Mehrere Stimmen für einheitliche Verteilung der Netzkosten

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Die Entgelte für die Stromnetze steigen 2017 durchschnittlich deutlich an, entwickeln sich aber sehr unterschiedlich – zum einen im regionalen Vergleich, zum anderen mit Blick auf ihre strukturelle Aufteilung in Arbeits- und Grundpreis. Das zeigt eine aktuelle Kurzstudie im Auftrag von Agora Energiewende. Demnach verzeichnen vor allem ländliche Regionen mit hohem Erneuerbare-Energien-Zubau – insbesondere im Bereich der Windenergie – deutlich steigende Netzentgelte, während Städte in Regionen der Übertragungsnetzbetreiber Amprion und Transnet BW ihre bereits jetzt schon niedrigen Netzentgelte weitgehend aufrecht halten können.
Die Kurzanalyse zeigt darüber hinaus, dass viele Netzbetreiber tendenziell ihre Grundpreise stärker erhöhen als ihre auf Kilowattstunden bezogenen Arbeitspreise. Dies werde in der Regel mit einer verursachergerechten Wälzung der netzbezogenen Fixkosten begründet, gerade auch mit Blick auf Solarstrom-Eigenerzeuger. Faktisch würden durch diese Entwicklung jedoch Geringverbraucher viel stärker belastet als Großverbraucher wie etwa Bäckereien. Zudem erheben die untersuchten Netzbetreiber Agora Energiewende zufolge ausnahmslos keine Grundgebühr für besondere Stromverbraucher wie Elektromobilität oder Wärmepumpen. Dies sei nicht konsistent, da hierdurch die gleichen oder auch höhere fixe Netzkosten als in der Standardnutzung anfallen würden, etwa durch höhere Leistungsspitzen.
Aus energiewirtschaftlicher Sicht sind laut Agora Energiewende die wachsenden Unterschiede in Netzentgelthöhen und -strukturen nicht begründbar. „Die Antwort darauf ist, dass man die Netzentgelte bundesweit vereinheitlicht“, sagt Patrick Graichen, Direktor von Agora Energiewende. Dadurch würden die Netzentgelte auf dem Land und im Osten deutlich sinken, in der Stadt und im Westen aber nur leicht steigen. „Alles andere ist nicht gerecht, denn es bedeutet, dass die Menschen dort, wo die erneuerbaren Energien zugebaut werden, die Netzausbaukosten zu tragen haben, aber diejenigen, die den Erneuerbaren-Strom anderswo bekommen, nichts zu diesen Kosten beitragen.“
14 nordbayerische Stadtwerke haben sich bereits in einem offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel und den bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer gewandt und darin gefordert, die Kosten der Energiewende – konkret auch das Entgelt für Stromübertragungsnetze – solidarisch auf alle Stromverbraucher zu verteilen. Auf der eigens eingerichteten Websitehttp://www.energiewende-bezahlbar.de/ können Verbraucher eine entsprechende Online-Petition an den Deutschen Bundestag unterzeichnen. Getragen wird die Initiative „Energiewende bezahlbar“ von Stadt- und Gemeindewerken aus Bamberg, Coburg, Ebermannstadt, Ebersdorf, Erlangen, Fürth, Helmbrechts, Hollfeld, Lichtenfels, Miltenberg-Bürgstadt, Neustadt bei Coburg, Rödental, Stammberg und Weiden.
Die Position der Stadtwerke unterstützt Netzbetreiber Tennet. „Alle Stromverbraucher in Deutschland profitieren vom Netzausbau und den Netzstabilisierungsmaßnahmen im Übertragungsnetz in gleichem Maß. Einheitliche Netzentgelte würden für eine gleichmäßigere und fairere Verteilung der Energiewende-Kosten sorgen“, sagt Urban Keussen, Vorsitzender der Geschäftsführung. Für andere Kosten habe der Gesetzgeber in den vergangenen Jahren bereits eine gleichmäßige Verteilung an alle Netznutzer über die einzelnen Regelzonen hinweg beschlossen, um ungerechte Belastungen in einzelnen Regelzonen zu mildern. Dies gelte für die Kosten für Offshore-Netzanbindungen, die Mehrkosten für Erdverkabelung und die Kosten für Systembereitschaft. (Petra Hannen)

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