Photovoltaik-Ausschreibungen: Rückblick 2019 und Ausblick 2020

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Das vergangene Jahre brachte aufregende Zeiten für Bieter in Photovoltaik-relevanten Ausschreibungen mit sich. Manche Projekte erreichten Zuschläge, die gerade für die Wirtschaftlichkeit ausreichen, andere können attraktive Renditen erwarten. Die Spanne der Zuschlagswerte reichte von 38,5 bis 84,0 Euro pro Megawattstunde, so breit wie in keinem anderen Jahr mit Photovoltaik-Ausschreibungen. Eine weitere Besonderheit war die ausgeprägte Volatilität zwischen den sieben Runden: Einige waren sehr wettbewerbsintensiv, während andere scheinbar spekulative Gebote anzogen.

Wie kam es zu diesen Schwankungen und wird sich dies 2020 fortsetzen?

Zur Beantwortung dieser Frage werden sechs Faktoren beleuchtet, die im vergangenen Jahr prägend waren und auch in diesem Jahr relevant sein werden.

Subwettbewerb um das Kontingent für benachteiligtes Gebiet in Bayern:
Das Flächenpotenzial für Photovoltaik-Projekte auf benachteiligten Gebieten in Bayern ist mit knapp zwei Millionen Hektar beachtlich. Dementsprechend werden relativ viele Projekte in diesem Segment entwickelt. Doch das Kontingent für die erfolgreiche Teilnahme in den Ausschreibungen ist begrenzt. In der ersten Jahreshälfte waren es nur 30 Projekte pro Jahr, was später auf 70 Projekte aufgestockt wurde. In Runden mit absehbar intensivem Wettbewerb um dieses Kontingent wurde für diese Projekte relativ aggressiv geboten, während für einige andere Projekte – in Erwartung niedriger Zuschlagswerte – gar nicht erst geboten wurde. Gerade die Februar- und Oktoberrunde waren durch diesen Subwettbewerb geprägt und verzeichneten deutliche niedrigere Zuschläge als umliegende Auktionsrunden. 2020 wird sich dieser Faktor aller Wahrscheinlichkeit nach besonders in den ersten Runden des Jahres fortsetzen.

Chancenorientierte Teilnahme von kleineren Projekten unter 2 Megawatt:
Lange Zeit sah es so aus, als würden im Durchschnitt immer größere Projekte an den Photovoltaik-Ausschreibungen teilnehmen. Dieser Trend kehrte sich jedoch im Jahr 2018 um, da kleinere Freiflächenanlagen häufiger an Auktionen teilnahmen, um die Chancen höher Zuschlagswerte gegenüber der gesetzlich fixierten Förderung zu nutzten. Für diese Anlagenklasse ist sowohl ein sequentielles Errichten von 749 Kilowatt-Anlagen mit gesetzlicher Förderung als auch eine Teilnahme an den Ausschreibungen möglich. Durch die starke Degression der gesetzlichen anzulegenden Werte für Freiflächenanlagen unter 750 Kilowatt Leistung kann ein hoher Zuschlag in der Ausschreibung durchaus attraktiver als der gesetzliche anzulegende Wert sein. Ob sich diese Situation in diesem Jahr fortsetzen wird, ist fraglich aber denkbar, zumal wenn der Zubau von Photovoltaik-Anlagen unter 750 Kilowatt massiv zunimmt und in der Folge die Degression des anzulegenden Wertes 1,8 Prozent pro Monat überschreiten würde.

Unterschiedliche Ausschreibungsvolumina:
Die ausgeschriebene Menge je Auktion im Jahr 2019 variierte zwischen 150 und 500 Megawatt, was zur Folge hatte, dass die Gebotskurve bis zu unterschiedlichen Stellen bezuschlagt wurde. Unter der Gebotskurve ist die Reihung der Gebote nach Gebotswert in Cent pro Kilowattstunde zu verstehen. Dadurch gab es eine Tendenz von höheren Zuschlagswerten in größeren Auktionsrunden. In diesem Jahr könnte sich dieser Effekt noch verstärken, da einige sehr kleine Runden (Juni und Oktober) anstehen und im September eine Photovoltaik-Sonderausschreibung und die Innovationsausschreibung zusammenfallen werden und somit in dem Monat eine beträchtliche Menge an Ausschreibungsvolumen zur Verfügung stehen wird.

