„Wir wollen am Bewusstsein arbeiten“

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pv magazine: Sie sind ein Modulhersteller, der wirklich nur über Direktvertrieb verkauft. Warum?

Ortmanns: Das ist vollkommen richtig. Die Grundentscheidung wurde gemeinsam mit unserer taiwanesischen Muttergesellschaft Win Win im Jahr 2008 getroffen, als Herr Rossmann das Geschäft aufgebaut hat. Wie so oft bei asiatischen Herstellern, egal ob aus China, Taiwan oder Korea, begegnet man beim Marken- und Vertriebsaufbau immer gewissen Vorurteilen, die nur durch entsprechende Transparenz und direkte Interaktion mit dem Kunden zu überwinden sind. Das wollten wir von vornherein brechen. Die Vermittlung unserer Werte und Produkte funktioniert nur nachhaltig, wenn man mit dem Kunden direkt in Verbindung tritt und der Marke damit ein Gesicht gibt.

Zu der damaligen Zeit hätten Großhändler Ihre Marke nicht adäquat transportiert?

Rossmann: Das war nicht nur aus dem Grund heraus, sondern weil ich mich gefragt habe, wo wird der Markt in ein paar Jahren stehen. Nämlich unter extremem Preisdruck. Es war zu erwarten, dass wir im Photovoltaikmarkt so niedrige Preise bekommen, dass Margen nicht mehr mit Dritten teilbar sind. Das ist wie in der Elektronikindustrie: Sie haben dann als Hersteller nur noch fünf bis acht Prozent Bruttomargen, und die können Sie dann nicht noch mit jemand anderem teilen. Bei der Photovoltaik kommt erschwerend hinzu, dass es sich um Investitionsgüter und nicht um Konsumgüter handelt, was hohe Qualität erzwingt.

Es ist also auch eine Preisfrage, warum Sie den Direktvertrieb wollen. Sie müssen dann aber auch viele Funktionen des Handels übernehmen, zum Beispiel die Logistik.

Ortmanns: Ich lasse das ungern auf der Preisebene stehen. Für uns war vor allen Dingen wichtig, nicht in die Abhängigkeit von Distributoren zu geraten. Wir wollten von Anfang an selbst mit dem Kunden in Kontakt treten, in der Lage sein, für uns diesen Vertriebskanal zu gewinnen. Um dann die Möglichkeit zu haben, unser Produkt so, wie wir es uns vorstellen, zu verkaufen, anzubieten und auch den Kunden entsprechend aufzuklären. Die Möglichkeit sehen wir für uns nur, wenn wir unser Produkt selbst bewerben und im Endeffekt Leistung vor Preis setzen können. Die entstehenden zusätzlichen Distributionskosten für die Logistik, den Vertrieb, die Buchhaltung, die Lagerhaltung und das Forderungsmanagement müssen wir dann in Kauf nehmen.

Aber können Sie beispielsweise die Logistik so günstig organisieren wie ein Baustoffgroßhändler, der auch PV anbietet?

Ortmanns: Wir können mithalten. Aber wo wir nicht mithalten konnten, das war diese irrationale Preiserosion der Wettbewerber aus China. Ansonsten konnten wir in Bezug auf die Wettbewerber, die sowohl direkt als auch über den Großhändler vertrieben haben, preislich sehr gut mithalten.

Rossmann: Der Handel hat sicherlich einen Mehrwert. Man muss, was die Vertriebsstrategie angeht, beachten, was die Zielgruppen sind, was diese für Bedürfnisse haben und was ich brauche, um sie zufriedenzustellen. Wir haben eine Zielgruppe, die am Markt sehr selbstständig agiert. Die Unternehmen haben ein gewisses Volumen, sie planen und projektieren selbst. Ein Großhändler hat eine starke Position bei Installateuren, die auf sehr viel Support angewiesen sind, gerade im Planerischen, in der Ausführung und im Bereich der Bausatzgeschäfte, die ausgeliefert werden. Da gehen wir einen Kompromiss ein. Das sind Bereiche, die wir so umfangreich nicht bedienen können und wollen, um unsere interne Kostenstruktur schlank zu halten.

Ortmanns: Zum Thema Logistik: Das machen wir schon seit 2008. Wenn heute ein Kunde bestellt, kriegt er auf Wunsch morgen seine Kommission auf den Hof geliefert. Wir liefern übrigens nicht nur unsere Module, sondern auch Wechselrichter und notwendiges Zubehör. Damit nehmen wir auch einen Teil der Distributionsfunktion an. Es ist nicht so, dass wir hier auf den Knopf drücken und nur Container von Rotterdam nach Beckendorf schicken, sondern die Mehrheit und der Großteil der Lieferungen ist kommissionierte Ware aus Creglingen.

