Mobiler Strom für unterwegs

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Für Knut Hechtfischer liegt die Geschäftsidee sozusagen in der Luft. „Wenn man mehr E-Mobile auf die Straße bringen will, braucht man eine gute Ladeinfrastruktur – die aber hat bislang ein Kostenproblem“, sagt der Co-Gründer von Ubitricity. Das will das bereits 2008 existierende Berliner Start-up ändern. Strom ist überall, also soll auch das Laden überall möglich sein. Der Firmenname ist Programm: Ubitricity kommt von Ubiquität und Elektrizität – also für nicht an einen Standort gebundene Energie. Für diesen Ansatz, der die noch aus fossilen Zeiten stammende Extrafahrt zur Tankstelle aufbricht, erhält es den pv magazine award in der Kategorie „top innovation“.
Zwei Dinge muss ein Ladepunkt leisten: Strom bereitstellen und ihn abrechnen. Beides muss am Ladepunkt, jedoch nicht in einem Gerät stattfinden. Kernidee ist der Einsatz mobiler Stromzähler und Mobilfunktechnik im Ladekabel oder im Elektrofahrzeug selbst. Gemessen, abgerechnet und kommuniziert wird nicht über einen an den Ladepunkt gebundenen Zähler. Stattdessen steckt die Technologie zur Steuerung des gesamten Ladevorgangs – von der Ladefreigabe und Verbrauchsmessung bis zur Übermittlung der Verbrauchsdaten für die Rechnungserstellung – in dem intelligenten Kabel. Der Ladepunkt selbst ist eine vergleichsweise dumme Systemsteckdose. Es handelt sich um spezielle, aber technisch einfache Steckdosen, die in Wände und sogar in Masten von Straßenlaternen eingebaut werden können, was die Kosten für die Ladeinfrastruktur im öffentlichen Raum zusätzlich senkt.
Vorteil für die Fahrer: Sie laden überall auf eine Rechnung und können ihren persönlichen Stromtarif dank des smarten Kabels zu den Ladepunkten mitbringen. Das Kabel ist laut Ubitricity kompatibel zur Standardladeinfrastruktur von Drittanbietern, sodass nur ein intelligentes Kabel für alle Ladepunkte benötigt wird – allerdings gelten in dem Fall die Stromtarife des jeweiligen Anbieters. Parkzeiten werden so optimal als Ladezeiten genutzt, Fahrten zur Tankstelle hinfällig. Die Herausforderungen bei solchen Projekten sind jedoch groß, da der Ansatz neu ist – entsprechend viel Überzeugungsarbeit muss Ubitricity leisten. Investoren mögen aber die Idee. Das Unternehmen hat in mehreren Finanzierungsrunden über zehn Millionen Euro eingesammelt, unter anderem vom Bundeswirtschaftsministerium und dem VC Fonds der Investitionsbank Berlin, dem Wagniskapitalfonds Earlybird Venture Capital, dem Unternehmer Heinz Dürr sowie EDF Deutschland.
Aktuell erweitert die Berliner Firma ihr System um das solargeführte Laden als weitere Verknüpfung von Ökostrom und E-Fahrzeugen. Die Vernetzung des Einspeisezählers einer Photovoltaikanlage mit dem Smartcable ermöglicht das gesteuerte Laden. Grundlage ist die aktuelle Einspeiseleistung der Solaranlage, nicht der Standort – so soll bald der Strom aus der heimischen Solaranlage auch am Arbeitsplatz geladen werden können. E-Mobile stehen nur dann dem Netz als regelbare Verbraucher oder Speicher optimal zur Verfügung, wenn sie möglichst während jeder längeren Parkzeit smart mit dem Netz verbunden werden können. Konventionelle Ladesäulen sind dafür nach Meinung von Ubitricity flächendeckend zu teuer.
Nicht nur in Berlin und London wird die Technik getestet, sondern auch in Hamminkeln, Iserlohn und Bensheim. Ein kompletter Ladevorgang für einen Laternenparker dauert im Mittel fünf Stunden. Entgegen landläufiger Meinung sind Straßenlaternen eine gute Anschlussstelle für die Systemsteckdosen – nicht nur, weil man in der Regel darunter gut parken kann. Wenn die städtische Beleuchtung direkt im Verteilnetz betrieben wird, sind die Masten meist redundant angebunden. In vielen Städten liegt sogar in jeder Laterne eine dauerbestromte Phase als Reserve. Wenn das Beleuchtungsnetz zwar mehrphasig ausgelegt, aber zentral geschaltet ist, besteht oft die Möglichkeit, eine Phase von der Beleuchtung zu befreien und mit Dauerstrom für die Systemsteckdosen zu versorgen.
Stadtwerke gehören zu den ersten Interessenten. Sie wollen ihren Kunden ermöglichen, ihre E-Mobile an vielen Orten aufzuladen, und stellen ihnen dafür sogar das intelligente Ladekabel zur Verfügung. Ubitricity hat aber auch Firmenflotten im Blick: Dank des mobilen Abrechnungssystems können die Mitarbeiter die Autos auf dem Firmenparkplatz, zu Hause oder unterwegs aufladen, und die Firma bekommt für jedes Fahrzeug eine verbrauchsgenaue Abrechnung.
Knut Hechtfischer ist sicher, dass die Zahl der E-Autos spätestens ab 2017 sprunghaft steigen wird: Die Batterien und mit ihnen die Reichweiten der Fahrzeuge werden immer besser, zugleich sinken die Kosten. „Wenn das System einfach ist und überall verfügbar, dann setzt sich Elektromobilität auch in Deutschland bald durch.“ Einfach und überall verfügbar – das überzeugte die Jury des pv magazine award. 

