14 Maßnahmen für eine beschleunigte Energiewende in Deutschland

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Am Freitag veröffentlichten die Deutsche Energie-Agentur (Dena) und die Rechtsanwaltskanzlei Becker Büttner Held (BBH) ein gemeinsames Impulspapier mit 14 Maßnahmen für eine wirkungsvolle Beschleunigung der Energie- und Klimawende in Deutschland. Der Titel: „Versäumnisse ausräumen, Blockaden lösen, Impulse setzen“. „Die neue Bundesregierung steht vor einer Jahrhundertaufgabe, um unseren Beitrag zu den globalen Klimazielen zu erreichen. Der vorgelegte Koalitionsvertrag geht dabei in die richtige Richtung“, erklärten Dena-Hauptgeschäftsführer Andreas Kuhlmann und BBH-Partnerin Ines Zenke. „Wir brauchen jetzt kluge Pläne, aber auch Dynamik und Mut. Mit diesem Papier wollen wir einen schlanken und konstruktiven Vorschlag machen, mit welchen konkreten Maßnahmen der neue Koalitionsvertrag schnell mit Leben gefüllt werden kann.“

Als Maßnahme eins fordern sie die Abschaffung der EEG-Umlage, die für 2023 im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP enthalten ist. Zudem sollte auch die Stromsteuer auf ein europarechtlich mögliches Minimum zurückgeführt werden. Davon versprechen sich Dena und BBH eine bessere Lenkungswirkung, die durch eine effiziente CO2-Bepreisung zusätzlich getrieben werden könnte. „Dieser grundlegende Umbau von EEG-Umlage und Stromsteuer bringt erhebliche Vereinfachungen im Energierecht, entlastet Unternehmen und Behörden vom Vollzugs- und Abwicklungsaufwand und sorgt dafür, die Transformation verursachungsgerecht zu finanzieren.“ Alle Letztverbraucher würden durch niedrigere Strompreise entlastet und die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie gestärkt. Gleichzeitig könnten mit der Abschaffung der EEG-Umlage zahlreiche Paragraphen im EEG entfallen und so die Komplexität minimiert werden, was finanzielle und bürokratische Aufwände für Verbraucher und Behörden senke.

Die zweite Maßnahme des Impulspapiers bezieht sich auf integrierte Photovoltaik-Konzepte, wie Agri-, Floating-, Parkplatz- und gebäudeintegrierte Photovoltaik bezieht. Allein in Deutschland sehen die Verfasser ein technisches Potenzial für 1700 Gigawatt für Agri-Photovoltaik, das derzeit aber nicht gehoben werden kann, da sie Rahmenbedingungen im EEG unzureichend seien sowie die EU-Direktzahlungen für landwirtschaftliche Flächen sowie Vorgaben des Baugesetzbuches die Realisierung erschwerten. Daher wird vorgeschlagen, für Agri-Photovoltaik einen „eigenen Fördertatbestand im EEG“ zu schaffen. Für die Innovationsausschreibungen im April 2022 fordern sie, dass nicht die „besonderen Solaranlagen“ gegeneinander um die Zuschläge konkurrieren müssen, sondern für jeden Anlagentyp ein gewisses Mindestkontingent vorgesehen werden sowie weitere Ausschreibungsrunden. Außerdem müsse klargestellt werden, dass die Errichtung der Agri-Photovoltaik-Anlagen nicht zu einem Ausschluss der EU-Beihilfen führt sowie die Projekte im Baugesetzbuch privilegiert werden.

Im Koalitionsvertrag festgeschrieben ist auch eine Photovoltaik-Pflicht für gewerbliche Dächer. Diese wird auch von der Dena und der Kanzlei BBH als wichtige Maßnahme angesehen. Sie fordern zudem eine Ausweitung der Photovoltaik-Pflicht auf „alle Neubauten“ – also gewerbliche wie private Dächer – sowie auf grundlegende Renovierungen und Umbauten baulicher Anlagen. „Die Verpflichtung wäre primär in Landesgesetzen festzuschreiben.  Zur Orientierung könnte ein „Muster-Solargesetz“ (in Anlehnung an die Muster-Bauordnung) erarbeitet werden“, so die Autoren des Impulspapiers. Damit könnte ein „deutschlandweiter Flickenteppich“ vermieden und gleichzeitig die Ausbauziele schneller erreicht werden.

