Kein Aprilscherz: Was sich für Photovoltaik-Dachanlagen zwischen 300 und 750 Kilowatt ändert

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Mit dem heutigen 1. April gilt die in der letzten EEG-Novelle festgeschriebene Änderung für die typischen mittelgroßen Gewerbe-Dachanlagen zwischen 300 und 750 Kilowatt Leistung. Der Solarstrom aus diesen Anlagen wird nur noch zu 50 Prozent mit der Marktprämie vergütet. Nur wenn sie sich einen Zuschlag in den Ausschreibungen sichern können, erhalten sie die volle Marktprämie, allerdings ist dann kein Photovoltaik-Eigenverbrauch mehr möglich. Das wird den Zubau in diesem Segment zwar nicht vollständig zum Einbruch bringen, aber deutlich reduzieren.

Es bleibt unverständlich, wieso eine Regierung auf der einen Seite die Photovoltaik-Ausbauziele erhöhen will und in höchsten Tönen die Relevanz des Klimaschutzes betont, und auf der anderen Seite für konkrete Projekte weitere Hürden aufbaut. Und damit in Zeiten, in denen über Landnutzungskonflikte diskutiert wird, die Gewerbe-Dachflächen so stiefmütterlich behandelt. Eigentlich, so sollte man meinen, gibt es kaum besser geeignete Flächen, um Landnutzungskonflikte im Freiland zu reduzieren.

Wie negativ wirken sich die neuen Regelungen wirklich aus? Das Segment, um das es geht, trug 2020 nach einer Auswertung der Nettonennleistung durch Jan Figgener von der RWTH Aachen mit 1,18 Gigawatt ein Viertel zum gesamten Photovoltaikzubau bei. Davon sind Anlagen mit 380 Megawatt als Teileinspeiser und damit Eigenverbrauchsanlagen gemeldet, 780 Megawatt als Volleinspeiser.

So sinken nun die möglichen Erlöse

Für die Eigenverbrauchsanlagen in dem Segment mit einer Eigenverbrauchsquote größer 50 Prozent ändert sich nichts. Doch ein guter Teil der Anlagen dürfte niedrigere Eigenverbrauchsquoten haben, vor allem, wenn man Dächer voll belegt und effizient nutzt. Liegt die Eigenverbrauchsquote beispielsweise bei 30, werden also 50 Prozent wie gehabt vergütet, für 20 Prozent kann der Direktvermarkter aber nur den Preis an der Strombörse erwirtschaften. Wie viel sich so über die gesamte Laufzeit erlösen lässt, hängt sehr von den Annahmen zur Strompreisentwicklung an der Börse ab. Unter gewissen Annahmen liegt der Gesamterlös nach einer Abschätzung von pv magazine rund sechs Prozent unter dem, der mit der gleichen Anlage möglich gewesen wäre, die noch im März in Betrieb gegangen wäre. Die Grafik zeigt, wie viel Prozent die Erlöse für Anlagen in Abhängigkeit des Eigenverbrauchs unter denen liegen, die im März 2021 und im April 2020 in Betrieb gegangen sind.

So sinkt die Vergütung am 1. April im Vergleich in Abhängigkeit des Eigenverbrauchs für Dachanlagen zwischen 300 und 750 Kilowattpeak. Die Annahmen hinter dieser Abschätzung sind in der aktuellen pv magazin Ausgabe erläutert.

Grafik: pv magazine/Harald Schütt

Auch für Volleinspeiser in dem Segment sinken nun zum 1. April die Erlöse, obwohl man mit diesen Anlagen nun an Ausschreibungen teilnehmen kann. Mit der EEG-Novelle gibt es nun sogar zwei Sorten von Ausschreibungen. Im „ersten Segment“ kann man sich wie bisher mit Freiflächenanlagen um Zuschläge bewerben. Im „zweiten Segment“ mit Dachanlagen. Damit gibt es noch keine Erfahrungen. Bei den Ausschreibungen letztes Jahr lagen die mittleren Zuschläge bei 5,2 Cent pro Kilowattstunde. Vielleicht werden im zweiten Segment nun höhere Zuschläge erreichbar sein. Doch dort werden vermutlich auch sehr große Dachanlagen teilnehmen, die günstig bieten können, sodass das durchaus fraglich ist. 5,2 Cent pro Kilowattstunde wären 19 Prozent weniger, als man für die Dachanlage, die im März 2021 ans Netz gegangen ist, bekommt.

