Parallel zur Auslaufprüfung des Undertaking gibt es bei der EU-Kommission derzeit auch noch ein sogenanntes Anti-Circumvention-Verfahren. Dabei prüft Brüssel seit Ende Mai intensiv, ob und in welcher Form chinesische Photovoltaik-Hersteller das geltende Undertaking durch Solarmodulimporte über Taiwan und Malaysia möglicherweise umgangen haben. Die EU-Kommission veröffentlichte am Dienstag nun erste Ergebnisse ihre Untersuchung. Demnach nutzten chinesische Photovoltaik-Hersteller die Länder Malaysia und Taiwan, um den chinesischen Ursprung ihrer Waren zu verschleiern und damit die geltenden Mindestimportpreise zu umgehen. Daher schlägt die EU-Kommission nun vor, die ursprünglich 2013 ermittelten Anti-Dumpingzölle von 53,4 Prozent und die Anti-Subventionszölle von 11,5 Prozent auf diese Einfuhren zu erheben, wie aus den pv magazine vorliegenden Dokumenten hervorgeht.
Die EU-Kommission veröffentlichte zugleich eine Liste von Herstellern aus Malaysia und Taiwan, die explizit von diesen Zollzahlungen ausgenommen sind. Insgesamt hatten sich 14 Hersteller aus Malaysia für diese Ausnahmeregelung sich bei der EU-Kommission gemeldet. Nach eingehender Prüfung genehmigte sie diese für fünf Hersteller aus Malaysia. Im Fall von Taiwan meldeten sich ursprünglich 28 Photovoltaik-Hersteller, wobei 21 Unternehmen nun ausdrücklich von den angekündigten Zollmaßnahmen ausgenommen werden sollen. Bei den übrigen Unternehmen waren bei der Prüfung unzureichender Angaben festgestellt worden oder sie hatten ihre Anträge freiwillig zurückgezogen.
„Die EU-Kommission hat in den vergangenen Monaten mit großem Aufwand geprüft und dabei ein hohes Maß an Umgehung der Zölle durch die chinesischen Photovoltaik-Hersteller gefunden“, sagt Milan Nitzschke, Präsident von EU Prosun und Konzernsprecher von Solarworld, das diese Klage bei der EU-Kommission eingereicht hatte, auf Anfrage von pv magazine. „Die chinesischen Hersteller haben dabei dreifach betrogen – die EU, die direkten Mitbewerber, die sich an die geltenden Anti-Dumpingmaßnahmen halten, und ihre Kunden in Europa, die nun die Zeche dafür zahlen müssen.“ Allerdings sollten Importeure angesichts der schon länger laufenden Ermittlungen auch Vorsicht walten lassen. „Jedem müsste mittlerweile klar sein, dass günstige Angebote von chinesischen Herstellern, die versichern, die Waren kämen aus ihren brandneuen Fabriken in Malaysia oder Taiwan, genau zu prüfen sind“, sagt Nitzschke weiter. Seit der Verfahrenseröffnung sei zudem festzustellen, dass chinesische Hersteller zur Umgehung nun vermehrt Länder wie Thailand oder Indien nutzten. Sollten sich bei den Ermittlungen, die neben der EU-Kommission auch von nationalen und europäischen Zollbehörden vorgenommen werden, ähnliche Ausmaße der Umgehung der Anti-Dumpingmaßnahmen herausstellen, seien weitere Verfahren nicht ausgeschlossen.
James Watson, CEO von Solarpower Europe, erklärte pv magazine, dass sein Verband keine Unternehmen unterstütze, die sich der Umgehung des geltenden Undertakings schuldig gemacht hätten. „Sie sollten bestraft werden“, so Watson. Allerdings plädiert Solarpower Europe für ein Auslaufen der Mindestimportpreise und Einfuhrvolumen für chinesische Photovoltaik-Hersteller, was die EU-Kommission derzeit im Zuge der Auslaufprüfung des Undertakings untersucht. „Je früher die EU-Kommission die Maßnahme beendet, umso früher wird dieses Problem gelöst“, sagte Watson mit Blick auf die Umgehung. Ähnlich auch die Einschätzung der Vereinigung SAFE, in der sich vornehmlich deutsche Projektierer und Versorger zusammengeschlossen haben und sich für ein Ende des Undertaking in der EU einsetzen. Auch dort hält man ebenfalls Konsequenzen für die Umgehung für gerechtfertigt. SAFE-Sprecher Holger Krawinkel erklärt auf Anfrage von pv magazine weiter: „Das ändert allerdings nichts am grundsätzlichen Problem, dass Mindestimportpreis und Zölle die europäische Solarbranche ersticken. Wollen wir die jüngst in Paris beschlossenen Klimaziele erreichen, sind wir auch in Europa auf ein starkes PV-Wachstum angewiesen. Dafür braucht es günstige Module, um die Nachfrage anzukurbeln. Eine Ausweitung der Handelsbarrieren steht dem entgegen.“
Bis zum 6. Januar haben nun die beteiligten Parteien Zeit zur Veröffentlichung der EU-Kommission offiziell Stellung zu nehmen. Danach muss Brüssel eine endgültige Entscheidung treffen. Mit diesem Ermittlungsergebnis scheint die Einführung der Zölle für diese chinesischen Waren durchaus gegeben. Die Anti-Dumping- und Anti-Subventionszölle müssen dann voraussichtlich auch rückwirkend für alle Importe gezahlt werden, die seit der Verfahrenseröffnung Ende Mai in die EU getätigt worden sind und bei denen chinesische Hersteller über Taiwan und Malaysia das Undertaking umgangen haben.
Das Anti-Umgehungsverfahren muss nach EU-Richtlinien innerhalb von neun Monaten, also bis zum 29. Februar 2016 abgeschlossen sein. (Becky Beetz/Sandra Enkhardt)
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