ComMetering will kleinen Photovoltaik-Betreibern bei Smart Meter-Rollout helfen

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pv magazine: Was steckt hinter ComMetering?

Jürgen Haar: ComMetering steht für Community-Messstellenbetreiber. Entstanden ist er aus den Debatten der PV-Betreiber im Photovoltaikforum. Seit der Verabschiedung des Digitalisierungsgesetzes wurde hier lebhaft diskutiert, was der Rollout für Photovoltaik-Betreiber bedeutet und wie das Beste daraus gemacht werden kann. Umfragen, an denen sich tausende Betreiber beteiligt haben, haben uns darin bestärkt, das Thema Messstellenbetrieb selbst in die Hand zu nehmen. Das haben wir getan – und die ersten Zähler sind bereits installiert.

Welche Vorteile haben Anlagenbetreiber, wenn Sie sich beteiligen?

ComMetering bietet den Messstellenbetrieb ausschließlich für Betreiber von Photovoltaik-Anlagen an. Darauf konzentrieren wir uns. Unsere Vision ist: Je mehr Anlagenleistung wir einsammeln, desto besser die Messdienstleistung, die wir gemeinsam anbieten. Gemeinsam mehr Leistung ist daher der Grundgedanke hinter der Community. Aber wir wollen mehr bieten, als nur einen Preisvorteil. Wir stehen für Transparenz und Klarheit. Unser Angebot soll offen diskutiert und gemeinsam weiterentwickelt werden. Und wir stellen das Interesse der PV-Anlagenbetreiber in den Mittelpunkt.

Was sind die Interessen der Photovoltaik-Anlagenbetreiber?

Wir haben beispielsweise darüber nachgedacht, ein Kombiprodukt aus Stromlieferung und Messstellenbetrieb oder auch eine Flatrate anzubieten. In einer Umfrage unter 6.000 PV-Anlagenbetreibern zeigte sich jedoch ganz klar, dass diese Zusatzleistungen und Kombiangebote derzeit nicht gewollt sind. Deshalb fokussieren wir uns aktuell darauf, das Thema Messstellenbetrieb gut, günstig und transparent abzubilden. Natürlich gibt es Möglichkeiten, das Angebot des Messstellebetriebs zukünftig zu erweitern, etwa wenn der Großteil der Anlagen aus der EEG-Förderung fällt. Schon in zwölf Jahren wird eine wirklich nennenswerte Anzahl an PV-Anlagen das EEG verlassen und keinen Anspruch mehr auf die Vergütung haben. Dann wird das virtuelle Kraftwerk wichtig und das ist auch ein Vision von uns. Wir wollen so viele PV-Anlagen wie möglich in einem virtuellen Kraftwerk verbinden, so dass jeder einzelne Anlagenbetreiber von diesem virtuellen Kraftwerk profitiert. Diese Vision wird aber nur dann wahr werden, wenn wir heute anfangen.

Dieses Jahr wird der Smart-Meter-Rollout voraussichtlich beginnen, zumindest häufen sich mittlerweile die Meldungen zu diesem Thema. Was kommt da auf Photovoltaik-Anlagenbetreiber zu?

Wir gehen davon aus, dass PV-Anlagenbetreiber noch ab 2018 jederzeit damit rechnen müssen, einen Brief von ihrem Netzbetreiber zu erhalten. Darin werden sie dann mit dem verpflichtenden Einbau von sogenannten intelligenten Messsystemen konfrontiert. Hintergrund ist das Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende. Damit soll der Energiemarkt auf intelligente Messtechnik umgestellt werden. Aus analog wird digital. Voraussetzung für den Start des Rollouts ist, dass die neue Technologie zertifiziert ist. Dafür müssen drei sogenannte Smart Meter Gateways voneinander unabhängiger Hersteller durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) genehmigt werden. Dieser Prozess läuft derzeit. Sobald die Zertifizierung erfolgt ist, besteht die Einbaupflicht für alle PV-Anlagen mit einer installierten Leistung ab sieben Kilowatt. Das betrifft dann bis 2024 rund eine Million PV-Anlagenbetreiber.

Was ist das Problematische beim Smart-Meter-Rollout für Photovoltaik-Anlagenbetreiber?

Für eine dezentrale Energiewende muss das Stromnetz intelligenter werden und hier können intelligente Messsysteme eine wichtige Rolle spielen. Vor diesem Hintergrund macht die Digitalisierung für das Gesamtsystem durchaus Sinn. Wir PV-Anlagenbetreiber haben aber – so wie der Rollout derzeit vorgesehen ist – zunächst wenig davon. Wir werden aber trotzdem mit Mehrkosten gegenüber dem heutigen, analogen Messkonzept von mindestens 60 Euro pro Jahr rechnen müssen.

Einige Messstellenbetreiber bieten schon jetzt an, eine digitale Messeinrichtung zu installieren. Dabei hat der Rollout noch nicht begonnen. Welchen Sinn macht das?

Das ist richtig, denn wer heute bereits über einen modernen, digitalen Zähler verfügt, den betrifft der Rollout erstmal nicht. Der Hintergrund ist folgender: Man kann stark vereinfacht zwischen vier Generationen von Zählern unterscheiden. Neben den alten, analogen Zählern wurden in den letzten Jahren vielerorts bereits digitale Zählern verbaut. Dann gibt es modernere, digitale Zähler, die schon über eine Kommunikationsschnittstelle verfügen. Wer so einen dieser modernen Zähler installiert hat, wird vom Rollout für acht Jahre verschont bleiben und gewinnt Zeit. Sind aber bei einer PV-Anlage Zähler der ersten oder zweiten Generation verbaut, greift die Pflicht, die neueste Generation zu installieren. Das sind dann die BSI-zertifizierten Zähler mit dem Smart Meter Gateway.

