Expertenrat für Klimafragen fordert Weiterentwicklung des Bundes-Klimaschutzgesetzes

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762 Millionen Tonnen Treibhausgase verzeichnete Deutschland im vergangenen Jahr – 4,5 Prozent mehr als noch 2020. Zu diesem Ergebnis kam die nach sieben Sektoren gegliederte Berechnung, die das Umweltbundesamt am 15. März vorgelegt hat. Der Expertenrat für Klimafragen (ERK) hat diese Zahlen nun sowohl umfassend als auch stichprobenartig nachvollzogen und am Freitag in seinem Prüfbericht bestätigt, dass die vom Umweltbundesamt gemeldeten Emissionswerte für den Verkehrs- und den Gebäudesektor oberhalb der jahresscharf im Bundes-Klimaschutzgesetz vorgegebenen Zielwerte lagen.

„Der Gebäudesektor hat im Jahr 2021 das zweite Mal in Folge sein Sektorziel verfehlt, wobei die Sondereffekte wie Witterung oder Lagerhaltung von Heizöl in Summe eine nennenswerte, jedoch in ihrer Richtung entgegengesetzte Wirkung hatten“, so der Expertenrat. „Der Verkehrssektor hat 2021 sein Sektorziel erstmals verfehlt, trotz der tendenziell emissionsmindernd wirkenden Effekte steigender Kraftstoffpreise und der Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie.“ Gemäß Bundes-Klimaschutzgesetz müssen die für die beiden Sektoren zuständigen Ministerien nun innerhalb von drei Monaten ein Sofortprogramm vorlegen, das die Einhaltung der Jahresemissionsmengen des jeweiligen Sektors für die folgenden Jahre sicherstellt.  „Unsere Analyse gibt Hinweise darauf, dass ohne die Sondereffekte die Emissionen im Verkehr 2021 eher noch höher ausgefallen wären“, sagte der Expertenratsvorsitzende Hans-Martin Henning. Bei der Überschreitung des Gebäudesektors sei zu beachten, dass der Überschreitungswert kleiner sei als die durch Lagerhaltung und Witterung bedingten Einflüsse.

Der Expertenrat fordert nun eine Weiterentwicklung des Bundes-Klimaschutzgesetzes. Wesentliche Handlungsfelder sind demnach die mangelnde Kongruenz zwischen dem Bundes-Klimaschutzgesetz und dem europäischen Emissionshandel sowie den europäischen Zielvorgaben im Rahmen der ESR, die mangelnde Kongruenz zwischen dem Bundes-Klimaschutzgesetz und dem Brennstoffemissionshandelsgesetz, der Auslösemechanismus für Sofortprogramme, die ausschließliche Berücksichtigung vergangener Entwicklungen und das Fehler der vorausschauenden Perspektive sowie die Klärung der Handlungsanforderungen, die sich aus dem Bundes-Klimaschutzgesetz ergeben. Der Expertenrat für Klimafragen zeigt zudem in seinem Bericht eine Reihe von Gestaltungsoptionen auf, wie auf Basis der beobachteten Daten der Mechanismus verbessert werden kann, beispielsweise über die Betrachtung längerer Zeiträume oder eine automatisierte Nachsteuerung über eine Preisanhebung im nationalen Emissionshandel.

„Das Klimaschutzgesetz ist noch recht jung“, so Brigitte Knopf, die stellvertretende Vorsitzende des Expertenrats. „Die Sektorziele haben eine wichtige Funktion als Governance-Instrument zur Erfüllung der Klimaschutzziele, es bedarf aber zusätzlicher oder angepasster Steuerungssignale.“ Der Expertenrat empfiehlt zur Weiterentwicklung des Bundes-Klimaschutzgesetzes einen koordinierten Prozess im laufenden Jahr.

„Schon zum zweiten Mal in Folge reißt der Gebäudesektor sein Klimaziel. Nun bricht erstmals auch der Verkehrssektor mit den Vorgaben des Bundes-Klimaschutzgesetzes. In beiden Bereichen muss die Bundesregierung nun endlich handeln, um Deutschland unabhängig von Öl und Gas zu machen“, so Stefanie Langkamp, Leiterin Klima- und Energiepolitik der Klima-Allianz Deutschland. „Wir erwarten für beide Sektoren wirksame Maßnahmen im Mai im Folgepaket zum Osterpaket.“ Angesichts hoher Energiepreise und der Abhängigkeit von russischem Öl, Kohle und Gas sei dies umso mehr geboten. Mindesteffizienzstandards für den Gebäudebestand, der Einbaustopp für Öl- und Gasheizungen, eine serielle, sozialverträgliche Sanierung vor allem des Altbaubestandes, eine großflächige Umrüstung auf Wärmepumpen, das Tempolimit, das Hochfahren der Elektromobilität und eine echte Verkehrswende hin zu mehr Bus-, Bahn-, Rad- und Fußverkehr seien das Gebot der Stunde.

„Die Ampel-Koalition muss ihr eigenes Expertengremium ernst nehmen und noch mehr unternehmen, um der Klimakrise Paroli zu bieten“, so der BUND-Vorsitzende Olaf Bandt. Der Bericht sei ein Weckruf für SPD, Grüne und FDP, endlich eine klimapolitische Zeitenwende einzuläuten. Auch Lösungen der aktuellen Energiekrise könnten und müssten mit dem Klimaschutz vereint werden.

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