Die Energiewende ist eine große Herausforderung, und im Kleinen, so ist Chris Werner überzeugt, setzt er sie gerade beispielhaft um. Er stattet zusammen mit Daniel Zschuckelt und einem weiteren Partner beim Wohnobjekt „Passendorfer Schloss“ in Halle nicht nur ein Mehrfamilienhaus mit kombinierten regenerativen Energiequellen aus, sondern gleich mehrere und verbindet diese zu einem Microgrid. „Wir haben alle größeren Trends umgesetzt, die für die Energiewende nötig sind“, sagt Werner. Dabei sinken nach seinen Kalkulationen die Energiekosten – nur im Vergleich zur Versorgung durch das örtliche Stadtwerk – um 15 Prozent.
Zusammen treten sie unter dem Namen Solartechnik Mitteldeutschland auf und haben sich für den pv magazine award und für den Installation Innovation Award (Seite 61) beworben. Die Jury des pv magazine awards hat die Bewerbung überzeugt und den Preis in der Kategorie top business model verliehen.
Das Mehrfamilienhaus mit 14 Wohnungen, dazu zwölf Wohnungen in einem Reihenfamilienhaus und sechs weitere Wohnungen sind derzeit im Bau und werden ab Herbst durch eine Ost-West-Photovoltaikanlage mit 80 Kilowatt und ein Pellet-BHKW mit 20 Kilowatt Leistung versorgt. Es ist außerdem mit einem Smart-Meter-Netzwerk von Discovergy ausgestattet. „Es gibt ein Real-Time-Monitoring des Verbrauchs“, sagt Werner. „Die Blackbox des Energieverbrauchs wird damit aufgemacht.“ Studien zeigen, dass diese Transparenz maßgeblich zu Energieeinsparungen und Effizienz beiträgt. In den USA gibt es erfolgreiche Start-ups wie Opower und Bidgely, deren Geschäftsmodell genau darauf aufbaut. Hier ist es nicht im Eigenheim, sondern für Mehrfamilienhausbewohner umgesetzt.
In dem Projekt werden Wärme- und Stromversorgung zusammen umgesetzt. Dazu gibt es einen größeren Wärmespeicher. Er nimmt den solaren Überschussstrom auf. „Es gibt keine Notwendigkeit einzuspeisen, wenn der Solarstrom nicht verbraucht wird“, sagt Werner. Das Projekt sei nicht stromoptimiert, nicht wärmeoptimiert, sondern optimiert auf das Gesamtenergiesystem. Die Photovoltaikanlage fungiere als Herz des Energiesystems. Abhängig von der Erzeugung werden Pelletkessel, Pellet-BHKW, Heizung mit solarem Überschussstrom und Reststrombezug gesteuert.
Die Herausforderungen liegen im Detail. Das gilt auch für das Regulatorische, das bei den neuen Geschäftsmodellen nicht immer eindeutig ist. Der Umsetzung sind entsprechende Gespräche mit der Landesregulierungsbehörde vorausgegangen. Die Bewohner im Objektnetz bekommen nun einen eigenen Stromlieferungsvertrag, 75 Prozent des Stromes werden, so die Kalkulationen, vor Ort produziert. Wenn man die Wärmeversorgung dazunimmt, sind es sogar 85 Prozent der gesamten Energie. Die Autarkie könnte noch höher sein, doch das BHKW wird im Sommer abgeschaltet, da die Kosten für die Bewohner sonst steigen würden. Für den nicht durch die Photovoltaikanlage gedeckten Stromverbrauch wird dann Ökostrom von EWS Schönau eingekauft.
Da nicht nur die Bewohner durch das Energiekonzept Geld sparen, sondern auch die Investoren daran verdienen, könnte das Wohnobjekt „Passendorfer Schloss“ ein Konzept aufzeigen, um eine der Herausforderungen der Energiewende zu meistern. Zum einen herrscht weitgehende Einigkeit darüber, dass es für Mieter in Mehrfamilienhäusern eine analoge Beteiligungsmöglichkeit geben muss wie durch den Eigenverbrauch für die Einfamilienhausbesitzer. Zum anderen ist klar, dass für die nötigen Ausbauziele die Dachflächen der Mehrfamilienhäuser in großem Maßstab für Photovoltaikanlagen erschlossen werden müssen. Werner sieht sogar die Möglichkeit, dass sein Projekt diesbezüglich als Vorlage für ein Geschäftsmodell für EVUs dienen kann.
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