Module zwischen den Elektrowaren

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„Vor vier Jahren hatten wir noch 80 Prozent Streckengeschäft“, sagt Thomas Laur, Geschäftsführer bei Sonepar Erneuerbare Energien. Diese risikoarmen Lieferungen vom Hersteller direkt zum Kunden waren beim Elektrogroßhandel gang und gäbe. „Heute bedienen wir dagegen 60 bis 70 Prozent der Bestellungen aus unserem Lager.“ Obwohl das Lagern zusätzliche Kosten verursacht, ist es nötig, weil immer öfter kleine Mengen abgerufen werden. Alexander Schopf von Fega & Schmitt ergänzt: „Der Markt bricht zwar ein, aber unser Segment, das der kleinen Anlagen auf Einfamilienhäusern, bleibt stark. Wir verzeichnen hier sogar ein kleines Wachstum.“

Der Elektrogroßhandel steckt mit der Photovoltaik in einem Zwiespalt. Ihre Bedeutung für das Gesamtgeschäft hat abgenommen. In der Hochphase erwirtschaftete sie um die zehn Prozent vom Umsatz. Heute sind es nur noch drei bis fünf Prozent. Außerdem lassen sich nur geringe Margen erzielen. Das Produktspektrum ist nach wie vor beratungsintensiv, und die Ansprüche der Kunden sind gestiegen – schnelle Lieferung, lange Zahlungsziele, die Beantwortung ausgefallener Fragen, Schulungen und ein breites Sortiment werden zunehmend erwartet. Doch etliche Hintergrundgespräche zeigen, trotz der schwierigen Marktlage kann ein Vollsortimenter heute nicht mehr auf Photovoltaik verzichten. Allzu viel Engagement kann er sich aber auch nicht leisten. Ist er trotzdem in der Lage, die Fachgroßhändler zu ersetzen?

Kleine Betriebe kaufen schlüsselfertig

Diese Antwort kann man nicht übergreifend für den gesamten Elektrogroßhandel geben. Während sich einige stark für die Photovoltaik engagieren, schränken andere ihre Aktivitäten auf ein Minimum ein und sind nicht einmal bereit, mit uns über ihre Zukunftspläne zu sprechen. Einer der größeren Händler, der namentlich nicht genannt werden wollte, erläuterte, dass er zwar Photovoltaikprodukte am Lager habe, jedoch nur von ein oder zwei Herstellern pro Produktgruppe. Diese Beschränkung sei nötig, um auf jeden Hersteller noch genügend große Mengen zu bündeln. Gleichzeitig zeigt er sich überzeugt, dass der Fachgroßhandel kaum noch Zukunftschancen hat. „Dort beschränken sich die Distributionsstrukturen nur auf die Photovoltaik. Das hat sich aber überlebt, wie die Insolvenzen zeigen.“ Die Ursache dafür sieht er in der Breite des Sortiments und den Risiken, die die Händler eingegangen sind, indem sie Produkte lagerten, die einem starken Preisverfall unterliegen. Sein Unternehmen bestehe dagegen auf einem Ausgleich von Lagerwertverlusten durch die Hersteller. Doch nicht alle Händler teilen diese pessimistische Sichtweise. So führt Fega & Schmitt ein deutlich breiteres Angebot an Marken. Das Unternehmen ist Teil der Würth-Gruppe und hat ein gemeinsames Sortiment mit Unielektro und Walter Kluxen in Hamburg. Durch einen abgestimmten und gebündelten Einkauf kann die Gruppe trotzdem große Mengen umsetzen. Die Markenvielfalt sei historisch gewachsen und spiegele die Vorlieben in den einzelnen Regionen wider, erklärt der Abteilungsleiter für erneuerbare Energien Alexander Schopf. Gemeinsam waren die Unternehmen in diesem Jahr auf der Intersolar vertreten, um sich Solarteuren und Elektroinstallateuren als deutschlandweit aktiver Partner vorzustellen.

