Der Bundestag geht in die Sommerpause. In einen Sommer, der sich schon jetzt als Erderhitzungskatastrophenjahr ankündigt, auch in Deutschland. Vier Dörfer wurden gerade in Mecklenburg evakuiert, weil ein besonders großer, wegen Trockenheit und Hitze außer Kontrolle geratener Waldbrand nicht gelöscht werden kann.
Erinnerungen werden wach an die Katastrophen in Kalifornien, wo im letzten Jahr die Stadt Paradise an einem Wochenende mit 20 000 Einwohnern völlig niederbrannte. Stürme, Gewitter, Starkregen, Hagel richteten schon jetzt, wo gerade erst der Frühling vorbei ist, gewaltige Schäden an.
Die Rekordhitze im Juni lässt erahnen, wie stark die Erdüberhitzung schon jetzt vorangeschritten ist. Laut Frederike Otto, vom Oxforder „Environmental Change Institute“ macht der Klimawandel solche frühsommerlichen Hitzewellen 5mal wahrscheinlicher. „Konservativ geschätzt.“
Doch der Bundestag geht in die Sommerpause und hat keine Beschlüsse gefasst, um dem Klimakrise zu begegnen. Anders als einige Städte in Deutschland, die bereits den Klimanotstand beschlossen haben, wie zum Beispiel Bochum, Konstanz, Kiel, Ludwigsburg, Münster, Saarbrücken.
Die Regierungsparteien von CDU/CSU und SPD haben auf Bundesebene offensichtlich noch nicht verstanden, dass auch Deutschland sich bereits im Klimakrise befindet. Ja, natürlich, es gab starke politische Diskussionen nach der EU Wahl, dem Rezo-Video und den anhaltenden Protesten von Fridays for Future. Doch politisches Handeln, um der rasant wachsenden Klimakrise entgegen zu treten? Fehlanzeige!
In allen Kriegen und nationalen Notstandssituationen gibt es sofortige Beschlüsse von Regierungen und Parlamenten, um der jeweiligen Herausforderung gerecht zu werden. Doch beim Krieg der Menschen gegen die Natur, in dem die Natur nun mit extremen lebensfeindlichen Reaktionen antwortet, gibt es immer noch keine nennenswerten Klimaschutzbeschlüsse.
Folgende Beschlüsse im Bundestag, sind angesichts der dramatischen Klimakrisenentwicklung jetzt zwingend erforderlich:
Alle Klimagasemissionen müssen bis 2030 beendet sein und großflächige Kohlenstoffsenken geschaffen werden. Dazu gehören unter anderem
- eine 100% Vollversorgung mit 100% Erneuerbare Energien und
- 100% Biolandwirtschaft,
- großflächige Aufforstungen mit Agroforstsystemen,
- Umstellung der fossilen Chemie auf Kunststoffe auf Basis nachwachsender Rohstoffe;
- Ende der Massentierhaltung
- und vieles andere mehr.
Doch stattdessen wird weiter auf abstraktem Niveau diskutiert:
- Wirtschaft dürfe nicht unter Klimaschutzmaßnahmen leiden.
- Die Bezahlbarkeit müsse im Auge sein.
- Die soziale Ausgewogenheit sei in den Mittelpunkt zu stellen.
Unter all diesen Überschriften wird aber nicht danach getrachtet, dass ein wirksamer Klimaschutz zur Bekämpfung der Klimakrise herausrauskommt. Jeder Vorschlag wird nach obigen Kriterien zerredet und dann meist verworfen. Heraus kommt: Kein Klimaschutz!
So geht das nun seit Jahrzehnten. Mit der Ausnahme des EEG 2000, welches immerhin die Erneuerbaren Energien als wichtigste Klimaschutzmaßnahme auf den Weg brachte und sie wettbewerbsfähig machte, ist ansonsten nichts Erfolgreiches gelungen. Aber genau dieses erfolgreiche EEG wurde mit der Debatte über Schutz der (fossilen) Wirtschaft, Bezahlbarkeit und soziale Ausgewogenheit ins Gegenteil verkehrt: Durch die jahrelangen Änderungen ist das EEG heute ein Investitionsbehinderungsgesetz geworden. Andere politische Maßnahmen, die den Ausbau von 100% Erneuerbaren Energien voranbringen, gibt es nicht.