Was ist ein typischer Kunde von Ihnen?

Ortmanns: Wir haben Kunden, die machen fünf Kommissionen im Jahr mit fünf Kilowatt. Und wir haben Kunden, die machen mehrere Megawatt. Wenn wir es auf einen Mittelwert runterbrechen, dann nehmen unsere Kunden im Schnitt 500 Kilowatt jährlich ab.

Wie viel haben Sie letztes Jahr in Deutschland verkauft?

Rossmann: Um die 50 Megawatt.

Und womit rechnen Sie dieses Jahr?

Rossmann: Mit einer Verdopplung. Wir hatten ja gerade über das Thema Pricing gesprochen. Auch wir haben positiv vernommen, dass jetzt eingegriffen wird. Die Antidumpingmaßnahmen stellen eine gesunde Marktsituation her, die vorher nicht da war. Sie bringen die Preise der Chinesen auf ein Niveau, die in einem angemessenen Verhältnis zu den Produktionskosten stehen. Das bringt ein deutliches Nachfrageplus für uns, weil sich die Kunden umorientieren. Außerdem haben wir im vergangenen Jahr in Deutschland kein Projekt gemacht, das größer als zwei Megawatt gewesen ist. In diesem Projektsegment kommen nun viele Anfragen auf uns zu.

Ortmanns: Außerdem werden Hocheffizienzmodule wichtiger, die wir auch anbieten. Unternehmen, die vorher drei, vier oder fünf Megawatt gemacht haben und jetzt Kleinanlagen bis zehn Kilowatt bauen, wollen keine 245- oder 250-Watt-Module installieren. Die wollen 260 Watt plus, am besten 270, 275, 280 oder 285 Watt und darüber hinaus, weil sich damit die Einsparung von BOS-Kosten sehr deutlich bemerkbar macht.

Wie sehen Sie den Mehrwert der Großhändler, die Qualität der Ware zu prüfen?

Rossmann: Als Großhändler sind Sie nicht in der Lage, zumindest Stand heute in der Solarindustrie, Qualität dauerhaft zu qualifizieren.

Warum nicht?

Rossmann: Weil Ihnen dafür die Instrumentarien fehlen. Es ist nicht damit getan, mal einen Flashtest zu machen oder dergleichen. Es fehlen die Audits und die Methodologie, einen Hersteller zu prüfen.

Aber es gibt doch große Großhändler mit einem größeren Modulumsatz, die sagen, sie machen Fabrik-Audits.

Rossmann: Das halte ich für sehr sinnvoll, und das begrüße ich sehr. Man müsste es nur umfangreicher tun. Wir haben es in dieser Branche mit einem extrem diffusen Markt zu tun, mit über 300 Herstellern aus aller Herren Länder. Wenn man Großhändler hat, die in der Lage sind, aus diesem Dickicht heraus 10 oder 15 seriöse Hersteller zu qualifizieren und ihren Kunden anzubieten, dann ist das ein unheimlicher Mehrwert. Handwerksbetriebe sind dazu nur sehr schwer in der Lage. Größere Solarteure oder EPCs treten bezüglich notwendiger Audits und Transparenz direkt an die Hersteller heran. Ein Hersteller, der seine ganzen Prozesse und Lieferantenspezifikationen kennt, kann dem Kunden eine ganz andere Informationsdichte und -tiefe bereitstellen.

Da müssen Ihnen die Kunden aber vertrauen. Und das schaffen Sie durch große Transparenz?

Ortmanns: Das ist ein ganz, ganz wichtiger Punkt. Ich sage mal, wir haben ein Art Educational Sales. In unseren Verkaufsgesprächen brechen wir das Modul in seine Einzelkomponenten herunter und beleuchten deren Funktion und Qualitätsmerkmale.

Da müssen Installateure dann aber auch vertrauen?

Ortmanns: Es gibt ein paar sichtbare Dinge, auf die wir einfach hinweisen, um Unterschiede zwischen den Modulen aufzuzeigen. Zum Beispiel auf Lötbilder. Die sind sowohl für Installateure als auch für Endkunden sehr schön greifbar. Da kann man den Unterschied zeigen zwischen manuell und automatisiert verlöteten Modulen. Wir reden über das Thema Verkapselung und Rückseitenfolien und die Auswirkungen auf die Langlebigkeit eines Moduls. Wir wollen am Bewusstsein arbeiten.

Das Gespräch führte Michael Fuhs.

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