Nach dem berühmten Preußen-Elektra-Urteil von 2001 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) erneut die Einspeisevergütung des EEG als beihilfefrei eingestuft. Damit hat der EuGH die politische Agitation der EU-Kommission, unterstützt von der deutschen Regierung, in die rechtlichen Schranken verwiesen. Da die EU-Kommission seit vielen Jahren mit ihrer atom- und kohlefreundlichen Politik einen Weg suchte, auf die Energiepolitik der EU-Mitgliedsstaaten Einfluss zu nehmen, hatte sie das EEG als Beihilfe definiert. So konnte sie energiepolitisch Einfluss nehmen, obwohl ihr nach den EU-Verträgen gar keine Kompetenz für die Energiepolitik der Mitgliedstaaten zusteht.
Der Bundestag hatte dann erstmals mit der EEG-Novelle 2012 auf Druck der Europäischen Kommission den Wechsel zu Ausschreibungen in verschiedenen EEG-Novellen eingeführt. Die Begründung war stets, dass die EU-Kommission das EEG als Beihilfe ansehe und man deswegen Vorgaben nach dem EU-Beihilferahmen umsetzen müsse. Darin hatte die EU-Kommission u.a. den Wechsel zu Ausschreibungen als angeblich wettbewerblich notwendiges Instrument eingefordert.
Genau diese Argumentation hat heute der EuGH zurückgewiesen. Die Einspeisevergütung bei Erneuerbaren Energien ist nach europäischem Recht keine Beihilfe (Subvention), damit kann die Europäische Kommission die Mitgliedsländer nicht zwingen, ihre beihilferechtlichen Leitlinien auf das EEG anzuwenden.
Der Schaden ist aber dennoch sehr groß. Denn das EEG wurde ja 2012 und mehrfach in den Folgejahren auch unter dem beihilferechtlichen Diktat der EU-Kommission vor allem mit dem Wechsel zu Ausschreibungen immer weiter verschlechtert. Mit dem Effekt, dass der Ausbau der Erneuerbaren in Deutschland und anderen europäischen Ländern massiv gedrosselt wurde. Gleichzeitig ist die Akteursvielfalt verringert worden, da Privatleute, kleine und mittlere Unternehmen, sowie Genossenschaften, sich an Ausschreibungen fast nicht oder nur sehr schwer beteiligen konnten.
Immerhin hatte die Bundesregierung in einer Art Doppelspiel die Beihilfeleitlinien zwar unterstützt, aber gleichzeitig gegen die EEG-Einstufung der EU-Kommission als Beihilfe geklagt und heute Recht bekommen.
Jetzt ist der Bundestag aufgefordert, dieses EuGH-Urteil ernst zu nehmen und die von den Beihilferahmen der EU-Kommission diktierten Verschlechterungen im EEG wieder aus dem EEG herauszunehmen. Das EEG muss wieder am ursprünglichen Ziel der notwendigen Steigerung des Ausbaus Erneuerbarer Energien ausgerichtet werden und nicht an der Unterwerfung der Beihilfeprüfungen der Europäischen Kommission.
Das EEG muss nun so novelliert werden, dass Einspeisevergütungen auch als Festpreise für Investitionen bis zu einigen zig Megawatt wieder möglich werden. Zudem müssen die Belastungen mit EEG-Umlagen auf Eigenverbrauch und Eigenversorgung für Ökostromerzeugung fallen. So kann für alle Akteure der Zugang zu Investitionen wieder ermöglicht werden und die eingebrochene Bürgerenergiebewegung wieder belebt werden. Nun müssen Bundesregierung und Bundestag ihr großes Versagen im Klimaschutz auch mithilfe einer EEG-Gesetzgebung, die sich an den Grundsätzen des EEG 2000 orientiert, korrigieren. Beispielsweise kann der Bundestag ohne die EU-Kommission fragen zu müssen eine EEG-Kombikraftwerksvergütung einführen um so auch erneuerbare Investitionen zu fördern, die Systemdienlichkeit mit Hilfe von Erneuerbaren Energien und Speichern schaffen.