Klimaschutz-Politik ist daher weiterhin komplette Fehlanzeige. Deshalb steuert die Menschheit schnurstracks mit hoher Geschwindigkeit auf das Ende der menschlichen Zivilisation bis 2050 zu. Nur dann wird von den großen Schutzgütern, die immer gegen den Klimaschutz in Stellung gebracht werden, fast nichts mehr übrig bleiben:
- Eine funktionierende Wirtschaft wird es dann nicht mehr geben.
- Bezahlbarkeit ist dann längst vorbei, weil niemand mehr die immensen Schäden bezahlen kann.
- Soziale Gerechtigkeit: Die wird dann wohl verwirklicht sein, weil Reiche genauso wie Arme ums pure Überleben werden kämpfen müssen.
Es braucht jetzt sofort Klimanotstandsgesetze. Wenn die Lebensmittelversorgung wegen Dürren zusammengebrochen ist, die Wälder abgebrannt oder abgestorben sind und die Niederländer wegen gestiegenem Meeresspiegel bei uns Zuflucht suchen, wird es zu spät sein.
— Der Autor Hans-Josef Fell saß für die Grünen von 1998 bis 2013 im Deutschen Bundestag. Der Energieexperte war im Jahr 2000 Mitautor des EEG. Nun ist er Präsident der Energy Watch Group (EWG). Mehr zu seiner Arbeit finden Sie unter www.hans-josef-fell.de. —
Die Blogbeiträge und Kommentare auf www.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte an redaktion(at)pv-magazine.com
Die Blogbeiträge und Kommentare auf www.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte an redaktion@pv-magazine.com.
Dieser Inhalt ist urheberrechtlich geschützt und darf nicht kopiert werden. Wenn Sie mit uns kooperieren und Inhalte von uns teilweise nutzen wollen, nehmen Sie bitte Kontakt auf: redaktion@pv-magazine.com.
weiterhin, Erhebung massiver CO2 Abgaben für die:
– Containerschifffahrt
– Kreuzfahrtschiffe
– privater Flüge
– Supermärkte
sowie Verbot von Chemie und Genmanipulation in der Landwirtschaft.
@ Solarfuchs:
Anteil vom Schiffverkehr an den weltweiten CO2-Emissionen ca. 3 %
Anteil des weltweiten Flugverkehr weniger als 5 %
Anteil von Brandrodungen tropischer Regenwälder 12 % .
Anteil Deutschland an den weltweiten CO2-Emissionen ca. 2 %
Man kann Herr Fell doch nicht mehr ernst nehmen wenn er das Ende der menschlichen Zivilisation für 2050 in den Raum stellt und dann vor gauckeln will das könne Deutschland mit seinem 2%-Anteil verhindern . Kein Wunder dass niemand in den großen Medien diese „Ergüsse“ von Herr Fell beachtet
So was gibt’s schon. Jeder Kleinbauer in Zentralafrika lebt so. Wer das so will, soll da hingehen. Natürlich zu Fuß.
(Mit Blick auf die Kommentarrichtlinien redaktionell gekürzt.)
@Carsten Rehmhardt :
Da brauchen sie keine Angst zu haben dieser abgetakelte Ex-Politiker der „Grünen“ ,der bei der Wahl 2013 nicht mehr in den Bundestag gewählt wurde, findet doch kaum noch Beachtung . Alles was von ihm bleibt ist das er einer der Hauptverantwortlichen für das Paradoxon ist , dass durch das EEG die Mehrkosten für die Einspeisevergütung von über das EEG geförderten Strom zu den Beschaffungskosten für konventionell erzeugten Strom auf sogenannte „nicht privilegierte Endverbraucher“ ( private Endverbraucher und kleine Gewerbetreibende) umgelegt werden, während die Großverbraucher aus der Industrie schon im EEG 2000 weitgehend von dieser Umlage befreit wurden, statt dass der Staat diese Kosten für diese gesamtgesellschaftliche Aufgabe der Förderung von EE übernimmt. Und als Krönung wird dann auf diese Umlage auch noch 19 % Mehrwertsteuer erhoben. Aber so was kommt halt raus wenn sich grüne Sozilogen und Schullehrer so was ausdenken und der „Genosse der Bosse“ als Kanzler der „Rot-Grünen Hartz-4-Kolation“ dem nicht widerspricht, weil die Interessen der Bosse ja durch die weitgehende Befreiung der Großverbraucher aus der Industrie von dieser Umlage gewahrt wurden.
