nur für die im Januar 2023 geplante sogenannte Krisensonderausschreibung mit 1,5 Gigawatt Leistung vorgesehen. Nun soll es auch für alle Auktionsrunden im kommenden Jahr gelten. Allerdings wird es keine zusätzliche Krisensonderausschreibung geben, wie die Regierungsfraktionen mit Blick auf die allgemeine Anhebung der Leistungsgrenze auf 100 Megawatt für 2023 erklärten*.

Mit Blick auf Unkenrufe, was mit den noch funktionsfähigen Solarmodulen aus den repowerten Photovoltaik-Kraftwerken passieren soll, hat man beim bne klare Vorstellungen. „Die gebrauchten Module wiederum werden auf dem Sekundärmarkt viele Abnehmer finden, wie für Balkon-Photovoltaik“, sagt Pfeiffer. „Der bne möchte, dass das Repowering eine Erfolgsgeschichte wird. Wir freuen uns beim bne über jedes Repowering-Projekt, von dem wir erfahren.“

Der Bundesverband Solarwirtschafft (BSW-Solar) sieht in der EnSiG-Novelle hingegen eher eine „weitgehend verpasste Chance“ und äußerte sich enttäuscht. Es sei der mögliche Beitrag der Solarenergie zur Beschleunigung der Energiewende für den Wärmesektor nicht und den Stromsektor kaum mobilisiert worden, hieß es vom Verband. „Maßnahmen für einen beschleunigten Ausbau der Solarenergie zur Wärmeerzeugung wurden nicht ergriffen“, monierte Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig. „Auch im Stromsektor blieb die Chance leider weitgehend ungenutzt, jetzt den Solarturbo zu zünden. Die wenigen Vereinfachungen zum Beispiel beim Repowering von Photovoltaik-Solarparks oder der Klarstellung bei Agri-Photovoltaik begrüßen wir.“ Sie machten aber „nur einen Bruchteil des brachliegenden Beschleunigungspotenzials“ aus, weshalb der BSW-Solar noch auf zügige Nachbesserungen in diesem Jahr hoffe. Es gelte schnell alle Marktbarrieren für Photovoltaik-Anlagen abzubauen. Dazu zählten etwa Standort-Restriktionen für die Errichtung von Solarparks, Auflagen zur Direktnutzung von Solarstrom hinter dem Netzanschlusspunkt und die Hemmnisse bei der Erzeugung solarer Fernwärme.

Der Bundestag soll die EnSiG-Novelle am Freitag abschließend beraten und verabschieden.

*Anmerkung der Redaktion: Die Krisensonderausschreibung ist nicht im Gegenzug für das aktive Repowering gestrichen worden, sondern statt der Ausschreibung gilt die 100-Megawatt-Leistungsgrenze nun für die regulären Freiflächenausschreibungen im nächsten Jahr. Dies ist mit der Aktualisierung des Artikels korrigiert worden.

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