Zurechtfinden im Dunkeln

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Qualität ist kein Ausweis einer guten Marke, sagen Markenforscher. Denn dass eine hohe Qualität verlangt wird, sei im Geschäftsleben selbstverständlich. So weit die Theorie. In der Praxis sieht es bei Photovoltaikmodulen anders aus. Man sieht den Modulen die Qualität nicht an, also zum Beispiel, ob die Module über die ganze Lebenszeit zuverlässig den prognostizierten Stromertrag liefern. Auch die Ergebnisse der Laborprüfungen sind nicht direkt auf den praktischen Einsatz über 20 oder 30 Jahre übertragbar und – das darf man nicht vergessen – viele Betreiber und EPCs sind gebrannte Kinder. Zumindest subjektiv, denn in der Solarbranche dürfte es ähnlich wie im täglichen Leben sein: Negative Erlebnisse werden im Vergleich zu positiven Erlebnissen, also Anlagen, die einfach laufen, in der Aufmerksamkeit und in der Erinnerung leicht überbewertet.

Wir von pv magazine haben daher zusammen mit DuPont die Experten befragt, die täglich mit dem Bau und der Planung von Photovoltaikanlagen zu tun haben, und einen Roundtable geplant (siehe Kasten Seite 22), bei dem wir in Diskussion mit den Anwesenden klären wollen, wie relevant das Qualitätsthema wirklich ist und was zu einer qualitativ guten Dachmontage beiträgt.

Auf unsere Umfrage haben 211 Experten geantwortet, davon sind 161 Mitarbeiter von Unternehmen, die direkt mit demBau von Photovoltaikanlagen befasst sind, also Installateure, Planer oder EPC-Experten. Etwa 40 Prozent dieser 161 Antworten stammen direkt von den Geschäftsführern oder Inhabern, etwas mehr als ein Drittel von den technischen Experten der Unternehmen, der Rest aus dem Einkauf und Vertrieb. Bei 62 von ihnen lässt sich zuordnen, dass sie überwiegend kleinere Anlagen bauen (kleiner als 100 Kilowatt), bei 20, dass überwiegend größere Anlagen ihr Geschäft sind. Der Rest ist nach den eigenen Angaben weniger spezialisiert.

Was andere empfehlen

In einem freien Textfeld danach befragt, warum sie welche Modulmarken empfehlen, steht die Qualität mit 25 Prozent aller Nennungen vorne. Der Preis folgt fast mit der gleichen Wichtigkeit, wobei die Befragten manchmal explizit nicht den billigsten Preis als Kriterium nennen, sondern das Preis-Leistungs-Verhältnis. Überraschen dürfte, dass 18 Prozent als Empfehlungsgrund das Herkunftsland Deutschland nennen. Sie scheinen also gut damit zu fahren, ihren Kunden zu Modulen aus hiesiger Fertigung zu raten. Wie zu erwarten, spielt auch die bisherige gute Erfahrung mit einem Hersteller mit acht Prozent aller Nennungen eine beachtlich Rolle. Dass diese nicht öfter genannt wird, dürfte mit daran liegen, dass bei einem Produkt mit einer Lebensdauer von über 20 Jahren die Experten kaum Erfahrungsdaten bezüglich der Haltbarkeit haben.

Unsere Umfrage soll nun genauer klären, was unter „Qualität“ zu verstehen ist und vor allem, wie Experten sie erkennen. Alle legen erwartungsgemäß großen Wert auf eine „hohe Leistung über die gesamte Lebensdauer“, auf die Zertifikate (siehe Frage 1, Grafik rechts), deren ausgebende Institution, gute Garantiebedingungen und den finanziellen Hintergrund des Herstellers. Auch „hohe Produktionsstandards in der Fertigung“ werden als wichtig angegeben, selbst wenn diese für viele kaum kontrollierbar sein dürften.

