Angeführt von Solarpower Europe haben sich am Dienstag 34 Solar- und Erneuerbaren-Verbände an die EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström gewandt. Sie fordern in einem Brief ein Ende der Handelssanktionen für die chinesischen Photovoltaik-Hersteller. Seit Dezember 2013 gilt für diese das sogenannte Undertaking, in dem Mindestimportpreise und Einfuhrvolumen für kristalline Photovoltaik-Zellen und Solarmodule aus China festgelegt sind. Hersteller, die aus dem Undertaking ausgeschlossen wurden oder wie Trina Solar freiwillig sich zurückzogen, gelten Anti-Dumping- und Anti-Subventionszölle von etwa 50 Prozent bei Einfuhren in EU-Länder. Derzeit prüft die EU-Kommission, ob die Maßnahmen verlängert werden oder auslaufen. Eine Entscheidung dazu wird spätestens Anfang März 2017 fallen. Bereits vor Eröffnung der Auslaufprüfung im Dezember 2015 hatte sich Solarpower Europe gemeinsam mit Organisationen aus verschiedenen EU-Ländern an Malmström gewandt und das Auslaufen der Maßnahmen gefordert.
Diese Maßnahmen sollten sofort beendet werden, heißt es in dem Brief. Sie hätten negative Auswirkungen auf die gesamte Photovoltaik-Wertschöpfungskette, Jobs und den Markt in Europa. Europa sei weltweit mittlerweile zu einem sehr kleinen Markt geworden, während Photovoltaik weltweit boome. 2010 sei Europa noch für etwa 80 Prozent der globalen Installationen verantwortlich gewesen; 2015 nur noch für etwa 15 Prozent, heißt es in dem Schreiben.
Das Undertaking und damit die Mindestimportpreise und Zölle in Europa gelten für die chinesischen Photovoltaik-Hersteller erst seit Ende 2013. Der Marktrückgang bis dahin bleibt unerwähnt. In dem Schreiben an die EU-Handelskommissarin wird aber darauf verwiesen, dass sich in den vergangenen Jahren auch das regulatorische Umfeld stark geändert habe. So verlange die EU-Kommission vermehrt den Umstieg auf Ausschreibungen für Photovoltaik-Anlagen, bei denen der Preis ein Schlüsselelement sei. Mit Mindestimportpreis und Zöllen würden diese Preise aber erhöht, was für die Wettbewerbsfähigkeit von Solar in Ausschreibungen kontraproduktiv sei. Während weltweit die Preise für Solarmodule fielen, stiegen sie in Europa durch die Handelsbarrieren, heißt es in dem Schreiben weiter.
Nach Aussagen von Solarpower Europe hätten die Maßnahmen auch nicht zu Steigerungen bei Jobs und Modulproduktion in Europa geführt. Letztere sei zwischen 2014 und 2015 nochmals um 20 Prozent zurückgegangen. Gegenspieler EU Prosun – das sich für ein Weiterlaufen des Undertakings stark macht – hatte während der Intersolar Europe eine Erhebung gezeigt, wonach die Modulproduktionskapazitäten im vergangenen Jahr zwar leicht zurückgegangen seien, aber die Auslastung der Produktionen wieder etwas gestiegen sei. Die Modulproduktion sei demnach auf etwas mehr als vier Gigawatt in Europa angewachsen. Zudem geht EU Prosun von einer Steigerung auf etwa fünf Gigawatt in diesem Jahr aus. Daneben gebe es neue angekündigte Zellproduktionen in Europa.
