BMWi-Datenbasis für geplante Kürzung der Solarförderung scheint unzutreffend

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In der kommenden Woche wird es eine Öffentliche Anhörung im Wirtschaftsausschuss des Bundestages geben. Ein großes Thema dürften die geplanten Sonderkürzungen zum Jahreswechsel für alle Photovoltaik-Dachanlagen ab 40 Kilowatt sein. Die Wirtschaftlichkeitsberechnungen, die das Bundeswirtschaftsminister (BMWi) dafür zugrunde gelegt hat, liegen pv magazine mittlerweile vor. Allerdings sind sie nicht von Ministerium direkt veröffentlicht worden. Die dort gestellte Anfrage ist weiter unbeantwortet.

Das Ministerium rechnet mit Netto-Systempreisen von 1260 Euro pro Kilowatt bei Photovoltaik-Anlagen mit fünf Kilowatt Leistung. Für 60 Kilowatt-Anlagen werden 980 Euro pro Kilowatt und für 100 Kilowatt-Anlagen sind es 930 Euro pro Kilowatt; bei 250 Kilowatt noch 860 Euro pro Kilowatt und bei 500 Kilowatt-Dachanlagen 820 Euro pro Kilowatt. Bei Freifläche werden 770 Euro pro Kilowatt für Anlagen mit einer Leistung von 750 Kilowatt angenommen. In den Systempreisen sind Installation, Netzanschluss, Gerüst, Planung enthalten. Für die Renditeberechnung hat das Ministerium zudem Kosten für den laufenden Betrieb – Wartung, Instandhaltung, Versicherung, Verwaltung, Pacht – Kosten von jährlich 1,5 Prozent der jeweiligen Investitionssumme angesetzt. Bei den Finanzierungskonditionen sind zudem Fremdkapitalanteile von 75 Prozent zu einem Zinssatz von 2,8 Prozent eingerechnet.

Auf Basis dieser Zahlen hat das Ministerium die Überförderung von teilweise mehr als 20 Prozent ausgemacht und daher bei der Absenkung der festen Einspeisetarife für Anlagen bis 100 Kilowatt die Absenkung um 20,4 Prozent auf 8,18 Cent pro Kilowattstunde vorgeschlagen. Bei den Anlagen zwischen 100 und 750 Kilowatt soll die Erlösobergrenze aus der verpflichtenden Direktvermarktung um 19,7 Prozent auf 8,58 Cent pro Kilowattstunde gesenkt werden. Damit liegen beide Vergütungssätze dann auf dem Niveau der Förderung für Freiflächenanlagen in dieser Größenordnung. Zugleich weist das Ministerium daraufhin, dass die relative Absenkung nicht so hoch ist. Sie liegt bei den festen Einspeisetarifen bei maximal 11,7 Prozent und bei der Direktvermarktung je nach Anlagengröße zwischen 11,3 und 18,5 Prozent. „Auf dieser Basis der Anpassungen bleiben alle Anlagen wirtschaftlich“, heißt es im Papier des Ministeriums. Zugleich zeigt sich, dass bei der Neuberechnung mit den abgesenkten Tarifen die Dachanlagen zwischen 60 und 500 Kilowatt nicht wirtschaftlich sein dürften, wenn die mittleren Stromgestehungskosten angelegt werden.

Unternehmen aus der Branche kritisieren die Datenbasis des Wirtschaftsministeriums. In einem Schreiben, das pv magazine ebenfalls vorliegt, erklärten sie, dass die Systempreise für Photovoltaik-Anlagen beispielsweise bei den 500 Kilowatt-Anlagen am 32 Prozent zu niedrig angesetzt seien. Sie lägen nicht bei 820, sondern bei 1200 Euro pro Kilowatt. Auch die Betriebskosten dürften nicht mit 1,5 Prozent, sondern sollten mit acht Prozent angesetzt werden. Die Unternehmen kritisieren weiter, dass auch die seit August erfolgte monatliche Degression der Solarförderung um jeweils ein Prozentpunkt nicht berücksichtigt sei. Die Unternehmen, die stark im Projektgeschäft für Anlagen in diesem Größensegment aktiv sind, fordern daher auch, dass die Sonderkürzung für neun Monate ausgesetzt werden sollte, allein um den Vertrauensschutz angesichts der Vorlaufzeiten für die Projekte zu wahren. Zudem sollten die Kürzungen vom jetzigen Gesetzgebungsverfahren getrennt werden und die durch den atmenden Deckel erfolgte Degression der Vergütung in die Berechnung einbezogen werden.

Nach Aussagen des BMWi zeigen die Ergebnisse der Entwicklung bei System- und Betriebskosten bereits seit 2017 eine Überförderung für Photovoltaik-Dachanlagen ab 60 Kilowatt Leistung. Als Überförderung gilt eine Eigenkapitalrendite von mehr als acht Prozent. Bis acht Prozent Rendite seien von der EU-Kommission genehmigt. „Je größer die Anlagen, desto stärker wird die Überförderung/Wirtschaftlichkeit. Diese werden bei Nutzung von Eigenverbrauch sogar noch zusätzlich gesteigert“, heißt es in dem Papier. Bereits seit März sei das Ministerium daher in Verhandlungen mit Brüssel, ob die EU-Kommission höhere Renditen akzeptieren würde – erfolglos. Die EU-Kommission habe dies nicht akzeptiert und das Bundeswirtschaftsministerium zu Kürzungen zu 1. Januar aufgefordert.

Den „Tatbestand“ der Überförderung macht das Ministerium auch daran fest, dass der Photovoltaik-Zubau gerade in diesem Segment der großen Dachanlagen wieder deutlich zugenommen habe. Und auch so stark, dass erstmals seit 2013 in diesem Jahr der Aufbaupfad von 2,5 Gigawatt wieder überschritten wird. Das Ministerium geht von einem Photovoltaik-Zubau von 2,8 Gigawatt für 2018 aus. Die kurzfristige Kürzung der Solarförderung werden in dem Papier wie folgt gerechtfertigt: „Andernfalls drohen schlimmstenfalls auch rückwirkende Förderkürzungen, was mit Blick auf die Branche und Marktentwicklung unbedingt vermieden werden sollte.“

Es bleibt nun abzuwarten, welche Konsequenzen die Politiker nach der Anhörung im Wirtschaftsausschuss ziehen werden und als Empfehlung in den weiteren parlamentarischen Prozess geben werden. SPD-Politiker Timon Gremmels hat zumindest angekündigt, die Wirtschaftlichkeitsberechnungen für die Förderkürzung genau prüfen zu wollen und gegebenenfalls einen Kompromiss mit Union, Bundeswirtschaftsministerium und EU-Kommission aushandeln zu wollen.

 

Nächste Woche sind wir gespannt zu hören, wie sich CDU, SPD, die Grünen, die FDP und Staatssekretär Thomas Bareiß auf dem Forum Neue Energiewelt dazu äußern.  Wir werden außer wie gewohnt auf der Webseite  und im Newsletter am Freitag auch in unserem nächsten Audio-Podcast darüber berichten.

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