Statt Spinnennetz gute Nachbarschaften

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Seit Jahren wird diskutiert: Ist Netzausbau zwecks Stromtransport über große Distanzen das „Rückgrat der Energiewende“ oder können wir bei den Sonnenenergien (Photovoltaik, Windkraft, Fließwasser, Wellen, Bioenergie) – da sie naturhaft bereits verbreitet sind – die Orte der Erzeugung entsprechend unserem Bedarf frei wählen?

Laut Bundesregierung ermöglicht eine großflächige Vernetzung den Ausgleich zwischen unterschiedlichen Wettersituationen. Außerdem befänden sich die Windparks vor allem im Norden, während sich die „Verbrauchszentren“ im Süden lägen, so dass eine entsprechende Übertragung nötig sei.

Dem ist zu entgegnen, dass die nötige und nur durch Speicherung zu bewerkstelligende, zeitliche Verschiebung des Stromverbrauchs nicht durch die räumliche Verschiebung per Netze ersetzt werden kann. Und Verbrauchszentren gibt es schließlich auch im Norden. Erst wenn diese vollständig versorgt sind und dann immer noch mehr Windstrom anfällt, als ortsnah verbraucht wird, könnte eine weiträumigere Verschiebung eventuell Sinn machen.

Die basisnahen Energiewendeorganisationen weisen zusätzlich darauf hin, dass eine von dem bisherigen – und sogar noch weiter ausgebauten – Großnetz abhängige Versorgung stets Konzern-Domäne sein wird. Das demokratische und emanzipatorische Potenzial der Eigenversorgung in kleinen Einheiten würde dadurch in seiner Entfaltung behindert.

Wie richtig diese Erkenntnis ist, bestätigt sich nun durch den beabsichtigten Deal zwischen Eon und RWE, der eine monopolistische Situation anstrebt. Auch wird nun der Hintergrund der oben angeführten sachlich falschen Argumentation der Bundesregierung deutlich: Es geht nicht um die optimale Entwicklung der Energiewende, sondern nur darum, den alten Konzernen ein Weiterleben in einer Welt zu ermöglichen, zu der sie gar nicht gehören.

Das Gute an dem Vorhaben von Eon und RWE ist, dass es die Wichtigkeit klar macht, sich frei zu halten: Statt Insekt im Eon-Netz, „Energiebürger“ werden und sich gemeinsam mit Freunden und Nachbarn direkt von der Sonne beschenken lassen! Früher versorgten wir uns durch fossile Brennstoffe indirekt mit Sonnenenergie, heute können wir sie direkt nutzen, und wir brauchen nicht irgendetwas Neues, was sich zwischen uns und die Sonne schiebt.

— Der Autor Christfried Lenz war unter anderem tätig als Organist, Musikwissenschaftler und Rundfunkautor. Politisiert in der 68er Studentenbewegung, wurde „Verbindung von Hand- und Kopfarbeit“ – also möglichst unmittelbare Umsetzung von Erkenntnissen in die Praxis – zu einer Leitlinie seines Wirkens. So versorgt er sich in seinem Haus in der Altmark (Sachsen-Anhalt) seit 2013 zu 100 Prozent mit dem Strom seiner PV-Inselanlage. Nach erfolgreicher Beendigung des Kampfes der BI „Kein CO2-Endlager Altmark“ engagiert er sich ganz für den Ausbau der Ereneuerbaren in der Region. Als Mitglied des Gründungsvorstands der aus der BI hervorgegangenen BürgerEnergieAltmark eG, wirkte er mit an der Realisierung einer 750 Kilowatt-Freiflächenanlage in Salzwedel. Lenz kommentiert das energiepolitische Geschehen in verschiedenen Medien und mobilisiert zu praktischen Aktionen für die Energiewende —

Die Blogbeiträge und Kommentare auf www.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte an redaktion(at)pv-magazine.com.

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