Stromsteuer-Post vom Zoll

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Frage:

Ich betreibe seit einigen Jahren in meinem Privathaus eine Photovoltaik-Anlage mit 8 Kilowatt Leistung und ein kleines BHKW mit 5 Kilowatt Leistung. Neulich bekam ich Post vom Hauptzollamt mit folgendem Wortlaut:

„ (…) Bisher wurde von Ihnen eine ggf. nötige Erlaubnis als Versorger, Eigenerzeuger oder zur steuerfreien Entnahme von Strom nicht beantragt. Auch eine Steueranmeldung, um ggf. steuerpflichtige Mengen der Versteuerung zuzuführen, ist ebenfalls nicht eingegangen.

Ich bitte Sie daher bis zum (Datum, Frist ca. 2 Wochen) zu überprüfen, ob Sie als Versorger oder Eigenerzeuger im Sinn des StromStG (Stromsteuergesetzes) auftreten (…)

Weiterhin bitte ich um Prüfung, ob ggf. ab dem 1. Januar 2017 für aus dem Versorgungsnetz entnommener Strom die Stromsteuer entstanden ist und von Ihnen als Steuerschuldner zur Versteuerung anzumelden ist. (…)“

Es folgt eine längere Erklärung, die für mich als juristischen Laien völlig unverständlich ist und der Verweis auf eine Reihe von Hinweispapieren der Zollverwaltung, die ich noch weniger verstehe.

Was kann ich dem Hauptzollamt antworten?

Antwort:

Der Gesetzgeber hat mit der Abwicklung der Stromsteuer die Zollverwaltung beauftragt –  nicht die übliche Finanzverwaltung. Im Jahr 2019 wurde das Stromsteuergesetz (StromStG) so geändert, dass der Zoll begonnen hat, Anlagenbetreiber anhand der Einträge im Marktstammdatenregister systematisch anzuschreiben. Seit 2021 betrifft dies zunehmend auch die Betreiber von (kleinen) Photovoltaik-Anlagen.

Bis 2019 bestand im Stromsteuergesetz praktisch eine pauschale Befreiung der meisten Anlagenbetreiber bei der Stromsteuer. Das hat der Gesetzgeber mit seiner Stromsteuer-Novelle im Jahr 2019 geändert und diese Befreiung von bestimmten Voraussetzungen abhängig gemacht. Die Nachfragen des Zolls beruhen auf dieser Änderung.

Bürokratiemonster Stromsteuer

In unserer März-Ausgabe des pv magazine Deutschland berichten wir auch ausführlich über die Pflichten von Betreibern größerer Photovoltaik-Anlagen bei der Stromsteuer. Viele Betreiber müssen dringend aktiv werden.


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Für die Betreiber kleiner Anlagen beispielsweise auf Privathäusern, die den erzeugten Strom ausschließlich zur Eigenversorgung nutzen, besteht die Befreiung in den meisten Fällen fort. Doch aus den Schreiben des Zoll lässt sich dies kaum herauslesen. Dazu muss man die gesamten gesetzlichen Grundlagen verstehen, also insbesondere das Stromsteuergesetz und die ergänzende Stromsteuerverordnung (StromStV) sowie die Erläuterungen der Zollverwaltung. Für den Betreiber einer kleinen privaten Photovoltaik-Anlage ist das praktisch unmöglich und selbst Fachjuristen haben mit dem verkorksten Paragrafenungetüm ihre Mühe.

Die ausufernden Leitfäden der Zollverwaltung verkomplizieren das Verständnis darüber hinaus mehr als sie es erleichtern. Vielleicht hätte man die Behörde bei der praktischen Umsetzung nicht alleine lassen, sondern mit etwas technischen Sachverstand und praktischer Erfahrung im Thema ausstatten sollen, wie das beispielsweise die Clearingstelle EEG-KWK mustergültig zeigt.

Wer zur ausschließlichen Eigenversorgung eine Photovoltaik-Anlage mit höchsten 1 Megawatt (ja, das sind 1.000 Kilowatt), und/oder ein kleines (hocheffizientes!) BHKW mit höchstens 50 Kilowatt betreibt und Überschüsse oder alles ins Netz einspeist, benötigt weder eine Erlaubnis als Versorger oder Eigenerzeuger, noch muss er die Strommengen melden, geschweige denn Stromsteuer zahlen. Das gleiche gilt für den Strom der ins Netz eingespeist wird.

