Die unternehmerische Photovoltaik-Beteiligung als Investment – Die Abnahme der Anlage

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Der dritte Teil unserer Serie – die Abnahme der Anlage – befasst sich mit einer Phase der Investition, in der bereits einige Klippen überwunden wurden. Wenn die Phasen 1 und 2 vorausschauend bewältigt wurden, hat dieser dynamische Prozess sicherlich an den persönlichen Kräften gezerrt. Dennoch: Noch einmal ist allergrößte Sorgfalt geboten.

Die Abnahme der Photovoltaik-Anlage hat zwei wesentliche und weitreichende Folgen. Mit der Abnahme erkennen Sie an, dass die fertiggestellte Photovoltaik-Anlage frei von „wesentlichen Mängeln“ ist. Zudem übernehmen Sie die volle Haftung aus dem Anlagenbetrieb und für die Betriebsführung der Photovoltaik-Anlage (mehr zu Möglichkeiten der Haftungsbeschränkung in der Betriebsphase folgt in Teil 4).

Für den – hoffentlich nicht eintretenden – Fall des Streits sollten dennoch Mängelansprüche vorbehalten bleiben. Sie können nicht alle offenen und möglicherweise auch verdeckten Mängel bei der Abnahmebegehung erkennen. Dieser Vorbehalt verhindert, dass eine sogenannte Beweislastumkehr – zu Ihren Lasten – stattfindet. Die Verjährung wegen möglicher Gewährleistungsansprüche – Nachbesserung, Minderung des Werklohns, Schadens- bzw. Aufwendungsersatz, Rücktritt vom Vertrag – beginnt mit dem Zeitpunkt der Abnahme. Mit der Abnahme wird auch die letzte Zahlung aus dem Vertrag fällig, die – wenn Sie unseren Ratschlägen im zweiten Teil dieser Serie gefolgt sind – einen erheblichen Umfang hat. Dann ist Ihr Geld erst einmal „weg“. Es im Streitfall zurückzubekommen, wird in jedem Fall mit erheblichem Aufwand verbunden sein.

Mit der Abnahme haften Sie aber auch als Eigentümer für mögliche Schäden und Folgeschäden. Sinnvoll ist, sich um entsprechenden Versicherungsschutz respektive um eine Deckungszusage vor der Abnahme zu bemühen.

Ebenfalls sinnvoll ist, sich bei der Abnahme der Unterstützung eines unabhängigen, öffentlich bestellten, vereidigten und am Gericht zugelassenen Sachverständigen zu bedienen. Im Idealfall haben Sie sich mit allen Beteiligten auf einen solchen geeinigt. Auch hier gilt: Überprüfen Sie den ausgewählten Sachverständigen selbst. Folgen Sie nicht blind dem Vorschlag, den Ihnen möglicherweise der Verkäufer macht. Die Betonung liegt auf „blind“. Klären Sie bereits vorher mit Ihrem Versicherungsunternehmen, ob der ausgewählte Sachverständige und sein Abnahmegutachten im Schadensfall von der Versicherung akzeptiert wird (siehe dazu auch Beitrag von pv magazine Deutschland „Wenn Gutachter danebenliegen“).

Die Vorbereitung der Abnahme

Nehmen Sie sich für die Vorbereitung der Abnahme ausreichend Zeit, und lassen Sie sich vom Käufer nicht zur vorschnellen und übereilten Abnahme drängen. Der erste Schritt der Abnahme findet an Ihrem Schreibtisch statt. Stellen Sie alle Unterlagen aus den früheren beiden Phasen zusammen. Das sind sämtliche Unterlagen der Projektplanung. Von guten Verkäufern bekommen Sie in der Regel zur Vorbereitung der Abnahme einen kompletten Ordner mit den Dokumenten der Projektausführung unter anderem nach IEC/DIN EN 62446, HD 60364-7-712 und 62548. Fragen Sie nach diesen Normen.

Bestehen Sie darauf, dass die abschließenden Prüfungen und Dokumentationen entsprechend dieser Normen durchgeführt werden. Dann haben Sie ein sogenanntes „standardisiertes Verfahren“, mit dem sowohl Zivilgerichte als auch Schiedsgerichte – siehe Teil 2 der Serie – etwas anfangen können. Die Abnahmeunterlagen können Ihnen in gedruckter oder elektronischer Form übergeben werden.