Detaillierte Erläuterung zum Sorgenkind Gewerbedachanlagen

Die detaillierte Herleitung und Erläuterung der Annahmen zur Rechnung und eine Abschätzung der Auswirkung auf die erwartbaren Zubauvolumen 2021 finden Sie im Magazinartikel „Sorgenkind Gewerbedachanlagen“ in der Märzausgabe, der für Abonnenten frei zugänglich ist.

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Zu wenig Ausschreibungen

Noch schwerer wiegt allerdings, dass im Dachsegment nur für 300 Megawatt pro Jahr Ausschreibungen geplant sind. 2020 hatte das Segment Dachanlagen mit Volleinspeisung größer 300 Kilowatt jedoch einen Zubau von 780 Megawatt. Diese Ausschreibungen werden den Zubau der Volleinspeiser also maximal zur Hälfte retten. Das Ausschreibungsvolumen reicht also nicht aus, um genauso viel zuzubauen wie 2020.

Zu der monetären Verschlechterung mit dem heutigen 1. April kommt, dass für die Investoren das Risiko steigt. Eigenverbrauchsquoten lassen sich oft nicht exakt über 20 Jahre bestimmen und die erwartbaren Erlöse an der Strombörse schon gar nicht.

Dass diese Entscheidung die Energiewende voran bringt, dürften vor diesem Hintergrund auch ihre Befürworter nur schwer argumentieren können. Darüber können auch die positiven Ansätze dieser letzten Novelle, die es auch gibt, nicht hinwegtäuschen.

Die 50-Prozent-Regel ist eine völlig unnötige Bremse. Mit Innovationsausschreibungen soll gerade die Doppelnutzung von Flächen, Gewässern und Äckern angeregt werden, um die Flächenkonkurrenz zu mindern, und manch eine Kommune ordnet sogar eine Solarpflicht an, um gerade Dächer vollzubekommen. Es ist nicht kohärent, dass dann mit dem EEG die Doppelnutzung von Dächern schwieriger gemacht wird, und auch nicht, dass die Ausschreibungen die scharfe Trennung zwischen Eigenverbrauchs- und Volleinspeiseranlagen einführen, da Eigenverbrauch und Ausschreibungszuschläge nicht kompatibel sind.

Bei aller Diskussion um die Nachteile der Ausschreibungen sollte man jedoch auch einen Vorteil nicht übersehen. Denn auch die Degression des anzulegenden Wertes, also der Vergütung, die sich jetzt noch für die 50 Prozent eingespeisten Stromes erzielen lässt, geht weiter. Vor einem Jahr lag er bei 7,61 Cent pro Kilowatstunde, jetzt liegt er bei 6,35 Cent pro Kilowattstunde, bei einem angenommenen Jahreszubau zwischen 3,5 und 4,5 Gigawatt sinkt er bis zum 1. Januar 2022 auf 5,6 Cent pro Kilowattstunde. In Ausschreibungen ist man von dieser Degression unabhängig, dort richtet sich der Zuschlag nach den Preisen der Konkurrenzgebote.

Wenn man nicht zurück zur 100-Prozent-Vergütung will, dann gäbe es durchaus Lösungen innerhalb des Ausschreibungsmodells, die Energiewende nach vorne zu bringen: einfach die Trennung zwischen Teil- und Volleinspeisern aufheben und die Volumen für die Ausschreibungen der Dachanlagen vervielfachen.

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