Das Bundeswirtschaftsministerium verblüfft am Mittwoch mit der Mitteilung: „Deutschland auf Kurs bei EU-Erneuerbaren-Ziel“. Vielleicht ein Aprilscherz des Ministeriums? Nein, anscheinend ist es ernst gemeint. Das Bundeswirtschaftsministerium bezieht sich auf die vor zwei Wochen veröffentlichten Zahlen des Umweltbundesamtes (UBA), wonach sich im vergangenen Jahr der Anteil erneuerbarer Energien am gesamten Bruttoendenergieverbrauch in Deutschland von 16,5 auf 17,1 Prozent erhöht hat. Bis 2020 hat die Bundesregierung der EU-Kommission zugesagt, einen Anteil von 18 Prozent zu erreichen. Bei Bruttoendenergieverbrauch sind die Sektoren Strom, Wärme und Verkehr berücksichtigt.
„Das EU-Erneuerbaren-Ziel von 18 Prozent im Jahr 2020 ist greifbar. Wir müssen jetzt daran arbeiten, dass wir die Ziele nachhaltig erreichen und den Anteil erneuerbarer Energien weiter ausbauen“, so die Erklärung von Minister Peter Altmaier (CDU). Mit „jetzt daran arbeiten“, meint er jedoch nicht etwa die eigenen politischen Entscheidungen, die aus Sicht der Erneuerbaren-Branche derzeit auf sich Warten lassen, wie zum Beispiel die Abschaffung des 52-Gigawatt-Deckels oder die Abstandsregelungen für Windparks. Altmaier erwähnt auch nicht die Corona-Pandemie, die Deutschlands Wirtschaft derzeit im Griff hat und für sinkende Stromnachfrage sorgt. „Der europäische Green Deal eröffnet wirtschaftspolitische Chancen. Diese Chancen müssen wir nutzen“, erklärt Altmaier bezüglich des „jetzt daran arbeiten“.
Das Umweltbundesamt war bei der Veröffentlichung der Zahlen zum Bruttoendenergieverbrauch überhaupt nicht auf das 2020-Ziel eingegangen. Es betonte dagegen, dass es deutlich mehr Anstrengungen in allen Sektoren bedarf, um das EU-Ziel für 2030 zu erreichen. Dann will Deutschland einen Anteil von 30 Prozent erneuerbaren Energien erreichen.
Das Bundeswirtschaftsministerium erklärte am Mittwoch jedoch: „Für das aktuelle Jahr verbleibt nun noch eine Lücke von 0,9 Prozentpunkten zur Erreichung dieses Ziels, die nach aktuellen Prognosen geschlossen wird. So gehen die Prognosen des UBA von einer weiter steigenden Nutzung von erneuerbaren Energien aus, gleichzeitig wird der Bruttoendenergieverbrauch voraussichtlich sinken.“ Auch an dieser Stelle wieder kein Verweis auf die Maßnahmen zur Eindämmung von Covid-19 und kein Wort über die drohende Rezession der deutschen Wirtschaft.
Dies sind aber die einzigen Indikatoren, die ein Schließen der Lücke zum EU-Ziel in diesem Jahr ermöglichen würden. Rein mathematisch lässt sich der Optimismus nur schwer nachvollziehen. Nach den Angaben des Umweltbundesamtes hat sich der Anteil erneuerbarer Energien am Bruttoendenergieverbrauch trotz des starken Wachstums im Stromsektor nur um rund 6 Prozentpunkte von 10,9 auf 17,1 Prozent in den vergangenen 10 Jahren erhöht. Auch 2019 hatte nur der Stromsektor den Anteil erneuerbarer Energien weiter kräftig steigern können. Mit 42 Prozent liegt er weit vor den seit Jahren sich kaum entwickelnden Bereichen Wärme und Verkehr. Diese verzeichneten 2019 einen Anteil von 14,5 Prozent respektive 5,6 Prozent.
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Schamlos und dreist, das sind die einzigen Worte, die mir bei dieser Meldung einfallen. Das Wirtschaftsministerium gibt als Erfolg an, was ihm unverdient in den Schoss gefallen ist, und blockiert gleichzeitig weiterhin die notwendigen Maßnahmen, um die Energiewende wenigstens nicht zu behindern. Von aktiver Förderung kann ja eh keine Rede sein.
Wenn man mal lesen will, wie Herr Altmaier sich selber sieht (ob er es glaubt, sei dahingestellt, dann wäre er sehr doof, wenn er weiß, was richtig ist, ist es eine dreiste Lüge), der kann sich das „Interview der Woche“ vom 16.2.20 beim Deutschlandfunk anschauen:
https://www.deutschlandfunk.de/bundeswirtschaftsminister-peter-altmaier-cdu-es-muss-darum.868.de.html?dram:article_id=470081
Unter podcasts-Interview der Woche ist es auch zum Anhören verfügbar.
Herr Altmaier rühmt sich darin, wie der Ausbau in seiner Zeit als Wirtschaftsminister gestiegen ist, und andere Halbwahrheiten. Und dabei noch ein ziemlich autoritäres, sehr unangenehmes Auftreten. Und der Interviewer sehr zahnlos, lässt ihm alle diese Lügen und Schönrednerei durchgehen.
