Eine weitere Entscheidung gegen Solarworld im Polysilizium-Streit

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Viele dürften die Entscheidung des US-Bundesgerichts als schweren Rückschlag für Solarworld interpretieren. Sie fällt zu Gunsten des Silizium-Herstellers Hemlock Semiconductor aus, mit dem sich Solarworld in einem Rechtsstreit über viele Hundert Millionen Euro befindet.

Bei der jetzigen Entscheidung, einem so genannten "summary judgement" handelt es sich noch nicht um ein Urteil in der Sache, sondern zum weiteren Prozedere. Demnach wird keine Jury notwendig sein, um das Urteil zu fällen. Die Voraussetzung dafür ist jedoch, dass es nach Einschätzung des Gerichts keinen Disput über Fakten gibt und dass die Beweislage eindeutig ist. Das sieht der Richter demnach als gegeben an. Auf die Beweislage geht der Richter in dem veröffentlichten Memorandum „Opinion and Order“ des Gerichts, das pv magazine vorliegt, detailliert über 40 Seiten ein.

In dem Memorandum argumentiert der Vorsitzende Richter Thomas Ludington, dass Solarworlds Argumente, nicht an die Lieferverträge mit Hemlock gebunden gewesen zu sein, die zwischen 2005 und 2007 geschlossen wurden, nicht zutreffen. Er legt dar, wie aus Sicht des Gerichts die Verhandlungen zwischen Solarworld und Hemlock im Jahr 2013 aus dem Ruder liefen. Hemlock wollte zu dieser Zeit, dass sich Solarworld im Handelsstreit zwischen den USA und China gegen Einfuhrzölle ausspricht und eine andere Lösung des Handelsstreits anstrebt. Als Solarworld dem nicht in vollem Umfang nachkam, sei der Streit demnach eskaliert.

Für viele Solarzellenhersteller war es problematisch, wenn sie längerfristige Lieferverträge abgeschlossen hatten, als der Marktpreis von Polysilizium gesunken ist. Soverklagt Hemlock auch JA Solar, mit Yingli Green Energy hat sich Hemlock außergerichtlich geeinigt.

Richter Ludington weist in dem Memorandum eine Reihe von Argumenten von Solarworld zurück, darunter auch die von Solarworld vertretene Auffassung, dass Schaden der nicht erfüllten "take-or-pay"-Verträge für Polysilizium niedriger sei als die von Hemlock genannte Summe von rund 588 Millionen US-Dollar (mit Zinsen bei 770 Millionen US-Dollar). Der tatsächliche Gewinnausfall liege danach nur bei 392 Millionen US-Dollar, unter anderem weil nicht verkauftes Silizium ja auch nicht produziert werden muss. Doch zum einen, so das Gericht, seien es eben gültige"take-or-pay"-Verträge gewesen, zum anderen habe Deutsche Solar keine eigene Schadensrechnung durchgeführt.

Die Begründung enthält eine ausführliche Diskussion des Falles und der relevanten Rechtsprechung. Sie geht auch auf Solarworlds Versuche ein, die Lieferverträge nach zu verhandeln, und die internen Kommunikation von Hemlock zur ihrer Anpassung an die Marktpreise.

Das Gericht geht auch auf die Auffassung von Solarworld ein, dass die Lieferverträge angesichts der „illegalen“ Markteingriffe chinesischer Hersteller in den US-Markt „nicht praktikabel“ gewesen seien. Dieses Argument wurde auch von Kyocera in einem ähnlichen Rechtsstreit mit Hemlock vorgebracht. Das Gericht hatte diese Auffassung zurückgewiesen.

Hemlock soll nun bis zum 22. Juli 2016 alle durch den Streit entstandenen Schäden beim Gericht melden.

Die jetzt veröffentlichte Auffassung des Gerichts kommt nicht ganz überraschend. Die US-Richter hatten bereits SolarworldsAntrag auf eine zusätzliche Anhörung abgewiesen, wie pv magazine berichtete. Auf der Hauptversammung Anfang Juli hatist Solarworld darauf eingegangen, wie es den Prozess einschätzt und, warum der Bestand des Unternehmens nicht für gefährdet sei, selbst wenn in erster Instanz ein Urteil gegen Solarworld fällt.

Im Geschäftsbericht 2015 sieht Solarworld jedoch auch, dass eine endgültige Verurteilung auf Zahlung der geforderten etwa 750 Millionen US-Dollar „erhebliche negative Auswirkungen auf die Liquiditätslage bis hin zur Bestandsgefährdung“. Bis Ende 2015 hatte der Bonner Solarkonzern dafür Verurteilung kaum Rückstellungen gebildet.

Solarworld hat auf die jüngste Entscheidung des Bundesgerichts mit einerAd hoc Erklärung reagiert.

(Jonathan Gifford, übersetzt und angepasst von Mirco Sieg)

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