An AC-Ladepunkten wird mehr geparkt als geladen. So lautet ein Vorurteil über das Laden von Elektroautos, dass häufiger in den Raum gestellt wird. Doch stimmt das überhaupt? Dieser Frage ist ein Team der RWTH Aachen, der Jülich-Aachen Research Alliance und des Helmholtz Instituts Münster nachgegangen.
Dafür erhoben die Forschenden Daten zum Energiefluss an den Ladesäulen, Ankunftszeiten, Auslastung, Gewinne der Betreiber und werteten diese aus. Der Datensatz umfasst Statistiken zu 27.800 öffentlichen Ladepunkten in Deutschland und gibt Aufschluss über einige Annahmen zum Laden, die bis dato ohne empirische Grundlage gemacht wurden.
Bei ihrer Untersuchung zum Ladeverhalten unterschieden die Autoren der Studie zwischen urbanen, suburbanen, gewerblich geprägten und unbewohnten Gegenenden. Zudem wurde bei der Analyse auch zwischen Schnellladesäulen und einfachen Ladepunkten unterschieden.
Der Wert der Ergebnisse liege darin, das Ladeverhalten zu quantifizieren und so einige Annahmen, die bislang nur anekdotisch hergeleitet wurden, zu überprüfen. Als Beispiel nennen die Forschenden die Annahme, dass öffentliche AC-Ladepunkte oftmals nur zum Parken genutzt werden, sich die getankte Strommenge dabei aber in Grenzen hält.
Annahmen geprüft
Diese Annahme konnte in der Studie quantifiziert werden. 90 Prozent der Ladevorgänge an AC-Ladepunkten mit 11 Kilowatt Leistung werden nach vier bis fünf Stunden beendet. Bis dahin werden nur 11,75 Kilowattstunden Strom geladen; 44 Kilowattstunden wären möglich. Fahrzeughalter stellen also häufig ihre nicht vollständig entladenen Fahrzeuge an AC-Ladesäulen ab und lassen diese dort länger als nötig stehen.
Anhand der Daten zeigt sich, dass das Laden mit geringeren Ladeleistungen vor allem unter der Woche und tagsüber stattfindet. Dabei werden die Fahrzeuge besonders häufig in urbanen oder gewerblichen dominierten Orten geladen. Das zeigt, dass Berufspendler ihre Fahrzeuge in der Nähe ihrer Arbeitsstätten laden und das Fahrzeug dabei für die Dauer des Arbeitstages am Ladepunkt lassen.
Wer auf der Suche nach einer freien AC-Ladesäule ist, sollte also vor allem am Wochenende Ausschau halten. Die Forschenden fanden nämlich heraus, dass solche Ladepunkte hauptsächlich unter der Woche frequentiert werden. Die durchschnittliche Belegung unter der Woche beträgt zehn Prozent; am Wochenende sind es nur acht Prozent. In Gebieten mit vielen Berufspendlern beträgt die Auslastung unter der Woche elf und am Wochenende nur sieben Prozent.
Würden Nutzende ihre Elektroautos nur an die Ladesäule stellen, um ein weitestgehend entladendes Fahrzeug wieder voll aufzuladen, könnten mehr als zwei Drittel der Stopps an Ladesäulen vermieden werden.
Am Wochenende schneller
Bei DC-Ladesäulen zeigt sich ein anderes Bild. Sie werden besonders an den Wochenenden häufiger genutzt. Grund dafür sind Ausflügler, für die langsames Laden nicht infrage kommt. An Schnellladesäulen mit 200 Kilowatt Leistung werden im Schnitt 46 Kilowattstunden pro Stunde geladen. Daran zeigt sich, dass die Nutzenden ihre Fahrzeuge innerhalb einer Stunde aufladen und dann die Ladesäule wieder frei machen. So liegt die durchschnittliche Auslastung der Schnellladepunkte nur bei drei Prozent. Durch dieses effizientere Nutzungsverhalten werden an Schnellladesäulen dreimal so viele Fahrzeuge geladen wie an AC-Ladepunkten.
Das schlägt sich auch in Rentabilität des Ladepunkts für den Betreiber nieder. In urbanen Aufstellorten erreichen DC-Ladesäulen mit 100 Kilowatt Leistung in 53 Prozent der Fälle die Wirtschaftlichkeit nur durch Stromverkauf. Für AC-Ladepunkte zwischen 4 und 12 Kilowatt Leistung soll dieser Wert bei 35 Prozent liegen.
