Türkei: Bewegung bei großen Photovoltaik-Anlagen

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Halk Enerji hat nach vierjähriger Entwicklungs- und Bauzeit im Oktober sein erstes lizenziertes Photovoltaik-Kraftwerk ans Netz gebracht. Die Anlage hat eine Leistung von 5,3 Megawatt und befindet sich in der Provinz Erzurum. Er sei erleichtert und froh, dass die Photovoltaik-Anlage nun angeschlossen sei, sagte Yalcin Adiyaman, Deputy General Manager von Halk Enerji. Damit sei der Weg frei für weitere Lizenzprojekte mit insgesamt etwa 600 Megawatt Leistung, für die die türkische Regierung im vergangenen Jahr Zuschläge vergeben hatte. Dabei seien zum Teil mehr als 900.000 Euro pro Megawatt geboten worden. Ob sich diese Anlage lohnen würden, müsse sich zeigen, sagt Adiyaman.

„Als Pionier in der türkischen Solarszene haben wir unser Wissen genutzt und zum Beispiel auf Erzurum gesetzt. Wir konnten die Lizenz für gut 19.000 Euro pro Megawatt ersteigern, also für einen Bruchteil dessen, was andere in vermeintlich besseren Regionen bezahlt haben“, so Adiyaman weiter. Er habe bewusst auf ein Projekt in der Provinz Erzurum gesetzt, auch wenn dort schwierige klimatische Bedingungen herrschten. Das Wetter sei eher kalt und die Anlage befände sich auf einer Höhe von 1800 Metern über dem Meeresspiegel. Doch wenn das Wetter gut ist, kann Adiyaman sich über hohe Erträge freuen. „Seit ein paar Tagen nehmen wir mit Freude zur Kenntnis, dass bei Sonnenschein fast 7.000 Kilowattstunden pro Megawatt am Tag produziert werden. Wenn es uns gelingt, die Anlage überwiegend schneefrei zu halten, dann erwarten wir sensationelle Produktionszahlen“, hofft er.

Für den erzeugten Solarstrom erhalte Halk Enerji eine Einspeisevergütung von 13,3 US-Dollarcent pro Kilowattstunde. Bei den derzeit gesunkenen Beschaffungskosten für Photovoltaik-Anlagen könne sich jeder die Rendite selbst ausrechnen, sagt Adiyaman. Halk Enerji sei bei diesem Projekt Entwickler, EPC und Investor zugleich.

In der Türkei dominierten bislang die lizenzfreien Photovoltaik-Anlagen bis ein Megawatt. Dabei bündelten Projektierer in dem Land solche Anlagen bereits und kamen damit auf Projekte zwischen fünf und zehn Megawatt Gesamtleistung. Nach Schätzung von Adiyaman werden bis zum Jahresende etwa 900 Megawatt Photovoltaik-Leistung ans türkische Netz angeschlossen sein. Das Marktpotenzial für dieses lizenzfreie Segment schätzt er auf weitere zwei Gigawatt. „Obwohl mehr als sieben Gigawatt Anträgen vorliegen, erwarte ich das die Mehrzahl der Projekte aufgrund verschiedener regulatorischer Erfordernisses es nicht bis zum Netzanschluss schaffen werden“, sagt Adiyaman.

Neben diesen Anlagen würde künftig wohl auch verstärkt Dachanlagen gebaut. Die Behörden hätten eine Reihe von Vereinfachungen angestoßen, die zu erkennbarer Bewegung in diesem Segment geführt hätte, so Adiyamans Einschätzung. Noch höher zu bewerten sei aber die anstehende Ausschreibung für ein Gigawatt der türkischen Regierung. Bis zum 12. Dezember könnten die Dokumente eingereicht werden und drei Tage später erfolge das Bieterverfahren. Es gehe dabei um einen Stromabnahmevertrag mit 15 Jahren Laufzeit. Der Höchstpreis sei auf 8,0 Cent pro Kilowattstunde festgelegt worden.

„Die Versteigerung erfolgt auch unter der Maßgabe, dass die verwendeten Module in der Türkei produziert werden müssen“, erklärt Adiyaman. Die Ausschreibung beinhalte den Aufbau einer integrierten Modulfertigung mit einer jährlichen Kapazität von 500 Megawatt innerhalb von 18 Monaten. Für den Bau der Photovoltaik-Anlage mit einer Gesamtleistung von einem Gigawatt blieben dann noch 36 Monate. Der Anteil der lokalen Fertigung für die ersten 500 Megawatt müsse bei mindestens 65 Prozent liegen, bei den restlichen 500 Megawatt dann über 75 Prozent, sagt Adiyaman zu den Ausschreibungsbedingungen. Diese sähen auch vor, dass ein Forschungs- und Entwicklungszentrums über die gesamte Vertragslaufzeit mit einem Mindestbudget von neun Millionen Euro jährlich betrieben werden müsse.

Die türkische Regierung habe als Voraussetzung für die Teilnahme aufgenommen, dass Hersteller über die vergangenen drei Jahre eine integrierte Gesamtproduktion von mehr als drei Gigawatt nachweisen müssen. Damit kämen nicht viele Produzenten weltweit in Frage, so Adiyaman weiter. Zudem müsse ein türkischer Gesellschafter mindestens 25 Prozent der Geschäftsanteile halten. Für Adiyaman ist damit klar, dass internationale Modulhersteller sich einen türkischen Partner suchen müssten, um an der Ausschreibung teilzunehmen. „Das zeigt, wie ernst es der türkischen Regierung ist, die Solarindustrie im eigenen Land voranzutreiben. Wer am Ende die Ausschreibung gewinnen wird, kann ich nicht absehen. Gute Chancen haben wohl ein paar fernöstliche Player und womöglich ein amerikanischer Dünnschichthersteller“, so Adiyamans Tipp. Das Investitionsvolumen werde wohl insgesamt bei rund 900 Millionen Euro liegen. Für die Ausschreibungsteilnahme müsse eine Bankbürgschaft über 45 Millionen Euro vorgelegt werden. „Die Finanzierung als Gesamtkomplex ist wohl die größte Herausforderung in diesem Projekt.“

Allerding müsse auch „das Kleingedruckte“ genau gelesen werden. So erwartet die türkische Regierung, dass auch die verwendeten Wechselrichter mit einem Anteil von mindestens 51 Prozent in der Türkei produziert würden. „Ob das insgesamt der „Bankability“ zuträglich ist, bleibt abzuwarten“, sagt Adiyaman. Angesichts der derzeit rasant sinkenden Preise bei Ausschreibungen erwartet er, dass der auktionierte Strompreis bei etwa 5,0 US-Dollarcent pro Kilowattstunde liegen werden. (Sandra Enkhardt)

Mehr zur internationalen Preisentwicklung bei Ausschreibungen und speziell auch in Deutschland finden Sie in der November-Ausgabe des pv magazine Deutschland. Das Heft erscheint am 7. November.

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