Bevor es zur Anlagebesichtigung vor Ort geht, vergleichen Sie am Schreibtisch zunächst die beiden Dokumentenpakete aus der Planung und der Ausführung. Was sollte in einem Projektausführungsordner enthalten sein? Gleichgültig, ob Sie auf eigenem oder fremden Grundstück/Dach eine Photovoltaik-Anlage für sich errichten lassen, dokumentiert der Verkäufer (Anlagenbauer) den Zustand der Baustelle vor Aufnahme der Installationsarbeiten mit Fotos und mit einer umfassenden Zustandsbeschreibung. Dieses Protokoll ist idealerweise vom Grundstücks- oder Dachinhaber gegengezeichnet.

Desweiteren erhalten Sie eine vollständige Liste aller verbauten Ausrüstungen, aller Seriennummern, der Flashtests aller Module, die Werkskalibrierungen der Wechselrichter und alle Garantiezertifikate. Die Lieferanten der Montagesysteme liefern in der Regel exakte Pläne und Montageanweisungen, wo und wie die Anlage installiert werden soll. Die elektrischen Pläne (Eindrahtpläne) zeigen Ihnen den Weg des erzeugten elektrischen Stroms vom Solarmodul bis zur Übergabestation des Netzbetreibers. Auf den Bauausführungsplänen sollte die exakte Position aller Ihrer Anlagenteile vermerkt sein, so dass Sie bei der Vorortabnahme ihre Photovoltaik-Anlage – die eindeutig mit Aufklebern markiert sein sollte – auch zweifelsfrei identifizieren können. Wenn Sie bei den Vorarbeiten zur Abnahme Abweichungen feststellen oder Informationen nicht verständlich sind: Fragen Sie nach! Lassen Sie sich die dann getätigten Aussagen immer schriftlich bestätigen.

Sofern Sie die Betriebsführung nicht selbst übernehmen, laden Sie den zukünftigen Betriebsführer zur Abnahme vor Ort ein. Bitten Sie ihn um eine Liste der Kriterien, die aus seiner Sicht erfüllt sein müssen, damit er die Photovoltaik-Anlage danach auch tatsächlich in seine Betriebsführung übernimmt und nehmen diese Punkte in ihre Prüfung auf. 

Die Abnahme vor Ort

Bei der Abnahme vor Ort prüfen Sie, ob die Anlagenteile, die sie kaufen wollten, auch tatsächlich geliefert und verbaut wurden. Dann prüfen Sie, ob die Anlage den Herstellerangaben entsprechend vom Verkäufer verbaut wurde. Bereiten Sie einen vollständigen Funktionstest der Anlage in Ihrem Beisein vor. Last but not least: Prüfen Sie, ob alle Verträge mit dem Verpächter, dem Netzbetreiber, dem Energieversorger, dem Stromabnehmer, dem Betreiber und dem Versicherer vorliegen und vollständig umgesetzt wurden.

Führen Sie die Abnahme der Anlage vor Ort nur an einem sonnigen Tag durch. Für den Funktions- und Leistungstest sollten Sie mit der Sonnenstrahlung von 700 Watt/Quadratmeter auf einer sicheren Seite sein. Sollte dies nicht möglich sein und sich bei späterer Überprüfung Abweichungen zu Ihren Lasten ergeben, hilft Ihnen der oben angesprochene Vorbehalt von Mängelansprüchen. Dieser sollte selbstverständlich im Abnahmeprotokoll aufgeführt sein.

Versichern Sie sich vor der Abreise, dass Sie tatsächlich Zugang zu allen Anlagenteilen haben. Sollten Sie vor verschlossenen Türen oder unzugänglichen Dächern stehen: Lassen Sie den Termin „platzen“. Das geht nicht.

Erstellen Sie möglichst selbst das schriftliche Abnahmeprotokoll. Prüfen Sie ein nicht von Ihnen selbst erstelltes Abnahmeprotokoll in Ruhe und ohne Zeitdruck. Vergleichen Sie jede Information der Projektausführungsdokumentation mit der verbauten Realität. Notieren Sie jede Kleinigkeit, machen Sie Fotos zur Beweissicherung! Sollte der Verkäufer der Photovoltaik-Anlage bei der Abnahme anwesend sein, notieren Sie dessen vor Ort gegebene Versprechen. Der Verkäufer sollte Ihnen zu diesem frühen Zeitpunkt die Besonderheiten der technischen Betriebsführung dieser Anlage erklären können und dies auch tun. Bitten Sie ihn gegenzuzeichnen. Im Streitfall zählt jedes beweisbare Wort.