Wer dem Hauptzollamt unter dieser Voraussetzung in gleichem unverständlichen Juristen-Kauderwelsch antworten möchte, kann diese Formulierung nutzen:

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich bin aufgrund der Steuerbefreiung nach §9 Abs (1) Nr. 3 a) StromStG von der Stromsteuer befreit, da gemäß §10 Abs (2) Nr. 1 StromStV (für die Photovoltaik-Anlage bis 1 Megawatt) und Nr. 2 (für das BHKW bis 50 Kilowatt) eine allgemeine Erlaubnis für die stromsteuerbefreite Entnahme des Stroms besteht und es gemäß §4 Abs. (1) Satz 2 StromStG (mit Bezug auf den befreiten Selbstverbrauch nach §9 Abs 1 Nr. 3 a) StromStG) einer Erlaubnis als Versorger oder Eigenerzeuger nicht bedarf.

Mit freundlichen Grüßen

Wenn Sie nur eine Photovoltaik-Anlage oder ein BHKW betreiben und nicht beides, können Sie jeweils die jeweils unzutreffende Nummer in Ihrem Schreiben weglassen.

Ausnahme bei Stromweitergabe an Dritte

Wichtig: Dies ist nur zutreffend, wenn der Anlagenbetreiber den erzeugten Strom ausschließlich selbst nutzt. Ähnlich wie bei der EEG-Umlage ist hier der Fall zu unterscheiden, dass der Anlagenbetreiber Strom an Dritte weitergibt, beispielsweise an weitere Haushalte im gleichen Gebäude, Untermieter, Einliegerwohnungen usw. Auch das StromStG unterscheidet also zwischen der „echten“ Eigenerzeugung und der („fiktiven“) Belieferung Dritter innerhalb der Kundenanlage.

Wer sich also schon auf die Abschaffung der EEG-Umlage und der damit verbundenen komplizierten Fallunterscheidungen, Meldepflichten und Umlagezahlungsrisiken gefreut hat, freut sich zu früh: „Vorausschauend“ hat der Gesetzgeber diese völlig verrückte Rechtsgestaltung in das Stromsteuergesetz perpetuiert. Und der Zoll vollzieht übereifrig nach dem kafkaesken Vorbild der Bundesnetzagentur.

Zwar müssen Anlagenbetreiber in solchen Fällen und sogar aus Anlagen bis 2 Megawatt für den in der Kundenanlage „gelieferten“ Strom ebenfalls keine Stromsteuer zahlen. Voraussetzung dafür ist aber, dass sie (statt eine Erlaubnis als Versorger zu beantragen) eine „Anzeige als eingeschränkter oder limitierter Versorger“ beim Hauptzollamt einreichen. Besonders penible Zollämter verlangen dann sogar jährliche Stromsteuererklärungen (Anmeldungen), quasi als „Nullmeldung“, weil der Gesetzgeber schlicht vergessen hat, darauf in Gesetz oder Verordnung ausdrücklich zu verzichten.

Wer mit einer Anlage größer 1 Megawatt die Anzeige als Versorger unterlässt, und außerdem vergisst, zusätzlich eine „Erlaubnis für die steuerbefreite Entnahme zu stellen“, bleibt solange stromsteuerpflichtig.* Wenn er dann auch noch die jährlichen Stromsteueranmeldungen unterlässt, droht Steuerverkürzung oder sogar strafbare Steuerhinterziehung. Und da hört für den Steuerstaat der Spaß endgültig auf: Dann droht eine Bestrafung für das Unterlassen einer Stromsteuerzahlung, von der man laut Gesetz befreit ist. Wer dachte, normales Steuerrecht sei schwierig, das EEG sei kompliziert und bisweilen verrückt, findet sich mit dem Stromsteuergesetz endgültig auf der Nicht-Geburtstagsfeier bei Alice im Wunderland wieder, wo der verrückte Hutmacher fragt, „noch eine halbe Tasse Tee?“ und die Kaffeetasse in der Mitte durchschneidet.

Die Antwort kommt von Thomas Seltmann mit fachlicher Unterstützung der Rechtsanwälte Lea Baumsteiger (www.nuemann-siebert.com, Karlsruhe/Berlin) und Sebastian Lange (www.projektkanzlei.eu, Potsdam)

Bitte beachten Sie, dass die Antworten in unserer Rubrik „Steuersprechstunde“ nur einzelne Aspekte betrachten und nicht für jeden Steuerfall zutreffend und vollständig sein müssen.
Stand:
24.2.2022

*Anmerkung der Redaktion: Dieser Satz ist nachträglich (29.3.2022) präzisiert worden.

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