Betreiber öffentlicher AC Ladepunkte mit einer Leistung von weniger als vier Kilowatt können diese in 38 Prozent nicht wirtschaftlich betreiben. Bei Ladeleistungen bis 12 Kilowatt sind es nur noch 12 Prozent der Ladepunkte, die unwirtschaftlich bleiben und bei 25 Kilowatt Leistung sind nur noch 9 Prozent finanzielle unattraktiv.
Nicht gleichmäßig verteilt
Eine weitere Erkenntnis der Datenauswertung ist, dass es starke Unterschiede bei der Auslastung der Ladesäulen gibt. Selbst die Auslastung der Geräte innerhalb derselben Leistungsklasse unterscheiden sich teils enorm. Die meist genutzte DC-Ladesäule in der Leistungsklasse über 100 Kilowatt lieferte in 61 Megawattstunden im Jahr. Die am wenigsten genutzte Ladesäule in derselben Leistungsklasse kam auf lediglich 20 Kilowattstunden.
Um einer Nutzung der Ladeinfrastruktur, die weit unter der eigentlichen Kapazität bleibt, entgegenzuwirken, empfehlen die Autoren der Studie zeitabhängige Ladestromtarife und Anreizsysteme. Der geringe Nutzungsfaktor einiger Ladesäulen kann andernfalls die Wirtschaftlichkeit der Ladesäulen untergraben und so langfristig Betreibende vergraulen.
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Die AC Ladesäulen kommen hier viel zu schlecht weg. 8 Jahre angenommene Laufzeit ist schon recht wenig, da geht doch nichts dran kaputt, verglichen mit den Hyperchargern, die aktuell alle paar Monate ausfallen. Der Stromverkaufspreis mit 30 cent ist auch nicht realistisch, die sind jetzt bei 39 cent angekommen. Die THG Quote wurde auch nicht einberechnet, das sind 15 cent Gewinn pro geladene KWh.
Es freut mich, dass unsere Studie anscheinend auch ihren Weg zu PV Magazine gefunden hat. Danke für Ihren Kommentar und ein paar Bemerkungen dazu: Wir haben in der Studie verschiedene Margen berechnet und dargestellt. Nimmt man eine doppelt so hohe Marge an (was realistischerweise bei 40 €ct Verkaufspreis und 20 €ct Einkaufspreis passieren würde), kommt man tatsächlich auf etwa ein Drittel an profitablen Säulen. Aber uns ist bewusst (und in der Studie auch so formuliert), dass das starke Annahmen sind und Fixkosten z.B. für den Backendbetrieb oder auch Gewinnanteile der EMPs nicht berücksichtigt sind! Die THG-Quote haben wir bewusst rausgelassen und uns nur auf den Stromverkauf konzentriert. Wenn man tatsächlich 15ct erreicht, ist man auch bei etwa 2/3 profitablen Säulen. Das Problem bei der THG-Quote ist, dass nicht ganz klar ist, wie diese sich zukünftig entwickeln wird, da sie an der Anzahl der gefahrenen Kilometer mit Verbrennern hängt und dementsprechend durchaus auch fallen könnte.
In der Stadt sehe ich Autos sehr lange an der Ladesäule hängen. Bei knappen Parkplätzen kann das eine Alternative sein.
Auch das AC-laden bei einer Wallbox mit 11 kW automatisch bedeutet dass man in 4 Stunden 44 kWh laden kann ist nicht ganz richtig. Viele kleinere e-autos haben ein limitiertes On-board Ladegerät und daher kann auch nicht die volle Leistung der Wallbox (11kW) aufgenommen werden. (z.b. mein Hyundai Kona mit 39 kWh). Ich bin hier beim AC-laden nie über 3,7 kW Ladeleistung hinausgekommen und daher entspricht eine Ladung in 4 Stunden eher 14,8 kWh als 44 kWh.
„Schnellladesäulen profitabler als langsame AC-Säulen“ FÜR WEN?
Sorry, ich hatte die Überschrift gekürzt. Es geht aber ganz klar aus dem Artikel hervor, dass sich diese Aussage auf die Betreiber der Ladesäulen bezieht.
Beste Grüße,
Sandra Enkhardt
Zitat:
„Die meist genutzte DC-Ladesäule in der Leistungsklasse über 100 Kilowatt lieferte in 61 Megawattstunden im Jahr. Die am wenigsten genutzte Ladesäule in derselben Leistungsklasse kam auf lediglich 20 Kilowattstunden.“
20 kWh im Jahr an einer Schnelladesäule, kann das stimmen? Ich vermute dass es 20 MWh heißen soll. Bitte klären.