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Würde jemand für die Solarbranche einen Begriff des Jahres küren, hätte „neue Geschäftsmodelle“ gute Chancen. Ein solches kann auch darin bestehen, die Vertriebs- und Lieferkette vom Großhandel zum Privatkunden zu modifizieren, wie es jetzt RWE und Energiebau vorhaben.

Das geht so: Der Photovoltaik-Großhändler Energiebau hat das Know-how bezüglich Anlagenbau und Auslegung, kann Photovoltaiksets zusammenstellen und die Logistik der Auftragsabwicklung organisieren. RWE Effizienz gibt den Markennamen dazu, der in den Vertriebsgebieten des Konzerns nahezu 100-prozentige Bekanntheit hat, und liefert zusätzlich Batteriespeichersysteme und den RWE Smarthome Energiemanager. Installateure können sich unter bestimmten Voraussetzungen RWE Solarpartner nennen und die Produkte verkaufen. Das ist noch ein relativ übliches Vorgehen.

Neu ist, was die Unternehmen jetzt in einem Pilotprojekt getestet haben. RWE Vertrieb, ein Schwesterunternehmen von RWE Effizienz, hat einen gut ausgebauten Flächenvertrieb und wird in Zukunft potenzielle Kunden kontaktieren und auch bezüglich Photovoltaik beraten. Wenn der Kunde einen zweiten Termin vereinbart und das Kaufinteresse dokumentiert ist, wird der Kontakt an einen Partnerinstallateur weitergegeben. Er kann den Kunden dann endgültig überzeugen und wird am Ende Vertragspartner. Der Preis des Systems ist in diesem Fall zwar vorgegeben, aber bei den Pauschalen für Hausanschluss und Gerüst kann der Installateur frei kalkulieren. Für die Vertriebsunterstützung zahlt er natürlich, aber der Preis sei fair und transparent, so die Aussage von Ulrich Cebula, Projektleiter Photovoltaik bei RWE Effizienz, und René Médawar, Geschäftsführer von Energiebau.

Viermal höherer Verkaufserfolg

Wie effizient das Modell ist, haben die neuen Partner letzten November im Gebiet Trier-Saarburg ausprobiert. Dort haben sie Standardanlagen angeboten mit zwei, drei, vier und fünf Kilowattpeak. „Wir haben große Erfolge erzielt“, sagt Ulrich Cebula. Die gute Nachricht für das Handwerk sei, dass von über 1.200 Kundenkontakten von RWE Vertrieb rund 100 an Handwerker übergeben worden seien. Davon hätten am Ende knapp 40 zu einem abgeschlossenen Geschäft geführt.

 "Der Handwerker kann somit die Kunden sehr gezielt ansprechen und hat gute Erfolgsaussichten“, sagt Cebula. Außerdem hätten 25 Prozent der Käufer Bedarf an weiteren Installationsarbeiten geäußert, so dass das Auftragsvolumen über den Bau der Photovoltaikanlage hinausgehe.

Zum Vergleich: Ein Handwerker habe schon in den guten Zeiten des Solarbooms bei zehn Kunden 20 bis 30 Angebote machen müssen, um am Ende ein Geschäft abzuschließen. „Wir haben das Verhältnis von ungefähr eins zu zehn auf ungefähr vier zu zehn gebracht“, sagt Ulrich Cebula. Ein Teil des Erfolgs ist nach seiner Einschätzung auf die Bekanntheit der Marke RWE zurückzuführen.

Die Unternehmen wollen das Modell, dem sie den Namen „integrierte Vertriebs- und Lieferkette“ gegeben haben, zunächst in Nordrhein-Westfalen, später eventuell bundesweit aufbauen.

René Médawar erhofft sich, dass sich durch das Konzept weitere Kostensenkungspotenziale ergeben. „Der Installateur hat es leichter, zum Geschäftsabschluss zu kommen, und in der Folge wir auch.“ Er will die Installateure damit auch davon überzeugen, beim Großhandel zu kaufen und eine kontinuierliche Partnerschaft aufzubauen. Spotgeschäfte sind ein Thema, worüber kein Handelshaus gerne spricht. Aber wenn man Umfragen von EuPD Research zugrunde legt, kauft rund ein Drittel der Installationsbetriebe mit kleinem Volumen direkt. Bei den Betrieben mit höherem Volumendurchsatz ist der prozentuale Anteil noch größer, da liegt er bei 58 Prozent. Das ist ein Grund für Großhändler, zusätzlichen Service wie die Vertriebsunterstützung anzubieten, um Installateure zu binden.

Das Modell der beiden Unternehmen scheint deutlich über das hinauszugehen, was andere Großhändler machen. Zwar schalten auch andere Großhändler teilweise Werbung für Endkunden, organisieren mit Betrieben Informationsveranstaltungen oder sammeln auf ihren Webportalen Anfragen, die sie an Installateure weitergeben. Doch einen aktiven Endkundenvertrieb muss man mit der Lupe suchen, wohl auch, weil es für Unternehmen – so sagt es ein Pressesprecher – ohne eine bereits bestehende Vertriebsstruktur zu aufwendig ist. Solarworld, bei vielen Endkunden vermutlich auch bekannt, gibt allerdings an, nicht nur Werbung für Endkunden zu machen, sondern diese teilweise auch zu beraten. Kontakte, in der Fachsprache Leads genannt, würden dann ebenfalls qualifiziert und an Fachpartner weitergegeben. Auch Hanwha Q-Cells geht auf Privatkunden direkt zu, zum Beispiel durch die Kooperation mit Obi. Der Baumarkt ist allerdings dann auch Vertragspartner des Bauherrn. Gleichzeitig setzt das Unternehmen aber auf die Kooperation mit dem Großhandel und für Installateure mit hohem Jahresvolumen über 500 Kilowatt auf eine direkte Partnerschaft.

Smart Home als Zugpferd

Für Energiebau und RWE Effiienz ist ein wichtiger Gesichtspunkt, dass der Installateur bei Kunden mit den Produkten schrittweise ein Smart Home aufbauen kann. Dazu gehört vor allem auch der Wärmebereich und dessen Verbindung mit Photovoltaik. „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass unsere Kunden beim Smarthome preisgünstig mit einigen Komponenten einsteigen und dann begeistert nachkaufen“, sagt Cebula. Die Systeme selbst würden im Übrigen auch stetig erweitert. Da durch Smarthome immer auch Einspareffekte erzielt würden, sei das auch für den Kunden ein Gewinn. Für René Médawar ist Photovoltaik daher der Einstieg in diese neue Welt, die noch nicht Mainstream ist, sondern sich erst entwickeln wird.

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