Was wenn… Module verschmutzt sind

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In diesem, realen Fall sank der Ertrag plötzlich – und das nach mehreren Betriebsjahren. Für den O&M-Dienstleister Ensibo wurde die Spurensuche zu einer Herausforderung:

Die Anlage: Eine Dachanlage auf einer Logistikhalle mit knapp einem Megawatt Nennleistung Die kristallinen Module sind auf 22 Grad aufgeständert und nach Süden ausgerichtet. Errichtet wurde die Anlage im Jahr 2011 in Nordrhein-Westfalen. Der O&M-Dienstleister Ensibo hat die Betriebsführung im Sommer 2016 übernommen.

Das meldet das Monitoring-System: Im Monatsbericht wird eine Performance Ratio für September von 75 Prozent ausgewiesen. Bisher lag die Performance Ratio im Sommerhalbjahr zwischen 80 und 83 Prozent.

Vermutung: Im September gab es mehrere Ausfälle der Messungen in den Generatoranschlusskästen (GAKs). Deshalb wird zuerst angenommen, dass die Daten im Monitoring-System lückenhaft sind.

 

Maßnahme zur Identifikation des Fehlers: Zuerst vergleicht der Betriebsführer die Strangströme in den GAKs und die Erträge der Wechselrichter im Monitoring-System mit den Erträgen der Einspeiseabrechnung durch den Netzbetreiber. Dabei zeigt sich, dass die Summe der Wechselrichter-Erträge und der Ertrag des Einspeisezählers etwa gleich sind. Allerdings liegen die Summen der Strangströme unter dem DC-Strom am Wechselrichter. Die defekten Strangsstrom-Messplatinen wurden ersetzt. Im Folgemonat Oktober gibt es keine Mess-Abweichungen mehr, trotzdem liegt die Performance Ratio deutlich zu niedrig.

Ein weiterer Faktor: Die Zentral-Wechselrichter wurden bei der routinemäßigen Wartung im September durch den Betriebsführer mit einer neuen Firmware aktualisiert. Deshalb wird angenommen, dass die Wechselrichter ein anderes Verhalten haben könnten als vorher. Durch einen Vergleich mit baugleichen Wechselrichtern desselben Typs an einem Nachbarstandort, ist diese Vermutung nicht zu bestätigen. Es gibt keine (kurzzeitigen) Wechselrichter-Ausfälle, die Geräte starten nicht später und gehen auch nicht früher in den Stand-by-Modus.

Auch die Modultemperaturen sind im Monatsverlauf im Vergleich zu den Vormonaten und dem Vorjahr nicht auffällig. Die Gestelle sind auf der Nordseite mit Blechen verkleidet, so dass die Hinterlüftung der Module eingeschränkt ist. Daran wurde im relevanten Zeitraum aber nichts verändert.

Als nächstes prüft ein lokaler Techniker das Modulfeld. Es könnte durch ein besonderes Ereignis zu einer Modulverschmutzung gekommen sein. Einige Monate zuvor zog ein Schwarm Möwen genau über die Anlage. Anschließend musste extrem starke Verschmutzung durch Vogelkot beseitigt werden. Dies ist jetzt nicht der Fall. Die Verschmutzung wird vom Techniker als leicht bis mittel eingestuft. Er reinigt ein einzelnes Modul und prüft dieses Wochen später wieder. Auch nach der verstrichenen Zeit ist das Modul weiterhin sauber.

Auf Nachfrage beim Hausmeister steht fest, dass die Anlage vor 2016 nie gereinigt wurde. So scheint eine Verschmutzung als Ursache für die verringerte Performance Ratio unwahrscheinlich. Da der Betriebsführer keine weitere Idee zur Fehlersuche per Fernüberwachung hat, führt er mit eigenem Personal eine vor-Ort-Begehung durch. Dabei werden stichprobenhaft Kennlinienmessungen durchgeführt und die Module mit der Wärmebildkamera geprüft. Im Ergebnis wird dann doch die Modulverschmutzung als einzige mögliche Fehlerursache eingegrenzt. Es werden manuell die Module von zwei Messkanälen gereinigt. Sofort ist ein deutlicher Leistungssprung im Monitoring zu erkennen.

Folgen der Untersuchung: Der Betriebsführer beauftragt die Reinigung der ganzen Anlage durch eine professionelle Modulreinigungsfirma. Bereits während der vier Tage andauernden Reinigung ist der höhere Strangstrom der gereinigten Modulstränge zu erkennen. Die Performance Ratio liegt einen Monat nach Abschluss der Reinigung wieder bei etwa 82 Prozent. Der Betrachtungszeitraum ist zwar recht kurz, es ist aber eindeutig, dass die Verschmutzung die wesentliche Ursache der Minderleistung war.

Ensibo Geschäftsführer Ulrich von Borstel

Ensibo ist ein unabhängiger Service-Dienstleister für die technische Betriebsführung von Solarkraftwerken und bietet kontinuierliches Monitoring, Störungsmanagement, Wartung und Reporting mit Geschäftsführer Ulrich von Borstel. Von Hamburg aus werden gut 100 Megawattpeak Anlagenleistung in Deutschland und Kasachstan überwacht. Mit eigenen Mitarbeitern führt Ensibo bundesweit wiederkehrende Inspektionen und Wartungen durch. Im Fehlerfall stehen zahlreiche lokale Elektropartner für schnelle und wirtschaftliche Instandsetzungen bereit.

Schlussfolgerung: In der Logistikhalle, auf der die Anlage errichtet ist, werden Autoreifen umgeschlagen. Das Öffnungsverhalten der Lichtkuppeln auf dem Dach zwischen den Modulen ist laut Hausmeister unverändert. In unmittelbarer Nachbarschaft liegt ein Betrieb, der Anthrazitkohle verarbeitet. Außerdem ist ein Kohlehafen in Sichtweite der Anlage. Somit ist sind die Module Ablagerungen von Reifenabrieb sowie Anthrazit- und Braunkohlestaub ausgesetzt. Alle drei Emissionen sind sehr lichtundurchlässig. Welche der drei naheliegenden Möglichkeiten letztlich die Ursache war, konnte nicht ermittelt werden. Vermutlich gab es eine Störung im Betriebsablauf eines des Betriebe. Im Unterschied dazu sind Verschmutzungen auf landwirtschaftlichen Betrieben deutlich weniger verschattend, obwohl diese nach Erfahrung der Betriebsführung von Ensibo optisch meistens einen viel stärker verschmutzen Eindruck machen.

 Aufwand der Fehlersuche:

Abschätzung der Kosten für die Fehlersuche, nachdem die geringere Performance Ratio entdeckt wurde:

  • Vor-Ort-Einsatz Techniker: 0,5 Manntage „Techniker“
  • Vor-Ort-Einsatz Ensibo: 1,5 Manntage „Ingenieur“ inklusive Messgräte

Abschätzung der Wartezeit, die nach Bemerken der geringeren Performance Ratio bis zur Identifikation der Verschmutzung vergangen ist:
5 Wochen

Reinigungskosten:
6.000 Euro

Ertragssteigerung:
43.000 Kilowattstunden pro Jahr, bei einer Einspeisevergütung von etwa 24 Cent pro Kilowattstunde sind das rund 10.000 Euro Mehrertrag pro Jahr.

pv magazine Serie Fehlersuche:

Wenn Sie sich an solch einer Kostenschätzung beteiligen wollen oder Anregungen zu einem effizienteren Umgang mit den Fehlern haben, freuen wir uns über eine E-Mail an michael.fuhs@pv-magazine.com (Stichwort „Fehlersuche“).

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