EEG-Referentenentwurf stößt auf viel Kritik

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Voraussichtlich in den kommenden Tagen wird das Bundeswirtschaftsministerium offiziell den Referentenentwurf für die geplante EEG-Reform in diesem Jahr vorlegen. Grundlegender Wille der Bundesregierung ist es dabei die Förderung von erneuerbaren Energien von Einspeisetarifen auf Ausschreibungen umzustellen. Bereits in den im vergangenen Jahr veröffentlichten Eckpunkten zeichnete sich ab, dass dies die Energiewende in Deutschland weiter abwürgen könnte.

Für die Photovoltaik ist auch im Referentenentwurf, der pv magazine vorliegt, weiterhin eine Bagatellgrenze von einem Megawatt bei den Ausschreibungen vorgesehen. Dabei sind gemeinsame Ausschreibungen für Freiflächen- und Dachanlagen geplant. „Eine niedrigere Freigrenze führt zu einem hohen administrativen Aufwand“, heißt es im Entwurf mit Verweis auf die tausenden kleinen und mittleren Photovoltaik-Anlagen, die Ausschreibungen sehr aufwändig machen würden. Auch mit Blick auf den Erhalt der Akteursvielfalt plädiert das Bundeswirtschaftsministerium für die Freigrenze bis einem Megawatt. Zudem sei „der Grad der Professionalisierung“ bei meisten Akteuren, die Dachanlagen realisierten, „sehr viel geringer als bei Akteuren im Freiflächenbereich“, heißt es.

Mit Blick auf den Eigenverbrauch, der gerade im Segment von Photovoltaik-Dachanlagen mit einer Leistung bis einem Megawatt für die Investitionsentscheidung eine sehr hohe Bedeutung habe, sei es ebenfalls ratsam an der Bagatellgrenze festzuhalten. Ansonsten würde sich der „zu beobachtende Markteinbruch voraussichtlich noch verstärken“, heißt es in dem Entwurf weiter. Eine Zulassung von Eigenverbrauchsanlagen bei den Ausschreibungen sei überdies problematisch, da sie den Wettbewerb verzerren würden. Diese Auffassung des Bundeswirtschaftsministeriums wird von der deutschen Solarbranche mit Wohlwollen geteilt. „Bislang scheint es der Branche gelungen zu sein, dramatische Verwerfungen abzuwehren“, hieß es aus gut informierten Photovoltaik-Kreisen. Allerdings dürfe der Referentenentwurf auch nicht überbewertet werden, da er noch das komplette parlamentarische Verfahren durchlaufen müsse und viele Hürden zu nehmen seien.

Ein Indiz dafür dürfte bereits der Brief von vier Unionspolitikern an den Chef des Bundeskanzleramts und ehemaligen Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) sein. Die Abgeordneten Michael Fuchs, Georg Nüßlein, Joachim Pfeiffer und Thomas Bareiß fordern darin, bei der Festlegung der Ausschreibungsmenge für die erneuerbaren Energien „auf Sicht zu fahren“. Dies bedeutet, dass Volumen nur für 2019 und 2020 festgelegt werden sollen, nicht bis 2025 und sich diese „streng an dem Korridor orientieren“ müssten, der für den Anteil erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch festgeschrieben sei. Faktisch kommt dies einem Ausbaustopp gleich, da sich dieser Korridor bei 32,6 bis 37,6 Prozent bis 2020 bewegt und die Erneuerbaren im vergangenen Jahr schon etwa einen Anteil von einem Drittel erreicht haben.

Die Unionspolitiker begründen diese Maßnahme auch mit dem Netzausbau, der nicht Schritt gehalten habe. Ähnlich hatteBundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) am Dienstag auf der Handelsblatt-Tagung in Berlin argumentiert. Auch er wiederholte mehrfach, dass die Schere zwischen dem Ausbau der Netze und der erneuerbaren Energien nicht weiter auseinander gehen dürfe. Zudem erklärte er „den Welpenschutz für die erneuerbaren Energien“ für beendet.

