Nachhaltigkeitstransformation: 5 Ausreden, die Unternehmen 2020 nicht mehr nutzen können

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Mehr denn je haben sich Unternehmen 2019 zu mehr Nachhaltigkeit verpflichtet und diese mit ambitionierten Zielen hinterlegt. Eine Analyse von Engie Impact der CDP-Response-Daten von 2018 hat jedoch ergeben, dass weniger als 25 Prozent der Unternehmen auf dem richtigen Weg sind, um ihre CO2-Ziele zu erreichen. Dieses Ergebnis ist nicht sonderlich überraschend, bedenkt man, dass die meisten Unternehmen dieses sehr komplexe Thema Nachhaltigkeit nicht zentral verankern.

Dennoch ließ sich vor allem im vergangenen Jahr eine Veränderung beobachten, die einen deutlichen Wendepunkt einleitet. Branchenübergreifend haben Unternehmen Möglichkeiten gefunden, mithilfe von Technologien und Innovationen schneller Fortschritte zu machen. Es bilden sich sogar neue Geschäftsmodelle und Unternehmenskoalitionen, die dabei helfen, gemeinschaftlich voranzukommen. Auch das Davos Manifesto, Basis für das Weltwirtschaftsforum in Davos im Januar 2020, hebt das langfristige und nachhaltige Denken auf die Agenda der weltweiten Unternehmens- und Staatenlenker.

Diese Entwicklungen führen dazu, dass einige der beliebtesten Ausreden von Unternehmen für das Hinauszögern der eigenen Nachhaltigkeitstransformation im Jahr 2020 keine Gültigkeit mehr haben.

Die Top 5 Ausreden, die Unternehmen 2020 nicht mehr nutzen können

  1. Ausrede: „Unsere Stakeholder interessieren sich nicht für die Nachhaltigkeitstransformation.“

Menschen wollen für Unternehmen arbeiten, die für Nachhaltigkeit stehen. 64 Prozent der Millennials, die schon bald 75 Prozent der Arbeitskräfte ausmachen, geben an, dass sie keinen Job in einem Unternehmen annehmen werden, das kein CSR-Programm verfolgt. Insgesamt nennen 90 Prozent Nachhaltigkeit als entscheidendes Kriterium bei der Auswahl des Arbeitgebers. Zudem schätzen die Verbraucher nachhaltige Produkte. Weltweit sind 66 Prozent der Konsumenten bereit, einen höheren Preis für nachhaltige Produkte zu zahlen. Bei den Millennials sind es 73 Prozent. Was für Mitarbeiter und Kunden gilt, gilt auch für Investoren und Aktionäre. Das Interesse an nachhaltigen Anlagen steigt rapide. So zeigten in einer kürzlich durchgeführten Studie von Morgan Stanley 85 Prozent der befragten Investoren Interesse an nachhaltigen Investitionen. Zum Ende 2018 waren 31 Trillionen US-Dollar in nachhaltigen Investments angelegt. Dies entspricht einem Anstieg von 69 Prozent seit 2016. Einige Fonds gehen sogar einen Schritt weiter und trennen sich vollständig von Unternehmen, die schlechte Auswirkungen auf die Gesellschaft haben, wie zum Beispiel der karbonfreie Pensionsfond der Vereinten Nationen.

  1. Ausrede: „Wir haben uns Ziele gesetzt, scheitern aber an der Umsetzung.“

Wie jede Transformation sind Nachhaltigkeitsinitiativen bereichsübergreifender Natur und stoßen auf enorme organisatorische Hürden. Unternehmen, die Nachhaltigkeit als zentralen Bestandteil Ihres Unternehmens anerkennen, setzen die Nachhaltigkeitstransformation erfolgreich um. Bei IKEA zum Beispiel ist jeder Country Manager, gleichzeitig Chief Sustainability Officer (CSO) seiner Region und treibt die Weiterbildung zur und das Engagement für Nachhaltigkeit in der gesamten Organisation voran. Auch der US-Händler Walmart hat einen innovativen Weg gefunden, wie Nachhaltigkeit Teil des Unternehmens wird. Er hat dafür gesorgt, dass Mitarbeiter für Ihre eigene Nachhaltigkeit oder für Ideen, die das Unternehmen nachhaltiger machen, belohnt werden. Der Schlüssel für eine erfolgreiche Nachhaltigkeitstransformation sind dabei abteilungsübergreifende Arbeitsgruppen mit klaren Aufgaben, eigenen Ressourcen und Unterstützung durch die Geschäftsführung. Erfolgreiche Unternehmen bilden Führungskräfte als Vorbilder für innovatives Denken und gutes Zuhören aus, um eine Umgebung zu schaffen, in der zukunftsweisende Ideen entstehen.

