BGH-Urteil zu Netzrenditen stößt auf Applaus und Kritik

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Der Bundesgerichtshof hat am Dienstag die von der Bundesnetzagentur vorgenommene Kürzung der Eigenkapitalzinssätze für Betreiber von Strom- und Gasnetzen bestätigt. Die Bundesnetzagentur hatte für die dritte Regulierungsperiode – für Gas von 2018 bis 2022 und für Strom von 2019 bis 2023 – den Zinssatz auf 6,91 Prozent für Neuanlagen und 5,12 Prozent für Altanlagen festgelegt. Dagegen hatten zahlreiche Netzbetreiber Beschwerde erhoben und vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf auch zunächst Recht bekommen. Die obersten Richter hoben diese Entscheidung allerdings auf.

Wie der Bundesgerichtshof jetzt ergänzend mitteilt, hat der zuständige Senat seine zu früheren Regulierungsperioden ergangene Rechtsprechung bekräftigt, wonach der Bundesnetzagentur bei der Bestimmung des Zinssatzes, insbesondere bei der Wahl der dafür herangezogenen Methoden, in einzelnen Beziehungen ein Beurteilungsspielraum zusteht. Den Richtern zufolge ist die Bonner Behörde nicht verpflichtet, diese Methode im Hinblick auf historische Besonderheiten am Kapitalmarkt zu modifizieren oder den ermittelten Zinssatz einer ergänzenden Plausibilitätsprüfung zu unterziehen.

Der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne) und der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) begrüßen die BGH-Entscheidung in einer gemeinsamen Erklärung ausdrücklich, da das Urteil private Haushalte vor höheren Strompreisen schütze. Beide Verbände fordern sogar eine weitere Absenkung der Eigenkapitalzinssätze. Wegen der unzureichenden Entflechtung von Netzbetreibern und wettbewerblichen Bereichen ist laut laut bne-Geschäftsführer Robert Busch eine scharfe Begrenzung der Zinssätze durch die Bundesnetzagentur notwendig. Ohne Regulierung könnten integrierte Energieversorger Gewinne aus dem Netzbetrieb für ihre wettbewerblichen Geschäftsbereiche nutzbar machen und mit einer solchen Quersubventionierung andere Unternehmen aus dem Markt drängen. Dies schade dem Wettbewerb und erhöhe die Kosten für alle.

„Im Monopolbereich Stromnetz kann es nicht sein, dass traumhafte Renditen für die Netzbetreiber gezahlt werden“, so vzbv-Vorstand Klaus Müller. Nicht zuletzt wegen der anhaltend niedrigen Zinsen sei es notwendig und richtig gewesen, die Eigenkapitalverzinsung für die dritte Regulierungsperiode zu senken. „Das Urteil zeigt deutlich den Fehler im System: Während Netzbetreiber die Möglichkeit nutzen können, auf dem Rechtsweg gegen Entscheidungen der Bundesnetzagentur als Regulierungsbehörde zu klagen, ist Stromkunden dieser Weg weitgehend versperrt. Stattdessen müssen sie die ungerechtfertigt hohen Netzentgelte bezahlen“, so die Verbände.

„Seit langem ist es Stromkunden nicht vermittelbar, dass die Verzinsung für den Bau von Stromleitungen deutlich höher als die Rendite privaten Geldes ist“, sagt auch Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelt-Hilfe (DUH). Der BGH habe mit seiner Entscheidung die Stromkunden um insgesamt etwa zwei Milliarden Euro in den kommenden fünf Jahren entlastet und damit den Verbraucherschutz unterstrichen. Aus seiner Sicht dürfen Netzbetreiber keine deutlich über dem Kapitalmarkt liegende Verzinsungen für das Eigenkapital beanspruchen.

Für den Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hingegen ist das BGH-Urteil nicht nachvollziehbar. „Die von der Bundesnetzagentur festgelegte Höhe der Eigenkapitalverzinsung für Investitionen in Strom- und Gasnetze gehört zu den niedrigsten in ganz Europa, und das, obwohl in Deutschland ein wesentlich höherer Bedarf am Aus- und Umbau der Energienetze besteht“, sagt BDEW-Chef Stefan Kapferer. Er verweist auf ein Gutachten im Auftrag des BDEW, wonach die Zinssätze in Deutschland 0,79 Prozentpunkte unter dem europäischen Durchschnitt und 1,49 Prozentpunkte unter dem internationalen Durchschnitt liegen. Sinkende Eigenkapitalzinssätze würden es den Netzbetreibern erheblich erschweren, Kapitalgeber zu finden. Um Investoren dazu zu bewegen, weiterhin in Netze zu investieren, müssten die Rahmenbedingungen für Netzinvestitionen kapitalmarktgerecht bleiben – zumal Investitionen in Netze mit einer sehr langfristigen Bindung des eingesetzten Kapitals verbunden seien. „Das sind die völlig falschen Signale angesichts der Bedeutung des Energienetzes für die Herausforderungen der Energiewende“, kritisiert Kapferer das Urteil.

Aus Sicht der Wirtschaftskanzlei Becker Büttner Held, die 600 der 1100 Beschwerdeverfahren gegen die Festlegung der Bundesnetzagentur betreut hat, hat der Bundesgerichtshof mkit seiner Entscheidung einer Verbesserung der Investitionsbedingungen für die deutsche Netzwirtschaft eine Absage erteilt. „Leider hat sich der BGH im Ergebnis offensichtlich über die mit sachverständiger Hilfe ermittelten Tatsachen – und dabei insbesondere die dramatischen Veränderungen auf den Finanzmärkten – hinweg gesetzt“, sagt BBH-Partner und Rechtsanwalt Stefan Missling: „Es gilt nun die Entscheidungsgründe abzuwarten, um zu klären, welche Optionen Netzbetreibern in diesen, aber auch anderen Fällen verbleiben.“

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