In dem Schreiben werden von den Vereinigungen nun gezieltere industriepolitische Maßnahmen gefordert, von denen eben auch die Modulhersteller in Europa profitieren könnten. Die größte Herausforderung für die Hersteller sei es eine ausreichende Größe zu erreichen, um wettbewerbsfähig zu sein. Zugleich sollten die Maßnahmen auch dazu führen, dass der Downstream-Bereich profitiere. Er sei immerhin für rund 85 Prozent der Jobs und der Bruttowertschöpfung verantwortlich, heißt es in dem Schreiben. „Wir brauchen einen besseren, spezifischeren Ansatz, um die Modulhersteller in Europa zu unterstützen, Handelsmaßnahmen sind nur ein stumpfes Instrument, das mehr als 80 Prozent der Solarjobs in der Herstellung und alle Arbeitsplätze im Downstreambereich schädigen. Die Kommission muss einen neuen Weg entwickeln, um Solar ohne Handelszölle und Preismechanismen wieder nach vorne zu bringen“, erklärte James Watson, CEO von Solarpower Europe. In dem Schreiben wird auch davor gewarnt, dass die EU-Kommission ihre Klimaschutzziele, die einen Anteil von 27 Prozent Erneuerbaren bis 2030 vorsehen, nur schwer erreichen werde angesichts des lahmenden Photovoltaik-Marktes.
Der Brief ist unterzeichnet von Organisationen aus 20 EU-Ländern. Auffällig ist, dass der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) nicht als Unterzeichner aufgeführt ist, dafür aber die Vereinigung SAFE, die im vergangenen Jahr vornehmlich von deutschen Projektierern gegründet wurde und sich vehement für ein Ende des Undertakings stark macht. Nach Angaben von Solarpower Europe würden die Organisationen mehr als 1,3 Millionen Arbeitsplätze in Europa und mehr als 120.000 europäische Firmen vertreten. Wie der BSW-Solar haben auch die Verbände aus Frankreich und Spanien den Brief nicht unterzeichnet, die aber neben Deutschland zu den größten europäischen Photovoltaik-Märkten gehören.
Milan Nitzschke, Präsident der Solarworld geführten Vereinigung EU Prosun, verwies darauf, dass sich 18 beziehungsweise 20 von 20 durch die EU-Kommission befragten europäischen Zell- und Modulhersteller für die Eröffnung der Auslaufprüfung stark gemacht haben. Nach einer aktuellen Befragung durch den Europressedienst sei auch mehr als die Hälfte der befragten europäischen Installateure für eine Verlängerung der Anti-Dumping- und Anti-Subventionsmaßnahmen, wenn weiterhin Verstöße chinesischer Photovoltaik-Hersteller vorlägen. Nitzschke glaubt daher nicht, dass Solarpower Europe und die mitzeichnenden Organisationen mehrheitlich den Photovoltaik-Upstream- und –Downstreambereich repräsentierten. Er vermutet eher die Interessen der chinesischen Hersteller und großen Importeure dahinter. „Diese Interessensvertretung ist legitim. Nicht legitim ist, so zu tun, als ob der Solarpower Europe die Mehrheit der Installateure und Industrie vertritt“, meint Nitzschke. Jeder Marktteilnehmer wisse, dass es klare Regeln brauche, die auch angewendet werden müssten. “In diesem Fall geht es um klare Regelungen gegen staatlich subventioniertes Dumping aus China.“
Nitzschke hatte vor knapp zwei Wochen auf der Intersolar Europe die Gegner des derzeit geltenden Undertakings aufgefordert, bei der EU-Kommission direkt Änderungsvorschläge für den Mechanismus zur Ermittlung der Mindestimportpreise einzureichen. Brüssel entscheide derzeit nur, ob der Mindestimportpreis weiterlaufe oder nicht. Sollte es zu einer Verlängerung kommen, würde der bisherige Mechanismus beibehalten. Für Änderungsvorschläge müssten Bearbeitungszeiträume von etwa einem Jahr bei der EU-Kommission einkalkuliert werden. „Am Mindestpreis selbst wird sich aber nichts ändern und wenn keine Vorschläge kommen, dann werden die 56 Cent bis zum Sankt Nimmerleinstag gelten“, betonte Nitzschke bereits in München. EU Prosun selbst war bereits mit einem Vorschlag, den Preismechanismus zu ändern, in Brüssel gescheitert. (Sandra Enkhardt)
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