pv magazine Spotlight: Photovoltaik-Anlagen-Betreiber teilen Elektroauto-Ladepunkte

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Alles begann im August 2018. Damals lud Ralf Kinauer befreundete Unternehmer zu sich nach Hause ein, zum Brunch mit Zukunftsvisionen. Und wie es so ist, kamen sie zwischen Kaffee und gutem Essen ins Gespräch über die Elektromobilität, was die Hemmnisse sind und wie man Photovoltaik intelligent mit Ladelösungen verknüpfen könne.

Und sie hatten einige Ideen. „Ein Jahr später haben Rainer Linder, der von Anfang an mit an Bord war, und ich begonnen, die aus unserer Sicht Erfolg versprechendste Idee konkret umzusetzen“, sagt Kinauer, seinerseits auch Geschäftsführer des Solarinstallationsbetriebes Soluwa.

Heute heißen das Unternehmen und das Angebot „Charge@Friends“. Die Idee besteht darin, dass Hausbesitzer, die eine Solaranlage und eine Wallbox installiert haben, damit anderen Elektroautofahrern über eine App das Laden ermöglichen. „Das Geldverdienen wird dabei für die Solaranlagenbetreiber nicht an erster Stelle stehen“, sagt Kinauer. Aber viele hätten ja die Motivation, die Eigenverbrauchsquote zu erhöhen, den Nachbarn das Laden zu ermöglichen oder schlicht, die direkte Distribution des Grünstroms zu „pushen“. Er kennt die Zielgruppe, schließlich gehören auch die Kunden von Soluwa dazu, für die er Photovoltaik-Anlagen montiert. Für dieses Konzept vergibt die Jury Charge@Friends ein „pv magazine spotlight“.

So funktioniert die App

Die App soll möglichst einfach sein. Wallboxbetreiber registrieren sich, geben ihre Bankverbindung an und bekommen einen QR-Code, den sie an der Wallbox befestigen. Außerdem müssen sie die Wallbox im Backend identifizieren und sie stellen Öffnungszeiten und Tarife ein. Elektroautofahrer registrieren sich ebenfalls und hinterlegen ihre Kreditkarte. Dann wird ihnen angezeigt, wo sich entsprechende Ladeeinrichtungen mit welcher Leistung und zu welchem Preis befinden.

Fährt man mit dem Auto zu einer der angezeigten Lade­einrichtungen, scannt man den QR-Code und identifiziert die Wallbox. Wie es dann weitergeht, hängt vom Typ der Ladeeinrichtung ab. Kommuniziert sie nach dem OCPP-Protokoll, wird die geladene Energie an die Charge@Friends-App übermittelt. Kommuniziert sie nicht nach dem Protokoll, fotografiert man den geeichten Zähler, den der Betreiber an der Ladestation installieren muss und der rund 150 Euro kostet. Die App bucht dann automatisch den Zahlungsvorgang und hinterlegt eine Rechnung. Später erstellt sie für den Betreiber einen Jahresbericht über die abgegebenen Kilowattstunden und wie viel EEG-Umlage er für die „Stromlieferung an Dritte“ an den Netzbetreiber abführen muss.

highlights und spotlights

Preis für gute Ideen

In der November-Runde zeichnet pv magazine eine Einreichung als highlight und zwei Einreichungen als spotlight aus.

Das sagt die Jury:

Charge@Friends – Photovoltaik und Elektromobilität fair verbinden

Eigentlich ist es naheliegend, Elektroautos direkt mit dem Solarstrom aus den Anlagen zu laden und so den CO2-Fuß­abdruck der Mobilität besonders stark zu reduzieren. Doch bisher ist es sehr aufwendig, wenn ein privater Anlagen­betreiber seinen Solarstrom einem Dritten verkaufen will. Das will Charge@Friends ändern, indem die Gründer ein einfaches System aufgesetzt haben. Mit diesem nehmen sie sowohl den Anlagenbetreibern und den Elektroautofahrern die lästigen Abrechnungsprozesse ab und ermöglichen es darüber hinaus, günstige transparente Preise zu setzen. Die Jury rät, die weitere Entwicklung des Projekts im Blick zu behalten, und vergibt dafür ein pv magazine spotlight.

