Erneuerbare-Energien-Unternehmen gegen Betrieb großer Elektrolyseure durch Netzbetreiber

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Auf der einen Seite braucht Deutschland eine große Menge an Elektroyseur-Leistung, um genug grünen Wasserstoff für die Dekarbonisierung von Industrie und Verkehr herstellen zu können. Auf der anderen Seite würden die Stromnetzbetreiber Amprion und Tennet zusammen mit Gasnetzbetreibern gerne große Elektrolyseure installieren. Allein, sie dürfen nicht – das „Unbundling“-Prinzip schließt das aus. Daher schlägt die Bundesregierung nun vor, eine Änderung des regulatorischen Rahmens zu prüfen, so dass sich die Netzbetreiber an ein oder zwei Modellprojekten beteiligen können. So lautet es im Entwurf zur Nationalen Wasserstoffstrategie, die am Mittwoch im Kabinett verabschiedet werden soll.

Eine Allianz von Enertrag, Greenpeace Energy, Naturwind und Nordgröön kritisiert das vehement: „Dies wäre ein schwerer Schlag gegen unabhängige, dezentral aufgestellte Produzenten von grünem Wasserstoff “, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. Zudem, erklärt Jörg Müller, Vorstandsvorsitzender des Brandenburger Erneuerbare-Energien-Erzeugers und Elektrolyseur-Betreibers Enertrag, würden „eigens geschaffene Ausnahmeregelungen geltendem EU-Recht widersprechen, das Netzbetreibern den Betrieb von Energiespeicheranlagen wie Elektrolyseuren verbietet – nicht zuletzt um Interessenskonflikten beim Netzzugang vorzubeugen“.

Derzeit dürfen Wasserstoff-Produzenten praktisch nicht mehr als zwei Prozent Wasserstoff einspeisen. Weil es da schnell eng im Netz werde, dürften nicht Netzbetreiber entscheiden, ob eigene oder Mitbewerberprojekte Vorrang beim Netzanschluss erhielten. „Die schwer erkämpfte Entflechtung ermöglicht den diskriminierungsfreien Zugang zur Netzinfrastruktur und darf nicht zurückgedreht werden“, so Müller.

Ebenso kritisieren die Unternehmen die Überlegungen der Bundesregierung, solche Großprojekte der Netzbetreiber mit Steuermitteln zu fördern, da dies den Wettbewerb verzerre. „So erfreulich es ist, dass die Bundesregierung endlich die Bedeutung von erneuerbarem Wasserstoff für erfolgreichen Klimaschutz anerkennt, darf sie nun nicht durch kontraproduktive Maßnahmen die Entwicklung eines fairen Marktes für Wasserstoff torpedieren“, erklärt Sönke Tangermann, Vorstand von Greenpeace Energy.

Kritik an blauem Wasserstoff

Darüber hinaus fordert der Hamburger Ökostromversorger, die Bundesregierung solle bei der Nationalen Wasserstoffstrategie allein auf grünen Wasserstoff setzen, der per Elektrolyse mit erneuerbaren Energien gewonnen wird. Die Strategie liegt nach dem vorliegenden Entwurf zwar in der Tat den Fokus auf grünen Wasserstoff; der vor allem von Industriekreisen forcierte, aus fossilen Quellen stammende „blaue Wasserstoff“ solle aber „übergangsweise genutzt werden“, heißt es darin. Das bei dessen Produktion abgeschiedene CO2, so die Verfechter der Technologie, soll anschließend unterirdisch eingelagert werden („Carbon Capture and Storage“, kurz CCS). Das Bundeswirtschaftsministerium stuft blauen Wasserstoff als CO2-neutrale Option ein.

Greenpeace Energy hält das jedoch für Etikettenschwindel: Eine vom Versorger in Auftrag gegebene Studie habe ergeben, dass inklusive der Vorkette, also der Förderung, dem Transport und der Verarbeitung von Erdgas, bei der Produktion von blauem Wasserstoff CO2-Emissionen von bis zu 220 Gramm je Kilowattstunde entstehen. Auch ohne Vorkette sind es je nach CCS-Technologie bis zu 120 Gramm CO2 pro Kilowattstunde. Zudem müsste das abgeschiedene CO2 ähnlich wie Atommüll über lange Zeiträume eingelagert werden. Zur Sicherheit solcher Lagerstätten liegen aber noch keine belastbaren Daten vor. Kritisch bewertet Greenpeace Energy auch einen weiteren Aspekt: Sollte es aus Klimaschutzgründen unvermeidlich werden, CO2 aus der Atmosphäre zu entnehmen und einzulagern, wären die besten und günstigsten Lagerstätten durch Emissionen aus dem blauen Wasserstoff bereits blockiert.

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