In der Gruppe beschäftigen sich über ein Dutzend Mitarbeiter Vollzeit mit erneuerbaren Energien und bilden ein Kompetenzzentrum. Sie unterstützen die Vertriebsmitarbeiter im Außendienst, wenn die Fragen nach der Einstiegsberatung komplizierter werden. Alexander Schopf hat einen Wandel am Markt bemerkt. „Einige ehemals große Solarteure haben ihre Geschäftsaktivitäten deutlich reduziert, dafür sind kleinere, klassische Installateursbetriebe nun stärker interessiert. Sie liefern ihren Kunden die passende Photovoltaikanlage gleich mit, wenn sie beispielsweise einen Neubau ausrüsten.“ Diese kleineren Neukunden gewinne Fega & Schmitt oft aus dem eigenen Kundenstamm für das Photovoltaiksortiment. Für sie seien schlüsselfertige Anlagen am interessantesten. Die Elektrogroßhändler haben hier im Vergleich zum Fachgroßhandel einen Vorteil, da sie als Stammlieferanten zuerst zum Zuge kommen. Und es ist auch praktisch, wenn der Kunde zum Elektroinstallationsmaterial, zu Alarmanlage oder Einbauherd die Solaranlage gleich mitbestellen kann.

Auch EuPD Research bestätigt den Trend zur Kleinanlage. Dabei bestimme in der Regel der Installateur über die Marken. Er kann also auch mit einem schmalen Sortiment bestehen. Außerdem setzt es sich immer mehr durch, dass bei der Auswahl eines Systems die Qualität und die Lieferbedingungen noch vor dem Markenimage und dem Preis den Ausschlag geben. Auch diese Entwicklung kommt dem logistikstarken Großhandel zugute. So sei es für die mittelgroßen Solarteursbetriebe unter seinen Kunden ganz üblich, am Wochenende die Materiallieferungen für die nächste Woche zu planen und online zu bestellen, hat Schopf beobachtet. Durch die 24-Stunden-Belieferung könne auch unter der Woche noch jederzeit Ware nachbestellt und direkt auf die Baustelle gesandt werden.

Der größte Elektrogroßhändler Deutschlands ist mit etwas mehr als 200 Niederlassungen Sonepar. Den Löwenanteil seines Umsatzes macht Sonepar mit Installationsmaterial wie Kabeln und Leitungen, Schaltern und Steckdosen, Befestigungsmaterial, Lampen und Leuchten. Etwa fünf Prozent des Installationsumsatzes erzielt Sonepar mit dem Handel von Photovoltaikprodukten. Nach eigenen Angaben sind etwa 100 Mitarbeiter ganz oder teilweise auf erneuerbare Energien spezialisiert. Darüber hinaus hat das Unternehmen eine Key-Account-Gruppe aufgebaut, die speziell die Solarteure berät. „Das Lager umfasst circa 100.000 Artikel, davon sind etwa 1.000 aus dem Bereich erneuerbare Energien. Deshalb gibt es in allen Regionen Kompetenzzentren, die sich zum Beispiel mit der Auslegung von Solaranlagen und mit der Wirtschaftlichkeitsberechnung von Energiespeichern beschäftigen“, erläutert Thomas Laur.

Sonepar gibt außerdem einen eigenen Katalog für erneuerbare Energien heraus und ist Mitherausgeber der Sonderveröffentlichung Speichertechnologien des Deutschen Cleantech Instituts. Gleich zwei Schulungsleiter unterstützen die Niederlassungsleiter dabei, Seminare zu erneuerbaren Energien für ihre Kunden auszurichten. Ein Computerprogramm hilft bei Dachplanung und Auslegung, und als „E-Partner“ erhalten die Kunden Marketingunterstützung. All das sind Leistungen, die auch von Fachgroßhändlern angeboten werden. Dazu kommt die bekannte Logistikstärke. Immer mehr Installateure wählen daher ihren Elektrogroßhändler auch zu ihrem wichtigsten Photovoltaiklieferanten. Das zeigte sich beim European PV Installer Monitor von EuPD Research. Von den befragten Installateuren waren so viele mit Sonepar zufrieden, dass der Großhändler 2014 zum Top-PV-Zulieferer gekürt wurde.