Schwankungen bei der monatlichen Präqualifikation:
Ein wichtiger Faktor für die Wettbewerbsintensität ist die Menge eingehender Gebote. Diese setzt sich in der Regel aus dem Überhang der letzten Ausschreibung und neu präqualifizierten Projekten zusammen. Die Menge letzterer schwankt von Monat zu Monat wie aus unseren Analysen hervorgeht. Datengrundlage für diese Beobachtung ist die systematische deutschlandweite Erfassung von Photovoltaik-Bebauungsplanverfahren. Daraus geht auch hervor, dass es in den letzten zwei Jahren einen deutlichen Aufwärtstrend bei neuen Photovoltaik-Freiflächenprojekten gegeben hat. Wenn sich dieser Trend 2020 fortsetzt, könnte es zu einer Wettbewerbsverschärfung und damit wieder zu niedrigeren Zuschlagswerten kommen.

Bezuschlagte Flächen mit erneuten Geboten:
Auch wenn ein großer Teil der Zuschläge 2019 auf neue Photovoltaik-Projekte entfiel, fanden sich unter den bezuschlagten Flächen doch einige, die mit den exakt gleichen Flurstücken schon in vorherigen Ausschreibungsrunden einen Zuschlag erhielten. Da das Niveau der Zuschlagswerte in den letzten zwei Jahren tendenziell angestiegen war, bestand der Anreiz, für die gleichen Projekte erneut zu bieten und ältere Zuschläge verfallen zu lassen. Der Ausschluss solcher Gebote scheint bislang nicht mit ausreichender rechtlicher Klarheit versehen zu sein. In diesem Jahr könnte die EEG-Novelle diese Gebotspraxis einschränken. Andernfalls würde zumindest der Anreiz für die besagten Gebote bei sinkenden mittleren Zuschlagswerten reduziert werden, wobei der Anreiz jedoch für Projekte mit geringen Zuschlagswerten aus dem Jahr 2019 weiterhin bestehen bliebe.

Strategische Gebotsaufschläge:
Der letzte wichtige schwankende Faktor sind “strategische Gebotsaufschläge”, welche die Differenz aus mittleren Gebotswerten und den anzulegenden Werten darstellen, die durchschnittliche Projekte mindestens für die Wirtschaftlichkeit benötigen. Vergleicht man die Entwicklung der Stromgestehungskosten (LCOE) mit den Zuschlagswerten der zurückliegenden Jahre, stellt man deutliche Abweichungen nach unten und oben fest. Im Falle der Unterschreitung wurden Zusatzerlöse des Marktprämienmodells eingerechnet (erwartete Photovoltaik-Monatsmarktwerte liegen teilweise über dem anzulegenden Wert). Die Überschreitung ist auf strategische Gebotsaufschläge zurückzuführen, welche stark durch den Überhang der vorangegangenen Runden und die erwarteten Ausschreibungsmengen für die nächsten Monate beeinflusst wurden. Beide Faktoren waren im letzten Jahr volatil und werden es höchstwahrscheinlich auch in diesem Jahr sein. Dadurch stellt die präzise Prognose der strategischen Gebotsaufschläge eine entscheidende Bedingung für erfolgreiche Zuschläge in den Photovoltaik-Ausschreibungen 2020 dar.

Abbildung: Entwicklung der Zuschläge und LCOE

— Der Autor Benedikt Ziegert arbeitet als Berater bei der energiewirtschaftlichen Beratungsgesellschaft Enervis Energy Advisors GmbH in Berlin und unterstützt Unternehmen bei taktischen und strategischen Fragestellungen der Photovoltaik-Branche. Unter anderem ist er für die PV-Auktionsmodellierung und Auktionsstudien verantwortlich. —

Die Blogbeiträge und Kommentare auf www.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte an redaktion(at)pv-magazine.com

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