Das Ergebnis der Abnahme

Besprechen Sie am Ende des Tages vor der Unterschrift noch einmal das Abnahmeprotokoll der Photovoltaik-Anlage mit dem Verkäufer. Er sollte das Protokoll ebenfalls gegenzeichnen. Wenn Sie an diesen Punkt kommen, ist die Photovoltaik-Anlage technisch, kaufmännisch und juristisch abnahmereif. Formal vermerken Sie auf der Abnahmeerklärung das Datum, den Beginn und das Ende der Abnahme mit exakter Uhrzeit. Gleiches gilt für die Übergabeerklärung mit dem gewählten Betriebsführer.

Was aber ist zu tun, wenn die Photovoltaik-Anlage nicht abnahmereif ist? Sie haben zwei Möglichkeiten:

  1. Sie nehmen die Anlage trotzdem ab und verlangen Mängelbeseitigung. Der Kaufpreis oder die Abschlussrate werden damit fällig.
  2. Sie verweigern die Abnahme und fordern den Verkäufer zur mangelfreien Übergabe der Photovoltaik-Anlage auf. Für diesen Fall ist eine Liste aller Mängel zu erstellen, die der Verkäufer zu beseitigen hat, bevor die Abnahme erklärt werden kann. Nehmen Sie in diesem Fall einen Zeitplan zur Mangelbeseitigung in die Mängelanzeige auf. Es ist leider eine zu beobachtende Praxis, dass Mängel über Jahre nicht beseitigt werden. Behalten Sie daher immer ein Druckmittel in der Hand. Das ist hier zumindest die erhebliche Abschlussrate.

Ein beliebtes Beispiel aus der Abnahmepraxis

Ein immer wieder auftretendes Thema ist die qualifizierte Prüfung der Statik für das Dach auf dem die Photovoltaik-Anlage installiert werden soll sowie die statische Eignung der Photovoltaik-Anlage für dieses spezielle Dach. Die Lasten einer solchen Photovoltaik-Anlage können gewaltig sein. Sie können das Gebäude unter Umständen schwer beschädigen, da das Dach die Photovoltaik-Anlage schlicht überhaupt nicht trägt. Wenn Sie die Anlage ohne Nachweis der Statik und deren Geeignetheit für diesen Standort abnehmen, dann haften im Zweifelsfall Sie für Schäden am Gebäude. Ihre Versicherung wird die Deckung solcher Schäden, zum Beispiel wegen grober Fahrlässigkeit, ablehnen.

Fazit

Die Abnahme ist ein weiterer Schritt zu Ihrer erfolgreichen Investition, der größte Sorgfalt erfordert. Wahren Sie auch hier ihre Interessen und sichern Sie sich ab.

Regelmäßiges Zähneputzen erspart manchen unangenehmen Zahnarztbesuch. Eine sorgfältig durchgeführte Abnahme erspart als letzte Bastion manches unangenehmes Gerichtsverfahren. Machen Sie sich die einmalige Mühe. Es lohnt sich.

Teil 1 Vor dem Vertrag – Die professionelle Prüfung der Unterlagen

Teil 2 Der Kaufvertrag

Teil 3 Die Abnahme der Anlage

Teil 4 Die Betriebsführung

Die Autoren

Der Autor Kai-Wilfrid Schröder hat jahrelange Erfahrung in der Projektentwicklung von Erneuerbare-Energien-Projekte für die Stromeigenversorgung. Aufgrund vieler bekanntgewordener Projektentwicklungsfehler aus anderen Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien hat Kai-Wilfrid Schröder mit einem Ingenieurteam die Beratungsfirma Utility Consultants gegründet, die technische und kaufmännische Analysen für Geldanleger und Investoren in den Erneuerbaren Energien anbietet. Der fachkundige Rat soll den privaten Investor vor Fehlentscheidungen in eine Investition oder eine Geldanlage schützen. Mehr Informationen finden Sie unter http://www.utility-consultant.de/

 

Die Autorin Sabine Birken leitet die Rechtsabteilung der Celanx GmbH. Sie setzt dort internationale Erfahrung – auch im Bereich „Strafrechtliche Compliance“ – im Rahmen der Vertragsgestaltung für Bau und Betrieb von Erneuerbare-Energien-Anlagen sowohl deutschlandweit als auch international ein. Die branchenüblichen B2B Praktiken übersetzt und überträgt Sabine Birken in eine verständliche Sprache für den privaten Anleger, der erstmalig als Gewerbetreibender in eine Photovoltaik-Anlage investiert.

 

Die Blogbeiträge und Kommentare auf www.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte an redaktion(at)pv-magazine.com.

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