Markt zu klein für Fachgroßhändler?

Ansonsten haben nur Solargroßhändler wie Baywa r.e., Frankensolar und Energiebau diesen Titel bekommen. Seit der Auszeichnung im Frühjahr hat sich Frankensolar aus dem Großhandel zurückgezogen und Energiebau Insolvenz angemeldet. Günter Haug, dem Geschäftsführer von Baywa r.e., macht das jedoch keine Angst: „Wir sind sehr gut aufgestellt, wie der Elektrogroßhandel teilweise auch. Wir halten, was wir versprechen. Das ist eine faire Konkurrenz, wo man sich kennt und schätzt.“ Er sieht erwartungsgemäß immer noch einen Vorsprung für den Solargroßhandel, was kompetente Beratung zu den neuesten Techniken und den Sonderfällen im EEG-Recht betrifft. Um den Markteinbruch in Deutschland zu kompensieren, setzt Baywa r.e. auf Internationalisierung. „Bald wird es in jedem Land der Erde einen Photovoltaikmarkt geben“, sagt Haug, „und in diese Märkte werden wir reingehen.“ Da das Unternehmen auch selbst Großprojekte ausrüste, verfüge es über ein hohes Handelsvolumen. Diese hohe Absatzmenge kommt ihm beim Aushandeln globaler Konditionen mit den Herstellern sehr zugute, so dass der Solargroßhändler laut Haug noch immer niedrigere Preise als der Elektrogroßhandel hat.

Eine Konzentration auf den rein deutschen Markt wie bei Energiebau hat sich dagegen offenbar nicht ausgezahlt. Das Unternehmen setzte bisher auf Solarteure, die ihren Markt aktiv bearbeiten und mit Hilfe ihres Wissensvorsprungs Kunden akquirieren. Doch diese Gruppe der Photovoltaikprofis ist kleiner geworden. Energiebau versuchte zwar, neue Märkte zu erschließen, zum Beispiel durch die Kooperation mit Energieversorgern, und neue Vertriebsstrategien zu entwickeln. Doch es ist ein mühsames Geschäft, das Interesse bei Privatkunden wieder zu entfachen, und die Liquidität reichte nicht, um das Keimen der neuen Geschäftsmodelle abzuwarten.

Für den Elektrogroßhandel, wo die Photovoltaik nur Teil eines viel breiteren Sortiments ist, stellt sich die Überlebensfrage nicht. Jedoch muss er entscheiden, wie viele Ressourcen er diesem Segment widmet. Im Vergleich zum Fachgroßhandel erscheint er weniger beweglich und langsamer bei der Auswahl neuer Produkte. Hier sind die Händler ausgesprochen konservativ. Ein Hersteller, der ins Sortiment aufgenommen werden möchte, muss ein hartes Auswahlverfahren bestehen. Er sollte langjährig als Qualitätshersteller bekannt sein, Kundenwünsche treffen, aber auch zusätzlichen Umsatz generieren und nicht nur das Interesse von bereits gelisteten Herstellern abziehen. Im Gegensatz zum Fachgroßhandel führen Elektrogroßhändler keine Eigenmarken, und sie machen keine Endkundenwerbung.

Eine Ausnahme ist hier Alexander Bürkle. Der Elektrogroßhändler mit 20 Standorten im Südwesten Deutschlands hat seine Photovoltaikfachpartner unter der Marke Alexgreen gebündelt und bewirbt ihre Leistungen sogar mit Radiospots. Der Agent für die Umwelt, Alex Green, fordert darin die Hörer auf, sich einen eigenen Alexgreen-Agenten zu suchen, damit er für sie die Stromkosten halbiert. Der Fachpartner kann sich mit seinem Namen in die Kampagne einklinken und mit geringem Aufwand eine hohe Reichweite erzielen.

