Der moralische Bankrott von RWE und Politik

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Nur Horst Seehofer ließ es am bayerischen Wahlabend in einem Nebensatz kurz anklingen: Die Altparteien verlieren immer mehr, weil sie „die ökologische Frage nicht ernst genug nehmen“.

Das hätte er und alle anderen Verlierer  freilich schon vor dem Wahldesaster in Bayern wissen können. Umfragen lange vor der Wahl zeigten dieses Bild:

Die politische Wirklichkeit sieht aber im Herbst 2018 so aus

Die Große Koalition in Berlin verfehlt ihre eigenen Klimaschutzziele krachend, verharmlost den Diesel-Skandal, bremst in Brüssel beim Bemühen um umweltfreundlichere Autos und die nordrhein-westfälische Landesregierung aus CDU und FDP sowie mehrere ostdeutsche Regierungen unterstützen noch immer die Braunkohleförderung in ihren Ländern – wissend, dass diese Ressource der größte Klimakiller ist.

Am 6. Oktober 2018 haben 50.000 Bürgerinnen und Bürger gegen die RWE-Rodung am Hambacher Forst und gegen die Braunkohle-Politik von RWE demonstriert und nur eine Woche später – exakt zwei Tage vor der Bayern-Wahl – erklärt der RWE-Chef in der FAZ: „Der Hambacher Forst kann nicht gerettet werden.“

Ein Schlag ins Gesicht von 50.000 Demonstranten

Eine tiefere Verachtung der Demokratie und eine schlimmere Verhöhnung des Bürgerwillens ist kaum denkbar. Die Bosse machen einfach, was sie wollen und berufen sich dabei auf ihre Eigentumsrechte. Sie verachten und verhöhnen das Grundgesetz, das im Artikel 14 sagt: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohl der Allgemeinheit dienen.“

Das ist zugleich eine moralische Bankrotterklärung des zweitgrößten deutschen Energieversorgers und ein Zeugnis der Feigheit für die deutsche Politik. Sie lässt sich von der alten Energiewirtschaft an der Nase herumführen. So müssen sich Demokraten in ihrem Bemühen um mehr Klimaschutz verkauft und verraten fühlen. So verlieren Bürger ihr Vertrauen in den Rechtsstaat.

Dieselben Energiekonzerne, die uns vor 25 Jahren in ganzseitigen Zeitungsanzeigen noch erklärt haben: „Wir können im 21. Jahrhundert in Deutschland aus grundsätzlich physikalischen Gründen höchstens vier Prozent Ökostrom erzeugen,“ müssen jetzt erkennen, dass wir im Herbst 2018 bei 42% Ökostrom sind. Dennoch oder gerade deshalb hängen sie noch immer an  ihrem alten Geschäftsmodell aus dem letzten Jahrtausend.

Sonnenstrom ist preiswerter als fossil-atomarer Strom

In über 70 Ländern ist schon heute Strom aus Sonne und Wind preiswerter als der fossil-atomare Strom. In Nordafrika und Chile wird Solarstrom bereits für 2,5 Cent erzeugt. In Deutschland für 5 bis 6 Cent. Erneuerbare Energien werden immer preiswerter, die alten Energien immer teurer – selbst wenn die Folgekosten nicht einberechnet werden. Sonne und Wind schicken eben keine Rechnung. Saudi-Arabien will das größte Solarkraftwerk der Welt bauen. Es soll 80 Atomkraftwerke ersetzen und die Kilowatt Solarstorm soll dann in zehn Jahren noch einen Cent kosten.

„Geht uns aus der Sonne“

Allen Politikern der alten Parteien und den alten verschlafenen Energiekonzernen wie RWE und E.on müssen wir zurufen, was der griechische Philosoph Diogenes in der Tonne vor 2.400 Jahren seinem damaligen Herrscher zugerufen hat: „Geht uns aus der Sonne“.

Macht endlich den Weg frei für das umweltfreundliche und preiswerte Solarzeitalter. Sonst scheitert ihr in Zukunft an der Fünf-Prozent-Hürde. Bayern war nur ein Anfang. Und unsere Energie produzieren wir künftig selbst auf unseren Dach und in unserm Keller.  Bürger, Zur Sonne, zur Freiheit!

— Der Autor Franz Alt ist Journalist, Buchautor und Fernsehmoderator. Er wurde bekannt durch das ARD-Magazin „Report“, das er bis 1992 leitete und moderierte. Bis 2003 leitete er die Zukunftsredaktion „Zeitsprung“ im SWR, seit 1997 das Magazin „Querdenker“ und ab 2000 das Magazin „Grenzenlos“ in 3sat. Die Erstveröffentlichung des Beitrags erfolgte auf www.sonnenseite.com. —

Die Blogbeiträge und Kommentare auf www.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte an redaktion(at)pv-magazine.com.

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