Inbetriebnahme der Photovoltaik-Anlage: Warten oder jetzt starten?

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Die Verbraucherzentrale NRW hat kürzlich einmal ausgerechnet, ab wann es sich lohnen könnte, bis Neujahr zu warten: Im November und Dezember wäre das der Fall. Der Vorteil einer Inbetriebnahme Anfang Januar 2019 statt Ende Dezember 2018 beträgt beispielsweise für eine Fünf-Kilowatt-Photovoltaik-Anlage rund 240 Euro.

Der Grund dafür liegt im Vergütungszeitraum, den das EEG definiert. Demnach erhält der Einspeiser die EEG-Vergütung im Inbetriebnahmejahr und weitere 20 Kalenderjahre. Wer also eine Anlage Ende des Jahres noch in Betrieb nimmt, hat praktisch nur 20 Jahre Vergütungsdauer und wer bis Januar wartet, erhält 21 Jahre.

Nicht vergessen darf man dabei jedoch, dass die Vergütungssätze seit August dieses Jahres aufgrund des endlich wieder wachsenden Ausbaus der Photovoltaik wieder sinken. Die Degression des Vergütungssatzes für neue Anlagen betrug zuletzt 1,0 Prozent pro Monat und könnte ab November sogar auf 1,4 Prozent steigen, wenn die Photovoltaik-Zubauleistung der Monate April bis September die 1,75 Gigawatt überschreitet.

Wer die Anlage noch nicht in Betrieb nimmt, verzichtet aber nicht nur auf den höheren Vergütungssatz, sondern kann in dieser Zeit auch noch keinen Solarstrom erzeugen, also auch keinen selbst erzeugten Strom verbrauchen und keinen Überschuss gegen Vergütung ins Netz einspeisen.

Wenn man all diese Faktoren einbezieht und von der höheren Degression von 1,4 Prozent ausgeht, lohnt es sich laut Verbraucherzentrale NRW ab Ende Oktober, mit der Inbetriebnahme bis Anfang Januar zu warten. Wer die Anlage gerade installieren lässt, sollte mit dem Installateur und dem Netzbetreiber aber schon jetzt einen Inbetriebnahmetermin zu Beginn des neuen Jahres vereinbaren. Unter Inbetriebnahme versteht das EEG die erstmalige Stromproduktion der Photovoltaik-Anlage. In der Praxis handelt es sich dabei meistens um den Tausch des bisherigen Bezugszählers durch einen Zweirichtungszähler für Einspeisung und Bezug und dem Einschalten des PV-Systems, manchmal in Anwesenheit eines Mitarbeiters des Netzbetreibers.

Steuerliche Betrachtung

Für die steuerliche Behandlung der Photovoltaik-Anlage interessieren weniger die technischen als vielmehr die finanziellen Aspekte. Oft leisten die Käufer eine Anzahlung und nach fertiger Installation oder Inbetriebnahme eine Schlusszahlung für die Photovoltaik-Anlage. Die steuerliche Behandlung beginnt nach dem Steuerrecht mit der „Anschaffung und Herstellung“ und den damit verbundenen Kosten (AHK). Alles was nötig ist und bezahlt werden muss, damit die Anlage betriebsfertig ist, zählt zu diesen Kosten und wird zu einer Summe zusammengefasst, auch wenn das aus mehreren Rechnungen verschiedener Dienstleister besteht. Beispielsweise sind das die Rechnungen des Installateurs, die Rechnung des Netzbetreibers für Zählertausch und Inbetriebnahme und die Rechnung für das Einrichten eines Monitoringsystems.

Grundlage für die Abschreibung bildet die Summe aus diesen AHK und die Abschreibung kann mit der Betriebsbereitschaft beginnen, selbst wenn die Anlage noch nicht gemäß EEG in Betrieb genommen wurde. Falls der Betreiber umsatzsteuerpflichtig ist, kann er jetzt auch schon die Vorsteuer für die Anlage geltend machen. Das kann er auch schon mit der Zahlung von Teilrechnungen vor Fertigstellung.

Doch bei der Umsatzsteuer gibt es gerade bei einer Anschaffung zum Jahresende eine Falle: Die Umsatzsteuerzahlungen und Erstattungen spielen auch bei der Einnahmen-Überschuss-Rechnung, also der Gewinnermittlung eine Rolle. Alle Umsatzsteuerzahlungen – ob an Rechnungssteller oder an das Finanzamt – zählen als Ausgaben. Alle Vorsteuererstattungen vom Finanzamt zählen als Einnahmen.