Auch die anderen Großhändler bemühen sich, das Handwerk beim Generieren von Aufträgen zu unterstützen. Ein in Berlin und Brandenburg tätiger Elektrogroßhändler betreibt zum Beispiel in Zusammenarbeit mit einem SHK-Großhandel einen Showroom für erneuerbare Energien und ermöglicht so seinen Installateuren, ihren Kunden die vielfältigen Möglichkeiten direkt vorzuführen. Sonepar hilft seinen Kunden bei Erstinstallationen zum Beispiel von Energiespeichern und mit einem telefonischen Beratungsservice. Die Mittel für darüber hinausgehende Aktivitäten sind jedoch stark begrenzt. „Wir wissen eben nicht, wann der PV-Motor wieder anspringt“, sagt Laur. Zwar erziele Fachpersonal mehr Umsatz als das ohne Spezialwissen, „aber die Spanne lässt eben keinen großen Aufbau zu.“

Lithiumspeicher ab Lager

Auch beim Lagern von Lithium-Ionen-Speichern geht der Solarfachhandel voran und der Elektrogroßhandel den Risiken noch aus dem Weg. Um diese Systeme ab Lager anbieten zu können, müssen sie wie Gefahrgüter aufbewahrt und bewegt werden. „Wir haben uns darauf eingestellt, das war ein nicht unerheblicher Aufwand“, sagt Günter Haug. Jetzt sei der Händler aber für die ansteigenden Mengen gerüstet. „Batteriesysteme bestellt man meist nicht von heute auf morgen“, sagt Alexander Schopf, deshalb sei eine Lieferung direkt ab Lager auch nicht immer nötig. Lieferungen als Streckengeschäft direkt auf die Baustelle hätten sich bei bestimmten Systemen sehr gut bewährt.

Sonepar hatte im letzten Jahr zunächst mit der Lagerhaltung und dem Vertrieb von Blei-Flüssig-Speichern der Deutschen Energieversorgung begonnen und in den letzten Wochen bereits den 1.000. Speicher verkauft. Das Interesse an Lithiumspeichern sei zwar groß, die Verkaufszahlen lägen aber noch weit hinter den Erwartungen, so Laur. Außerdem müsse bei Lithiumspeichern die Sicherheit im Vordergrund stehen. „Hier möchten wir noch mehr Erfahrungen sammeln.“ Ähnlich sei das beim Business-Speicher, der zwei Tonnen wiege. „Aber solche Produkte werden weder im Onlineshop bestellt noch müssen sie im 24-Stundenrhythmus geliefert werden. Viel wichtiger ist hier die genaue Planung und Einhaltung aller zugesagten Termine.“

Einige Elektrogroßhändler sind also durchaus in der Lage, den Fachgroßhandel zu ersetzen. Vielleicht müssen sie das sogar, wenn sich das Händlersterben fortsetzt. Letztlich werden die Installateure darüber entscheiden, ob die Teilung in Solarfachhändler und Elektrogroßhändler bestehen bleibt und vor allem ob die Engagierten für ihren besonderen Service belohnt werden. Denn dieser hat seinen Preis. Wer den nicht zahlt, wird auch den Service wieder verlieren. Klar ist derzeit, dass die Photovoltaik ihren endgültigen Platz in der Großhandelslandschaft noch nicht gefunden hat. Günter Haug kann sich vorstellen, dass sich der Solargroßhandel zum Haustechnikgroßhandel weiterentwickelt und so der Überschneidung mit dem Heizungsbau und der Informationselektronik Rechnung trägt. Im Elektrogroßhandel muss die Photovoltaik ihren Weg hinein ins Normalsortiment weiter fortsetzen und benötigt dafür weitere Investitionen. All das wird jedoch nur möglich sein, wenn die Kunden wieder mehr Interesse zeigen und der Markt neue Impulse setzt.

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