Wer keinen so großen Modulumsatz hat und daher nicht selber Qualitätstests durchführen kann, könnte sich daher auf die Empfehlung des Großhändlers verlassen. Diese spielt aber nach den Ergebnissen der Umfrage nur eine untergeordnete Rolle. 42 Prozent geben an, die Großhändlerempfehlung sei für sie überhaupt nicht wichtig (siehe Frage 2). Nur zwölf Prozent messen dieser große Bedeutung bei. Eigentlich, so sollte man denken, wird die Empfehlung des Großhändlers umso wichtiger, je kleiner die Modulmenge ist, die ein Betrieb verbaut. Doch erstaunlicherweise spielt der Rat des Großhändlers auch dann keine größere Rolle, wenn wir nur die Antworten derer betrachten, die ausschließlich Anlagen unter zehn Kilowatt Leistung bauen. Dagegen spielen wie erwartet Preis und Image der Marke eine gewisse Rolle (Fragen 3 und 4). Ihnen wird allerdings keine absolute Wichtigkeit eingeräumt. Sprich: Die Experten wägen ab.

Wenn es nicht die Empfehlung eines Großhändlers ist, wie machen sich Experten dann ein Bild von der Qualität der Produkte? Eine Möglichkeit ist, die Komponenten der Module mit den Lieferanten zu spezifizieren. Doch nur bei 18 Prozent aller antwortenden Experten ist dies der Fall. Bei der Untergruppe derer, die überwiegend mit Großanlagen zu tun haben, sind dies immerhin 30 Prozent. Klar, sie haben es auch einfacher, sich damit zu beschäftigen und entsprechend mit Lieferanten zu verhandeln. 18 Prozent von ihnen, also der Gruppe „überwiegend Großanlagen“, geben an, dass sie Produktionsaudits als Qualitätsnachweis erwarten. Höher sind die Erwartungen bezüglich „Referenzen oder die Empfehlung von unabhängigen Parteien“. So etwas erwarten 55 Prozent derjenigen, die uns geantwortet haben. Eine Selbstverständlichkeit ist, dass die Flasherliste beiliegt. Erweitert man die Gruppe auf alle Antwortenden, ändert sich das Bild übrigens nicht grundlegend.

Das zeigt wiederum, dass nur wenige Möglichkeiten bekannt sind, wie man Qualität und Zuverlässigkeit einschätzen kann. Ob und wie man das besser in den Griff bekommt, wird daher auch eines der zentralen Themen auf dem pv magazine Roundtable auf der Intersolar Europe sein.

Qualitätsprobleme in der Praxis

Dass das Qualitätsthema relevant ist, zeigt eine andere Antwort. Immerhin geben 54 Prozent der Befragten an, dass sie schon bei einer bis zehn Installationen Qualitätsprobleme erlebt haben. Am häufigsten werden Probleme mit Anschlussdosen, schlecht haltbaren oder befestigten Rahmen, Eindringen von Feuchtigkeit und Hotspots genannt. Auch Probleme mit der Rückseitenfolie, deren Verfärbung und Delamination sind beobachtet worden.

Florian Reil, Geschäftsfeldleiter für Service, Forschung und Entwicklung beim TÜV Rheinland, kennt diese Problematik aus seinen Untersuchungen. Auch in jüngster Zeit haben er und seine Kollegen bei Freiflächenanlagen Serienfehler an Modulen gefunden. Diese machten 43 Prozent aller Fehler aus und zeigten, dass immer noch mindere Produktqualitäten zu finden seien. Seiner Einschätzung nach ließe sich das mit Produktionsaudits, zu denen auch exemplarische Messungen gehören, verhindern.

Die Regel sind diese Qualitätsprobleme jedoch nicht. Keiner der Befragten gibt an, dass die Probleme bei mehr als 30 Prozent der Installationen auftreten. 33 Prozent haben sogar noch überhaupt nie Qualitätsprobleme erlebt. Diese Prozentsätze sind über alle Untergruppen der Befragten ähnlich.