— Der Autor Hans-Josef Fell saß für die Grünen von 1998 bis 2013 im Deutschen Bundestag. Der Energieexperte war im Jahr 2000 Mitautor des EEG. Nun ist er Präsident der Energy Watch Group (EWG). Mehr zu seiner Arbeit finden Sie unter www.hans-josef-fell.de. —
Die Blogbeiträge und Kommentare auf www.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte an redaktion(at)pv-magazine.com
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Agora Energiewende hat kürzlich Vorschläge zur Neuordnung des EEG vorgelegt, die verdienen, ernsthaft diskutiert zu werden:
https://www.raponline.org/wp-content/uploads/2019/03/rap-agora-jahn-oreilly-deutsch-self-supply-germany-recommendations-final-2019-march-21.pdf
Den Vorschlag der Kombikraftwerke finde ich toll. Eigentlich sollte PV nur noch in Kombination mit Speichern ausgeschrieben werden.
Das Ausschreibungsmodell finde ich im Gegensatz zu Herrn Fell sehr sinnvoll, bis auf die Tatsache, dass die Ausschreibungsmengen immer noch zu niedrig sind. In Kombination mit Speichern fiele auch jedes Argument weg, dass die Netzwerke den PV-Strom nicht aufnehmen könnten. Durch die dezentrale Erzeugungsstruktur und die lastangepasste Abgabe des Stroms würden diese Kraftwerke das Netz gegenüber den heutigen Großkraftwerken sogar entlasten. Die Ausschreibungen führen zu einem marktgerechten Preis und sorgen so dafür, dass die Anbieter leben können und die Verbraucher nicht zu viel zahlen müssen.
Ein echter Nachteil der Ausschreibungen in der heutigen Form ist die angesprochene Verringerung der Akteursvielfalt. Ich könnte mir vorstellen, dass ein anderes Auktionsdesign, das nicht so hohe Anforderungen an die Bieter stellt und vor allem keine Stichtage kennt, diesen Nachteil beseitigen könnte. Ich stelle mir das so vor: Es wird ein regelmäßiger, z.B. wöchentlicher, Zubau definiert. Genauso erfolgen fortlaufend Angebote oder Angebotsänderungen. Das aktuell günstigste Angebot muss so lange auf den Zuschlag warten, bis seine Leistung durch den geplanten regelmäßigen Zubau gedeckt ist. Bei einem regelmäßigen Zubau von 4GW/Jahr (also 80 MW/Woche) müsste ein Projekt unter 80 GW nur eine Woche lang zu den günstigsten gehören. Größere Projekte müssten länger warten, und ein kleines kann die Wartezeit des großen verlängern, wenn es sich mit seinem Gebot während der Wartezeit unter den Preis des großen schiebt, und ihm damit den nächsten Zuschlag wegschnappt. Die weitere Gültigkeit des Angebots muss regelmäßig bestätigt werden, und wenn der Zuschlag erfolgt ist, ist sofort eine Zahlung fällig, unabhängig davon, ob man den Zuschlag annimmt oder nicht. Damit verhindert man, dass das Auktionssystem durch Fake-Bieter mißbraucht wird. Einen Preisvorteil können Bürgerenergieprojekte nicht erwarten, meist sind deren Renditeerwartungen aber geringer, als die der kommerziellen Projektentwickler, so dass die ungünstigere Kostenstruktur kompensiert wird. Vorkommnisse wie das gerade geschehene, dass ein großer Bieter einen Formfehler gemacht hat, und deshalb auch Gebote mit viel zu hohen Vergütungen Erfolg haben, sind bei einer Verstetigung des Angebots- und Zuschlagsgeschehens auch wesentlich unwahrscheinlicher. Wer taktisch ein schlechtes Angebot abgibt, muss damit rechnen von realistischeren sofort unterboten zu werten und solange nicht zum Zuge zu kommen, wie es genug Projekte gibt, die bessere Preise bieten können. Der Preis könnte mit der Zeit steigen, wenn die Flächenkulisse nicht ausreichend ist, oder die tatsächlich zu erzielenden Erlöse wegen Überangebots und häufiger negativer Preise an der Börse einbrechen. Aber das mit den negativen Strompreisen wird ja aufhören, wenn die Kern- und Kohlekraftwerke vom Markt sind – alle anderen sind nicht davon abhängig, dass ihr Strom auch abgenommen wird, sie können einfach abregeln.
Für den Wind könnte man es genauso machen, nur dass da die Happen etwas größer sein müssen, damit auch größere Windparks als Gesamtzuschlag eine Chance haben.