Sollten sich dann die Photovoltaik-Anlagenbetreiber nicht noch schnell einen Smart Meter einbauen, bevor das BSI seine Zertifizierungen vornimmt?

Die Frage, ob man als PV-Betreiber schon heute wechseln sollte, ist nicht ganz einfach zu beantworten. Denn inwiefern sich das für den Anlagenbetreiber lohnt, hängt vor allem davon ab, wie teuer sein Messstellenbetrieb aktuell ist, wie groß die Anlage ist und wann der Rollout durch den grundzuständigen Messstellenbetreiber erfolgt. Insgesamt sprechen wir hier im sogenannten SLP-Bereich, also bei Kleinkunden, von fünf bis zehn Euro pro Jahr, die man unter günstigen Voraussetzungen spart oder unter ungünstigen Voraussetzungen mehr bezahlt, wenn man schon heute wechselt. Aber es gibt auch einige weiche Faktoren, die für einen jetzigen Wechsel sprechen können, wie beispielsweise den Community-Gedanken, die Visualisierung der Stromerträge oder mehr Unabhängigkeit von der alten Energiewelt. Aktuell sprechen wir daher die First-Mover an. Denn wenn wir in zwei oder drei Jahren eine Alternative sein wollen, dann müssen wir jetzt damit anfangen. Eine echte Marktdynamik erwarten wir aber erst dann, wenn die Schreiben der Verteilnetzbetreiber die PV-Betreiber erreichen.

Es gibt doch bereits Angebote, bei denen der Smart-Meter kostenlos abgegeben wird? Glauben Sie nicht, dass da noch viel mehr solche Offerten kommen werden, wenn der Rollout wirklich Fahrt aufnimmt?

Sicherlich finden sich Angebote, etwa mit geschenkten Smart Metern. Fraglich ist aber, wer die Rechnung auf lange Sicht zahlt. Hardware, Kommunikation und der Betrieb der IT-Infrastruktur kosten Geld. Und Leistungen zu verschenken ist einfach kein Geschäftsmodell, sondern eher ein Lockmittel. Im Übrigen haben auch wir zugesagt, die Einrichtungsgebühr für die ersten 100 Zähler zu erlassen. Wir tun dies aber nicht als Lockmittel, sondern weil wir im Gegenzug von den PV-Betreibern erwarten, dass die ein oder andere Holprigkeit zu Beginn entsprechend kulant gewertet wird, bis alle Prozesse einwandfrei laufen. Mag sein, dass der Markt zukünftig dynamischer wird. Wir wollen jedenfalls von Beginn an einen Beitrag dazu liefern, dass die Bedürfnisse und Interessen der PV-Anlagenbetreiber auch jenseits der Kostenfrage bei der Digitalisierung berücksichtigt werden.

Was meinen Sie mit Bedürfnissen und Interessen jenseits der Kostenfrage?

Viele PV-Anlagenbetreiber stehen den Verteilnetzbetreibern kritisch gegenüber. Netzverträglichkeitsprüfungen, die Genehmigung von Messkonzepten, die verspätete Inbetriebnahme, überteuerte Rundsteuerempfänger oder die Abrechnung von Nullverbräuchen können hier als Gründe angeführt werden. Wenn wir uns hier dazwischenschalten, können wir sicherlich mehr bewirken, als jeder einzelne. Der Strommarkt entwickelt sich zudem weiter. Und bei den Messkonzepten in Mieterstrommodellen oder der Zuschaltung von Wärmepumpen fehlen oft Blaupausen, die den PV-Betreibern bei der Umsetzung ihrer Projekte helfen. Auch erleben wir, dass PV-Betreiber, die den Messstellenbetreiber wechseln wollen, mitunter daran scheitern, dass ihr Stromlieferant den Messstellenbetrieb nicht adäquat herausrechnet. All das sind Beispiele, die zeigen, dass bei der Umsetzung des Smart Meter Rollout viele Fragen offen sind – und diese gehen wir als Gemeinschaft von PV-Betreiber an.

Ist es nicht vergleichbar mit der Situation bei der Direktvermarktung? Da hatten auch viele Befürchtungen, dass es für kleinere Anlagen schwierig wird, mittlerweile scheint es doch aber zu funktionieren?

Nein, das sehen wir nicht so. Natürlich funktioniert die Direktvermarktung für große Aufdachanlagen, aber hier sollte man sich auch vor Augen führen, dass beispielsweise viele Anlagen auf 99 Kilowatt dimensioniert werden. Das heißt: Freie Dachflächen werden verschenkt, weil die Direktvermarktung für kleine Anlagen nicht funktioniert oder dies zumindest so wahrgenommen wird. Ähnliches könnte beim Smart Meter Rollout passieren. Anstelle der Zehn-Kilowatt-Anlage werden dann nur noch 6,9 Kilowatt gebaut oder der potenzielle Anlagenbetreiber lässt sich komplett abschrecken. Aber wir erwarten hier noch ein anderes Problem: Betreiber bereits installierter Kleinanlagen sind keine attraktive Zielgruppe beim Rollout. Die Vertriebskosten sind hoch, das Geschäft ist kleinteilig, die Liefermengen sind gering und die Preisobergrenze liegt bei Anlagen bis 15 Kilowatt bei 100 Euro pro Jahr. Die Messstellenbetreiber werden sich nicht um diese Zielgruppe reißen. Und die Gefahr ist groß, dass den Betreibern kleiner Anlagen nur der grundzuständige Messstellenbetreiber bleibt. Damit bleibt die Masse an Betreibern auf der Strecke und wird mit den Smart Metern zwangsbeglückt.

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