pv magazine award

Preis für gute Ideen: In der Junirunde haben zwei Einreichungen die Juroren überzeugt.
Seit der letzten Runde im März bewarben sich acht Unternehmen mit ihren Ideen neu für den pv magazine award, dazu waren noch zwei weitere in der Pipeline. Zwei Bewerbungen haben die Juroren Volker Quaschning, Professor für regenerative Energiesysteme an der HTW Berlin, Hans Urban, Prokurist und Leiter Solartechnik des Montagesystemherstellers Schletter, und Winfried Wahl, Senior Manager RRC Power Solutions, in dieser Runde besonders überzeugt.
Ubitricity
Ubitricity ist seit acht Jahren dabei, ein wirklich alternatives System zu entwickeln, mit dem Elektroautos überall geladen werden können. Das ist wichtig, denn die Energiewende kann nur gelingen, wenn bald fast alle Autos nur mit Strom fahren. Insbesondere in Großstädten, eigentlich wie gemacht für die Elektromobilität, haben die Bewohner wenige Möglichkeiten, ihre Autos zu laden. Ubitricity will den Zähler von der Ladesäule trennen und dem Besitzer in die Hand geben. Damit kann er dann überall laden, wo es eine geeignete Steckdose gibt, zum Beispiel in Parkhäusern, Tiefgaragen oder an Laternen, und zu seinem Tarif abrechnen. Das könnte wiederum viele Möglichkeiten eröffnen, auch Solarstrom in den Tank zu bekommen. Die Einfachheit der Idee, die Hartnäckigkeit, mit der Ubitricity diese verfolgt, und die Relevanz für die Energiewende haben die Jury überzeugt, das Vorhaben mit dem pv magazine award in der Kategorie „top innovation“ auszuzeichnen.
Africa Green Tec
Speichercontainer werden inzwischen immer öfter vorgestellt. Africa Green Tec hat einen solchen mit allem verbunden, was zum Kern eines Mini-Grids dazugehört. Inklusive einer mobilen, klappbaren Photovoltaikanlage. Das kann für Investoren wichtig werden, denn so lässt sich die Anlage bewegen, wenn an einem Ort die Refinanzierung nicht funktioniert. Dem Unternehmen ist es gelungen, über Crowdfunding ein Dorf in Mali damit auszustatten. Das könnte sich als Trend erweisen, andere Firmen planen ähnliche Projekte. Damit spielt Africa Green Tec vorne mit bei einer Entwicklung, die Solartechnik nutzt, um vielen Menschen zu einem besseren Leben zu verhelfen. Das hat die Jury überzeugt, dem Unternehmen den pv magazine award in der Kategorie „top business model“ zu verleihen.
Bisherige Preisträger Bisher haben Greenergetic, die Energiegenossenschaft Egis, Buzzn – the people power, DGS-Franken, Mobisol, das Grünstromwerk, DZ-4 und Suntility den Preis in der Kategorie „top business model“ gewonnen. RES, Laudeley Betriebstechnik, Strombank, Endreß & Widmann, E3/DC und Qinous wurden mit dem Preis in der Kategorie „top innovation“ ausgezeichnet.
Mehr Informationen zu den Kriterien, zu den bisherigen Preisträgern, zu den Juroren und alles Nötige, falls Sie sich bewerben wollen, finden Sie hier:www.pv-magazine.de/award Der nächste Einsendeschluss ist am 10. August.
Der pv magazine award kooperiert mit der Crowdfunding-Plattform Econeers, die den Bewerbern und Gewinnern eine Beratung zu Finanzierungsmöglichkeiten ihrer Projekte und Geschäftsmodelle anbietet. Informationen dazu finden Sie auch auf der Webseite des awards.

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