Mittlerweile hat auch „Agora Energiewende“ erkannt, das die sehr hohen Strompreise für Endverbraucher in Deutschland , die mehr als 40 % höher liegen als im Schnitt der EU , kontraproduktiv sind für eine bessere Sektorenkopplung und unter anderem vorgeschlagen die Kosten für den starken Ausbau von PV zu viel zu hohen Kosten bis 2013 aus der EEG-Umlage heraus zu nehmen, worüber auch PV-Magazine hier berichtete.
Und auch das Umweltbundesamt schlägt jetzt vor die Einnahmen aus einer CO2-Steuer über die aktuell diskutiert wird dazu zu verwenden die Abgabenbelastung auf Strom zu senken.
Ich bin entsetzt über das Niveau einiger Kommentare hier. Den Autoren sei eine selbstkritische Lektüre der Kommentarrichtlinien ans Herz gelegt, damit hier wieder sachlich und respektvoll miteinander diskutiert werden kann.
Die Analyse von Herrn Fell ist messerscharf und bringt auf den Punkt, warum von dieser Regierung viele enttäuscht sind und von ihr niemand mehr einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz erwartet: Die Problemstellung ist (schon seit Jahrzehnten) erkannt und auch anerkannt aber die Maßnahmen konzentrieren sich auf das Ausbremsen eines der wichtigsten Lösungswege, den Erneuerbaren.
Der schwer zu löschende Waldbrand im Mecklenburg ist kein gutes Argument für einen Katastrophensommer, siehe verlinkter Text.
Wegen der im Boden lagernden Munition müssen Einsatzkräfte tausend Meter Abstand zum Brand halten. Das betreffe Löschfahrzeuge genauso wie Löschflugzeuge, sagte Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschaftsminister Till Backhaus (SPD).
D.Lange
Das ist üblich im politischen Geschäft, dass, wenn man eine vorgefasste Meinung hat, nach Argumenten, und seien sie noch so schlecht, sucht, um diese Meinung zu unterstützen. Man hofft mit der reinen Fülle von Argumenten, und seien sie noch so schlecht, den Gegner mundtot zu machen. In einer mündlichen Diskussion funktioniert das öfters. In schriftlichen Auseinandersetzungen eher nicht. Der Sache tut man damit keinen Gefallen. Schlechte Argumente machen sie angreifbar. Von den Gegnern (die ebenso vorgefasste Meinungen haben) wird dann mehr über diese schlechten Argumente diskutiert, als über die Sache selbst, und warum sie wirklich notwendig ist. Das Publikum geht davon aus: Wer schlechte Argumente braucht, um etwas zu begründen, der hat keine guten. Auf das Publikum kommt es aber an, denn wenn die notwendigen, auch schmerzhaften Maßnahmen ergriffen worden sind, dann sollte es sich wenigstens entfernt noch daran erinnern, warum diese Maßnahmen notwendig waren. Und dazu muss es sich an die guten Argumente erinnern, die es ja auch gibt. Ich glaube zwar nicht, dass die Niederländer nicht in der Lage sein werden, dem Anstieg des Meeresspiegels folgend ihre Dämme und Sperranlagen zu erhöhen, aber sicher kann man sich da nicht sein – es ist eine gewaltige finanzielle Anstrengung, und auch dazu muss der politische Wille erst mal vorhanden sein. Dass man das Schutzbedürfnis theoretisch erkennt, praktisch aber ignoriert, hat man ja beispielsweise in New Orleans gesehen, als es 2005 von Katrina überrollt wurde. Wenn in den Niederlanden die letzte Sturmflut lange genug her ist, und sich niemand mehr daran erinnern kann, wird auch der Zweitwohnwagen wieder wichtiger sein, als die Deicherhöhung. Dann kommen sie wirklich eines Tages zu uns, weil ihr Land dauerhaft vom Meer überrollt wurde. Und die Hamburger werden auch sehr viel investieren müssen für ein Sperrwerk in der Elbe.
@JCW : Ihre Einschätzung „Ich glaube zwar nicht, dass die Niederländer nicht in der Lage sein werden, dem Anstieg des Meeresspiegels folgend ihre Dämme und Sperranlagen zu erhöhen“ ist wohl richtig , und der Meeresspiegel wird ja auch nicht kurzfristig ansteigen sondern sehr langsam , so das ihr Vergleich mit dem Hurrikan Katrina in New Orleans im Jahr 2005 wenig Sinn macht.Und das gleiche gilt auch für Hamburg. Wirkliche Probleme mit einem Anstieg des Meeresspiegels werden vor allem einige kleine , flache Südseeinseln bekommen , die müssen dann wohl umgesiedelt werden in diesem Jahrhundert.