Dass es Beteiligte gibt, die Qualitätsprobleme gar nicht kennen, könnte einen einfachen Grund haben: Bekommen sie überhaupt mit, ob von ihnen gebaute oder geplante Anlagen solche Probleme haben? Ob deren Ertrag den Erwartungen entspricht? Vor allem bei Kleinanlagen, bei denen ausgiebiges Monitoring zu aufwendig wäre, stellt sich diese Frage.

Daher haben wir in der Umfrage abgefragt, ob die Installateure, Planer und EPC-Experten von den Qualitätsproblemen, die im Betrieb auftreten, erfahren würden. Die Antwort ist überraschend klar: Die allermeisten sind der Meinung, dass sie diese Probleme mitbekommen würden. Je nach bevorzugtem Segment geben nur fünf bis acht Prozent der Befragten an, dass sie nicht wissen, ob sie die Qualitätsprobleme gemeldet bekämen oder dass sie sie vermutlich nicht gemeldet bekämen. Das gilt auch für die Gruppe „überwiegend Kleinanlagen“ und „nur unter Zehn-Kilowattpeak-Anlagen“. Und das, obwohl von diesen Befragten nur knapp 30 Prozent in der Regel Wartungs- oder Betriebsführungsverträge mit ihren Kunden abschließen. Der Kundenkontakt besteht anscheinend auch zu den Betreibern, die keine solchen Verträge haben.

Erfahrung mit Kunden

Allerdings stellt sich die Frage, wie Ertragsprobleme bei den Kleinanlagen überhaupt erfasst werden können. Viele Kleinanlagenbetreiber haben nach der Umfrage kein Monitoringsystem installiert, sondern kontrollieren nur die Abrechnungen der Einspeisevergütung. Von den Anlagenbauern der Gruppe „überwiegend Kleinanlagen“ geben sechs an, dass die Kunden genauso vorgehen, weitere 22 geben an, dass das oft der Fall sei. Das sind immerhin 47 Prozent aller Antworten aus dieser Gruppe.

Bei der Qualitätsdebatte darf nicht vergessen werden, dass sich die Anlagenbauer nach ihren Kunden, den Investoren, richten müssen. Wir haben abgefragt, was diese verlangen. Danach geht Qualität vor Preis, auch wenn beides wichtig ist.

Einer der einfachsten Ansatzpunkte, der aus dem täglichen Leben zur Einschätzung der Qualität bekannt ist, ist der sogenannte Track Record, also die Erfahrung mit einem Modul, die man selbst oder die andere damit gemacht haben. Nach einem solchen fragen die Kunden laut den Angaben in unserer Umfrage erstaunlicherweise fast nie. Das kann bedeuten, dass sie nicht besorgt sind bezüglich der Qualität, oder das kann bedeuten, dass das Vertrauen in die Beständigkeit der Qualität einer Marke gering ist. Nach Testergebnissen wird nämlich deutlich öfter gefragt, allerdings gibt es nur wenige davon. Am Ende folgen die Kunden den Empfehlungen der Anlagenbauer, was auch aus anderen Umfragen bekannt ist. Damit ist der Schwarze Peter wieder bei ihnen – mit all den angesprochenen Fragezeichen.

Die antwortenden Installateure, Planer und EPC-Experten sind nämlich nur zu knapp sieben Prozent vollkommen zufrieden mit der Modulqualität (Grafik rechts). 66 Prozent geben an, sie wünschen sich, dass Module besser vor Hotspots geschützt werden. 55 Prozent wünschen sich mehr Sicherheit vor potenzialinduzierter Degradation (PID). 47 Prozent wünschen sich eine bessere Performance in puncto Lebensdauer.

Auf dem pv magazine Roundtable „Qualität bei Dachanlagen“, den wir zusammen mit DuPont am zweiten Tag der Intersolar Europe in München organisieren, können Sie alle angesprochenen Fragen mit Experten aus Prüfinstituten, von Forschungsinstituten und Herstellern diskutieren (siehe unten). Dort stellen wir die Umfrageergebnisse ausführlich vor. Wir danken TÜV Rheinland und Baywa r.e. für die Unterstützung bei der Umfrage. Beide werden beim Roundtable vertreten sein und Rede und Antwort stehen.

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