Machen Sie doch auch mal ein Interview mit Herrn Altmaier, und da können Sie ihn dann fragen, wie er darauf kommt, dass die Werte dieses Jahres nachhaltig wären, mit welchem Energieverbrauch er rechnet, und aus welchen Quellen er in welcher Höhe voraussichtlich gedeckt wird. Und welche Speicherstrategie (nicht diese Industrieförderung zum Aufbau einer Zellproduktion, sondern die konkrete Installation) er verfolgt, wäre auch interessant.
regierungsnah: „Es muss darum gehen, zu integrieren und nicht zu spalten“
nachhaltig-fokussiert: „Anhaltende Marktverzerrungen durch direkte und indirekte Subventionen fossil erzeugter Energien müssen endlich abgestellt werden – zum Beispiel durch angemessene und sozial abgefederte CO2-Preise.“
„Abgefederte, soziale Nachhaltigkeit ist oft anteilig Marktverzerrung, welche soziale Unausgeglichenheit und differente Fähigkeiten integrativ koexistieren lassen und kompatibel weiterentwickeln?“
spezielles Verständnis von Demokratie? („weit von ihrer Bestform entfernt“, „Dann werden Fehler, die gemacht werden, wie beispielsweise in Thüringen, besonders wahrgenommen.“, „den Luxus geleistet haben, mit verschiedenen Stimmen zu reden“, „Wir werden ab 1. März das Fachkräfteeinwanderungsgesetz haben, das den Unternehmen die Möglichkeit gibt, leichter Fachkräfte zu finden.“, „Wir brauchen wettbewerbsfähige Industriestrompreise.“,“mit der Windindustrie auf hoher See darüber gesprochen, dass wir auch die Ausbauzahlen für Windräder auf hoher See anheben wollen, weil dort sehr viel Strom produziert wird und außerdem die Beeinträchtigungen von Anwohnern sehr gering sind“, „im Interesse der Arbeitsplätze“, „Arbeitsplätze, gut bezahlte Arbeitsplätze auch im Zeitalter der Digitalisierung in Deutschland zu schaffen und zu erhalten“) … Mitte Feb. 2020
auch „bin gegen konsumbasierte Strohfeuereffekte, sondern es muss darum gehen, strukturell Dinge zu ändern.“, „Wir haben einen harten Brexit bisher vermieden“, „respektvoll miteinander umgehen“, „ein Angebot vorlegen, wo sich Rentnerinnen und Rentner, Alleinerziehende, Leistungsträger, vom Facharbeiter bis zum Start-up-Gründer, wiederfinden“, „dass die Energiekosten in Deutschland auch in den nächsten Jahren nicht stärker steigen als im internationalen Durchschnitt“, „beschlossen, durch die Einnahmen aus dem Klimaschutz und Zertifikate-Handel die Strompreise ab dem nächsten Jahr zu senken, die EEG-Umlage zu senken.“, „auch wichtig, dass diejenigen, die Sorge haben, dass die Windräder immer höher werden und immer näher an die Wohnbebauung heranrücken, dass wir denen Klarheit darüber verschaffen, wo gebaut werden kann“, „mit der Windindustrie auf hoher See darüber gesprochen, dass wir auch die Ausbauzahlen für Windräder auf hoher See anheben wollen, weil dort sehr viel Strom produziert wird und außerdem die Beeinträchtigungen von Anwohnern sehr gering sind“
Sehr richtig!
Die Lobbypuppe Altmaier und EE-Ausbau in einem Atemzug zu nennen, ist wie Feuer und Wasser!
Seit 2010 ist jeder Wirtschaftsminister eine EE-Verhinderer gewesen, inkl. Altmaier.
Ich kann sein ewiges „wir müssen…, wir werden…etc.“ nicht mehr hören, geschweige denn ertragen, weil absolut nichts passiert. Und genau das ist sein Ziel.
Zu behaupten Deutschland sei „auf kurs“ ist an Zynismus kaum zu überbieten. Man muss nur die Ziele niedrig genug ansetzen…und schon ist alles in Butter….
mein Kommentar bezog sich auf les2005!
Hinter dem folgenden Satz sieht Altmeier schon seit jeher, seine vermeintlichen Erfolge für den Klimaschutz.
Zitat Altmeier…Wir müssen „Aber“ auch zeigen, dass Klimaschutz, Wirtschaftswachstum und Wohlstand zusammen möglich sind, und dass das eine nicht auf Kosten des anderen geht.
Zitat Ende.
Leider sind die Kosten des Anderen von deren Lobbyisten fix vorgegeben. Was dann noch übrig bleibt darf er voll ausschöpfen. So gesehen, hat er ja sein Möglichstes getan, und kann zu Frieden sein.
Kann denn nicht mal ein Abgeordneter durch eine kl. Anfrage diesem offensichtlichen Schönredner seine Unfähigkleit blank-legen?
Ziele, Einzel-Ziele nach Ressorts, durch welche Massnahmen im Einzelnen?
Angesichts des offensichtlichen Generalversagens wäre dieser Herr schnellstens aus zu tauschen; aber gegen wen?
Entweder wird die Hintermannschaft klein gemacht oder taugt auch nicht viele mehr.
„D“ wird um seine Möglichkeiten einer effizienten Gestaltung einer Energiewende gebracht.
Ich verstehe es nicht, wie Mutti dieses ewige Palawern durch gehen lassen kann.
Wahrscheinlich verstehen Beide nicht sehr viel von der Materie und der historischen Chance!