Die Juroren
Volker Quaschning ist Professor für regenerative Energiesysteme an der HTW Berlin. Hans Urban, Experte für Photovoltaik, Speichertechnik und E-Mobilität, berät Schletter, Maxsolar und Smart Power. Winfried Wahl leitet das Produktmanagement bei Longi Solar in Deutschland.

Der Preis
Mit den pv magazine highlights zeichnen wir nachhaltige Geschäftskonzepte (top business model) und innovative Produkte (top innovation) entlang der gesamten Wertschöpfungskette aus. Mit dem pv magazine spotlight wollen wir Produkten und Konzepten Aufmerksamkeit verschaffen, die aus Sicht der Juroren einen genaueren Blick lohnen, weil sie interessant erscheinen.

Mehr Infos, bisherige Preisträger und alles zur Bewerbung unter: www.pv-magazine.de/highlights
Einsendeschluss für die nächste Runde: 27. Januar 2021

Nachbarschaftsladen und Lösung für Landwirte

Kinauer kann sich vorstellen, dass die App auch dazu beitragen kann, sich in der Nachbarschaft Ladesäulen „auszuleihen“, oder in größerem Maßstab zum Beispiel für Landwirte, die eine 100-Kilowatt-Anlage auf der Scheune haben, deren EEG-Vergütung demnächst ausläuft. Oder für Gastronomiebetriebe, die eine einfache unformale Lösung für ihren Parkplatz suchen oder ihren Gästen während des Aufenthaltes die Dienstleistung des elektrischen Ladens zur Verfügung stellen.

Klar, man kann auch professionelle Ladesäulen aufstellen. Aber erstens sind diese sehr teuer. Außerdem regt sich nicht nur Kinauer über die Preispolitik der Ladekartensysteme auf, wo man locker mal 70 Cent pro Kilowattstunde bezahlen muss. „Wir wollen eine einfache Alternative vor allem für den ländlichen Raum mit fairen Preisen aufbauen“, sagt er. Die App wird über eine Gebühr finanziert, die mit 30 Cent pro Lade-Abrechnungsvorgang geplant ist.

Einen ähnlichen Ansatz für jede Ladebox hatte bereits einmal der Innogy Innovation Hub unter dem Namen Share & Charge hatte vorgestellt. Damals, auf der Höhe des Blockchain-Hypes, mit Bockchain basierter Abrechnung, für die eine zusätzliche Hardware eingebaut werden musste und wodurch es in der Anwendung komplizierte war (pv magazine März 2017, „Solaranlage an Elektroauto – Bitte kommen„). Inzwischen verfolgt das Projekt andere Geschäftsmodelle.

Testphase läuft

Stellt sich die Frage, was geschieht, wenn jemand unberechtigterweise vorfährt. Wenn die Wallbox eine Sicherheitsfunktion hat, beispielsweise dass man sich mit einer RFID-Karte identifizieren muss, kann man diese nutzen. Das funktioniert im Falle des „Nachbartankens“, oder wenn ein Hotel mit der App Laden auf den eigenen Parkplätzen ermöglicht und man sich halt die Karte an der Rezeption holen muss. Wenn man das Laden am Vorgartenparkplatz ermöglichen will, auch wenn man nicht zuhause ist, hilft solch eine Funktion wenig. „Ich glaube trotzdem nicht, dass es in großem Maße zum Stromklau kommt“, sagt Kinauer. „Bei Airbnb funktioniert das Modell doch auch. Man lässt fremde Menschen in seine Wohnung, ohne dass hinterher alles fehlt.“ Im Übrigen gebe es ja auch bei Tankstellen keine Sperre.

Die App ist jetzt in der Testphase. Auf dem iPhone funktioniert sie nach Aussage Kinauers bereits. Derzeit testen 15 Autofahrer und Anlagenbetreiber aus seinem Bekanntenkreis die Funktionalität. Die Android-Version soll in Kürze folgen. „Dann wird das Testfeld erweitert“, so Kinauer. Bisher entwickeln und finanzieren Kinauer, sein Partner Linder und ein weiterer Partner die App selbst. Aber spätestens nächstes Jahr will er auch Investoren dafür finden. Denn eines ist Kinauer klar – für den Erfolg ist dann auch eine weite Verbreitung und Marketing notwendig.

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