In Unionspolitiker fordern in ihrem Schreiben an Altmaier verschiedene Maßnahmen, um einen weiteren Boom bei der Windkraft zu unterbinden. Auch sprechen sie sich gegen eine Aufhebung des Deckels von 52 Gigawatt bei der Solarförderung und einer Absenkung der Bagetellgrenze für Photovoltaik-Anlagen bei den Ausschreibungen aus. „Angesichts eines PV-Anteils von weit über 10 Milliarden Euro an der EEG-Umlage und angesichts der wachsenden Vermarktungsprobleme von PV-Strom (die EEG-Mittelfristprognose sieht seinen Marktwert bereits im Jahr 2020 im unteren Szenario nur noch bei 73% des Durchschnittspreises) darf an dem Deckel nicht gerüttelt werden. Auch die sogenannte Bagatellgrenze von einem Megawatt bei den Ausschreibungen ist zu hoch“, heißt es in dem Schreiben. Aus ihrer Sicht sollten „erste Schritte in Richtung auf technologieübergreifende Ausschreibungen“ erfolgen. „Dies ist der einzige Weg, in eine wirklich effiziente Förderung zu kommen“, so die Unionspolitiker. Unionsfraktionsvize Michael Fuchs hatte bereits kurz zuvor Gabriel zu Sofortmaßnahmen aufgefordert, um einfinanzielles Desaster bei der Energiewende abzuwehren.DIW-Wissenschaftlerin Claudia Kemfert bezeichnete dies als neuerliche "Gespensterdebatte" über die Kosten der Energiewende und warb zugleich für weitere Investitionen in die erneuerbaren Energien.

Bei den Grünen sieht man in dem Schreiben der Unionspolitiker den Versuch, „sofort einen faktischen Ausbaustopp für erneuerbare Energien bis 2020“ zu verhängen. „Die vorgeschobene Begründung für den verlangten Ausbaustopp, der Netzausbau komme nicht schnell genug voran, ist fadenscheinig“, erklärten der Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer und die energiepolitische Sprecherin Julia Verlinden auf Anfrage von pv magazine. Angesichts des neuerlichen Rekordüberschusses beim Stromexport könnten Braunkohlekraftwerke schneller abgeschaltet werden. Dann seien auch mehr Netzkapazitäten für erneuerbare Energien frei. „Wir fordern Wirtschaftsminister Gabriel und Kanzlerin Merkel auf, diesem Dolchstoß auf die Erneuerbaren ein klares Machtwort entgegenzusetzen", erklärten Krischer und Verlinden weiter.

Während der Photovoltaik-Zubau in Deutschland bereits massiv zurückgegangen ist, fürchten Grüne und Greenpeace nach der EEG-Reform auch einen massiven Einbruch bei der Windenergie, wenn Ausschreibungen eingeführt werden. Die Grünen kritisieren: „Mit einer solchen EEG-Novelle macht Deutschland die Rolle rückwärts.“ Bei Greenpeace wird der Entwurf als „erster Sündenfall nach dem Weltklimaabkommen in Paris“ und als „Experiment mit ungewissem Ausgang“ gesehen.

„Sigmar Gabriel will den Ausbau der Erneuerbaren Energien in Zukunft restriktiv begrenzen. Damit drosselt er ohne Not den wichtigsten Motor der Energiewende“, erklärten Krischer und Verlinden. „Die geplante Obergrenze spielt die erneuerbaren Energien gegeneinander aus und wird am Ende zulasten der Windenergie an Land gehen. Die vollständige Umstellung auf Ausschreibungsverfahren würgt außerdem die Bürgerenergiewende ab“, so die Grünen-Politiker weiter.

Diese Einschätzung teilen auch Vertreter von Greenpeace und Greenpeace Energy. Der Entwurf bleibe die Antwort schuldig, wie die Bürgerenergie bei den Ausschreibungen konkurrenzfähig bleiben solle, so der Leiter Politik und Kommunikation von Greenpeace Energy, Marcel Keiffenheim. Die wenigen Zuschläge für Genossenschaften bei den Pilot-Ausschreibungen für Photovoltaik-Freiflächenanlagen sei noch längst kein Beweis, dass die Akteursvielfalt im Windbereich gesichert werden könne. „Wir fordern deshalb, die ersten Ausschreibungsrunden genauestens zu evaluieren. Sollte sich herausstellen, dass das Ausschreibungssystem dazu beiträgt, Bürgerenergie-Akteure aus dem Markt zu drängen, so muss diese Reform unbedingt wieder rückgängig gemacht werden können“, so Keiffenheim weiter. (Sandra Enkhardt)

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