  1. Ausrede: „Wir haben dieses Jahr nicht die Mittel dafür.“

Neue Finanzierungsmechanismen helfen Unternehmen, finanzielle Hürden wie begrenzt verfügbares Kapital oder eine lange Amortisationszeit zu überwinden. Der Business Case ist so stark wie nie zuvor. Sinkende Technologiekosten, das wachsende Angebot an erneuerbaren Energien und das Aufkommen neuer nachhaltiger Einnahmequellen machen Nachhaltigkeit erschwinglich. Flexible leistungsbezogene Finanzierungsmechanismen, wie zum Beispiel As-a-Service-Modelle, helfen Unternehmen, sowohl finanzielle als auch Kapazitätslücken zu schließen. Sie bieten Zugang zu kapitalintensiven Technologien sowie das Know-how zu deren Verwaltung und ermöglichen es Unternehmen, neue, saubere Technologien mit minimalen finanziellen und betrieblichen Risiken zu implementieren.

  1. Ausrede: „Der Klimawandel hat kurz- und mittelfristig keine Auswirkungen auf unseren Betrieb oder unser Wachstum.“

Die langfristigen Auswirkungen des Klimawandels haben sehr reale kurzfristige Auswirkungen auf die Wirtschaft. Klimabedingte extreme Wetterereignisse werden häufiger und teurer. Weltweit sorgten 2017 690 Wetterereignisse für wirtschaftliche Verluste und Schäden von fast 330 Milliarden Euro. Wenn der Klimawandel nicht unter Kontrolle gerät, wird erwartet, dass die Kosten pro Tag innerhalb des nächsten Jahrzehnts auf 1,8 Milliarden Euro steigen werden. 2019 war auch Deutschland vermehrt von Wetterextremen betroffen. Hinter Japan und den Philippinen, als von Extremen weltweit am meisten betroffene Länder, belegt es den dritten Platz. Extreme Wetterbelastung, wie die Hitzewelle mit teilweise extremer Dürre in Deutschland, Waldbrände in Kalifornien, Hitzewellen in Indien und Wirbelstürme in Küstenregionen, haben gezeigt, dass die finanziellen und menschlichen Opfer des Klimawandels real sind und verstärkt auftreten.

  1. Ausrede: „Wir haben keinen Zugriff auf Informationen und Daten, die wir brauchen, um Entscheidungen zu treffen.“

Neue Technologien haben die komplexe Datenlandschaft erheblich vereinfacht. Das Internet der Dinge (IoT) stellt granulare Daten in Echtzeit zur Verfügung. Digitale Portale und verteilte Register sammeln Daten von mehreren Lieferanten, um Erfolge zu messen. Fortschrittliche Analysen können nun komplexe Muster erkennen, um Chancen aufzuzeigen und Systeme zu optimieren. So nutzte Google zum Beispiel eine Kombination aus Sensoren und künstlicher Intelligenz, um sein Rechenzentrum zu optimieren. Die Kühlkosten konnten damit um 40 Prozent reduziert werden.

Die Technologie ist vorhanden und wird immer günstiger. Bis 2035 wird erwartet, dass 1 Trillion mit dem Internet verbundene Geräte online sind. Gleichzeitig zeigt eine Analyse des Weltwirtschaftsforums, dass davon 84 Prozent genutzt werden können, um die Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Die Frage ist, wie Unternehmen sie in der nötigen Geschwindigkeit und im richtigen Umfang einsetzen. Denn während die meisten Unternehmen verstehen, wie sie ihre Gewinn-, Verlust- und weiteren wichtigen Daten verwalten, ist die Verwaltung dieser zur Nachhaltigkeit für die meisten Unternehmen neu. Um sie optimal nutzen zu können, brauchen sie ein ausgeprägtes Verständnis der verfügbaren Datenströme.

2020 gibt es keine Ausreden mehr

Es steht außer Frage, dass der Umfang und damit die Aufgabe der Nachhaltigkeitstransformation immens ist. Die neu aufkommenden Geschäftsmodelle, digitalen Werkzeuge und organisatorischen Möglichkeiten, sowie das wachsende Bewusstsein in Gesellschaft und Politik haben 2019 eine Grundlage geschaffen. 2020 stehen Unternehmen alle Möglichkeiten offen, ihre Nachhaltigkeitstransformation umzusetzen.

— Der Autor Gillian Huart leitet als Managing Director, Sustainability Solutions bei Engie Impact die Unternehmensorganisation in Europa, dem Nahen Osten, Afrika und Indien. Sein Team berät und begleitet die Kunden von Engie Impact in diesen Regionen bei der Nachhaltigkeitstransformation – von der Strategie bis zur Umsetzung. Gillian begann seine berufliche Laufbahn als Berater für Accenture. Danach hatte er verschiedene Positionen innerhalb der Engie Group inne, darunter die Leitung des Geschäftsbereichs Advisory und Advanced Analytics und die Position des Senior Vice President Business Development in der Niederlassung in Bangkok. Er ist spezialisiert auf Energiemärkte, Kundenbindung und Geschäftsmodelle. www.engieimpact.com

Die Blogbeiträge und Kommentare auf www.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte an redaktion(at)pv-magazine.com

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