Die Falle besteht nun darin, dass jemand im Jahr 2018 mit den Rechnungen für den Kauf der Anlage einen hohen Umsatzsteuerbetrag bezahlt, was steuerlich in diesem Jahr als Ausgaben gewertet wird. Einnahmen gibt es noch keine oder geringe, sodass ein hoher steuerlicher Verlust entsteht. Der Steuerpflichtige freut sich zunächst, weil diese Verluste sein zu versteuerndes Einkommen aus der Berufstätigkeit verringern.

Macht er nun aber erst im nächsten Jahr die Vorsteuer aus dem Anlagenkauf geltend und bekommt er die Erstattung vom Finanzamt auch erst nach dem 10. Januar, wirkt diese Rückzahlung in der Gewinnermittlung des Folgejahres als hohe Einnahme, die zu einem rechnerischen hohen Gewinn führt, der zu versteuern ist. Die Steuerersparnis des Vorjahres wird damit wieder aufgezehrt und kann durch die Steuerprogression (steigende Steuersätze bei höherem Einkommen) sogar die ursprüngliche Ersparnis übersteigen.

Zum Jahresende hin sollte man also darauf achten, dass Umsatzsteuerzahlung für den Anlagenkauf und Vorsteuererstattung daraus vom Finanzamt tatsächlich noch im gleichen Jahr stattfindet. Dafür muss man sich rechtzeitig mit dem Finanzamt in Verbindung setzen, sollte alle größeren Rechnungen für den Anlagenkauf spätestens im November bezahlt haben und Anfang Dezember die Vorsteueranmeldung für den November abgeben, damit das Finanzamt die Erstattung noch im Dezember leistet.

Falls das absehbar nicht gelingt, empfiehlt es sich die Zahlungen für den Anlagenkauf ebenso wie die Vorsteuererstattungen ins neue Jahr zu disponieren. So lässt sich die Falle umgehen. Umgekehrt lässt sich diese Falle auch in eine Steuersparmöglichkeit ummünzen, wenn das zu versteuernde Einkommen im neuen Jahr absehbar deutlich niedriger ist als im aktuellen. Dann lohnt sich die Umsatzsteuerzahlung in diesem und das Verschieben der Vorsteuererstattung ins nächste Jahr. Auch eine Kombination mit Sonderabschreibungen kann dabei Steuervorteile bringen. Hierzu empfiehlt sich die Hilfe eines Steuerberaters.

Vergütungszeiträume und –Sätze nach Inbetriebnahmemonat für Anlagen bis zehn Kilowatt:

InbetriebnahmeVergütung bis Ende (Zeitraum)Einspeisevergütung in Cent/kWh
September 20182038
(20 Jahre + 4 Monate)
11,95
Oktober 20182038
(20 Jahre + 3 Monate)
11,83
November 20182038
(20 Jahre + 2 Monate)
11,71 *11,66 **
Dezember 20182038
(20 Jahre + 1 Monat)
11,59 *11,49 **
Januar 20192039
(21 Jahre)
11,47 *11,32 **
Februar 20192039
(20 Jahre + 11 Monate)
11,35 *11,16 **
März 20192039
(20 Jahre + 10 Monate)
11,23 *11,00 **

*) falls Vergütung wie erwartet weiter pro Monat um 1,0 Prozent sinkt

**) falls Vergütung monatlich um 1,4 Prozent sinkt

Quelle: Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen

Anmerkung der Redaktion, 25.10.2018: Die berechneten Einspeisetarife für die kommenden Monate sind nachträglich nochmal leicht korrigiert worden.

Die Autoren:

Thomas Seltmann ist unabhängiger Experte für Photovoltaik und Autor des Ratgebers „Photovoltaik – Solarstrom vom Dach“ der Stiftung Warentest. Er arbeitet als Referent Photovoltaik bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Mit der steuerlichen Behandlung von Photovoltaik-Anlagen beschäftigt er sich seit über 20 Jahren.

 Thomas Habereder ist seit 15 Jahren als Steuerfachwirt in der in Ostbayern angesiedelten Kanzlei Consilia tätig.

In einer regelmäßigen Kolumne beantwortet Photovoltaik-Experte Thomas Seltmann zusammen mit Steuerberatern grundsätzliche und aktuelle Fragen zur steuerlichen Behandlung von Photovoltaik-Anlagen. Wenn Sie als Betreiber einer Photovoltaik-Anlage praktische Fragen dazu haben oder als Installateur wissen wollen, was Sie Ihren Kunden raten dürfen, schreiben Sie uns gern eine E-Mail an redaktion@pv-magazine.com.

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