Als wichtige Maßnahme wird auch die Stärkung von einem Peer-to-Peer-Handel und des Prosuming angesehen. Dies würde experimentelle Projekte und neue Geschäftsmodelle ermöglichen sowie einen Investitionsanreiz für die Privatwirtschaft setzen. Auch für Photovoltaik-Mieterstrom werden Nachbesserungen gefördert. So sollte dieser stärker auf Quartierlösungen ausgelegt werden und größere Anlagen – auch über 100 Kilowatt Leistung gefördert werden. Förderlich wäre auch eine starke Vereinfachung der Meldepflichten sowie ein Verzicht auf die Direktvermarktungspflicht für die Photovoltaik-Anlagen mit mehr als 100 Kilowatt Leistung für Mieterstrom. Zudem wird als gesonderte Maßnahme gefordert, sektorübergreifende Quartierskonzepte zu ermöglichen. Dazu müsse der bestehende Rechtsrahmen angepasst werden. Ein erster Schritt wäre „ein harmonisiertes Verständnis der Quartiersversorgung“, dass in allen relevanten Gesetzen verankert werden sollte.

Bezüglich von Stromabnahmeverträgen für Erneuerbaren-Anlagen (Green PPAs) fordern Dena und die Kanzlei BBH, dass die Rahmenbedingungen entsprechend der Vorgaben der EU-Erneuerbaren-Richtlinie gestärkt werden sollten. So sollten direkte Grünstromlieferungen innerhalb von Kundenanlage nicht als Direktlieferung gelten, sondern mit der Eigenversorgung gleichgestellt werden. Auch bei den Laufzeiten sollte gesetzlich klargestellt werden, dass längere Laufzeiten zulässig seien. Bei den Herkunftsnachweisen wird gefordert, dass diese auch durch große Letztverbraucher und nicht nur durch die Lieferanten des Stroms entwertet werden dürften. Dies würde die Nachfrage nach Ökostrom deutlich erhöhen, weil die Unternehmen so den Verbrauch in ihrer Nachhaltigkeitsberichterstattung berücksichtigen könnten. „Zudem sollten die rechtlichen Vorgaben zur Anrechnung von Grünstrom in Energiemanagement, zur CO2-Bilanzierung und Taxonomie vereinheitlicht und vereinfacht werden, um Unternehmen klare Vorgaben und Anreize für den direkten Strombezug aus erneuerbaren Energien zu geben“, so die Autoren. Die Umsetzung dieser Vorschläge würde einen Markthochlauf von Green PPAs in Deutschland ermöglichen und den Ausbau der Erneuerbaren beschleunigen.

Weitere Maßnahmen in dem Impulspapier sind eine Aufteilung der Mehrkosten für die CO2-Bepreisung zwischen Mietern und Vermietern, eine Beschleunigung der Genehmigungen für Windparks, mehr Freiräume bei der kommunalen Verkehrsplanung, CO2-Schattenpreise für nachhaltigere Beschaffungsstrategien der öffentlichen Hand , die Zusammenarbeit der Genehmigungsbehörden zu optimieren, die Flexibilitäten netzseitig zu aktivieren sowie Netzinfrastrukturpotenzial zu aktivieren.

Die vorgeschlagenen Maßnahmen basieren auf den 84 Aufgaben, die die Dena kürzlich in ihrer Leitstudie „Aufbruch Klimaneutralität“ identifiziert hat, sowie den Vorschlägen weiterer Akteure aus der jüngsten Zeit. „Wir haben uns dieses Portfolio angeschaut und Maßnahmen identifiziert, die schnell Wirkung entfalten und dabei neues Vertrauen aufbauen können“, erklärte Kuhlmann. Zenke ergänzte: „Die Inhalte des nun vorliegenden Koalitionsvertrages sind eine gute Basis für die nun beginnende Regierungsarbeit. Unsere 14 identifizierten Maßnahmen passen als Umsetzungsvorschläge mit Fast-Forward-Wirkung gut in das Regierungsprogramm.“

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