First Solar sucht Alternativen zur Dünnschicht

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pv magazine: Was denken Sie über den Anstieg, den Aktien von First Solar zu Beginn dieser Woche erfahren haben?

Stefan de Haan: Die Reaktion des Marktes war in ihrer absoluten Heftigkeit sicherlich überzogen. Da war auch Spekulation mit im Spiel. Andererseits sehen wir durchaus, dass die Solarbranche das Vertrauen der Finanzmärkte zurück gewinnt. Es gab in letzter Zeit doch einige positive Quartalsberichte und verhalten optimistische Ausblicke. Natürlich ist da auch die Insolvenz von Wuxi Suntech zu erwähnen. Die beruht aber auf Fehlern und Entwicklungen der Vergangenheit. Das bedeutet nicht, dass die Erwartungen an die Zukunft schlecht sein müssen.

Seit Ende letzten Jahres sehen wir bei IHS, dass sich im Markt eine Trendwende abzeichnet. 2013 wird sicher noch kein fantastisches Jahr für Solarhersteller werden, allerdings haben wir den Boden bereits gesehen und es geht wieder aufwärts. Diese Ansicht wird nun zunehmend von den Finanzmärkten geteilt. Der starke Anstieg des Aktienkurses von First Solar ist also schon ein Zeichen für eine allgemeine Trendwende, auch wenn er in dieser Höhe eine Überreaktion darstellte.

Wo sehen Sie First Solar, wenn Sie die vom Unternehmen selbst veröffentlichten Meldungen betrachten? Es scheint, als ob die Projekt-Pipeline derzeit durch Akquisition erweitert wird.

First Solar war dem Rest des Marktes immer ein wenig voraus, wenn es darum ging, neue Wachstumsmärkte zu identifizieren und neue Wachtumsstrategien umzusetzen. Sie haben zum Beispiel ihre Fühler nach Lateinamerika ausgestreckt und einen chilenischen Entwickler samt Projektportfolio gekauft. First Solar zieht sich aus den Massenmärkten, die zu einem großen Teil von staatlicher Förderung abhängen, eher zurück. Das sind ja auch die Märkte, in denen der Wettbewerb besonders hart ist. Stattdessen konzentriert sich First Solar auf seinen Heimatmarkt und die aufstrebenden neuen Märkte. Nun haben sie diese Strategie durch den Kauf von TetraSun weiter ergänzt und werden auch in Richtung kleiner Dächer expandieren. Das ergibt schon Sinn, sich nicht direkt dem Wettbewerb mit den Yinglis und Trinas dieser Welt zu stellen.

Aber könnte der Aufbau einer Projektpipeline durch Akquisition nicht zu teuer werden?

Immerhin ist das Downstream-Geschäft der Bereich, in dem Solarfirmen noch eine Rendite erzielen können. Dieses Segment rettet derzeit ja viele Hersteller, die in den letzten Jahren in diese Richtung expandiert haben. Grundsätzlich ist es also sinnvoll, durch Expansion im Projektgeschäft zu wachsen und sich eher als Energiefirma, denn als Modulproduzent zu positionieren – und genau das ist es, was First Solar tut.

Gibt es Spannungen oder Konkurrenz zwischen den Upstream- und Downstream-Geschäftsmodellen?

Ja, die gibt es und diese Spannungen werden wachsen. Möglicherweise werden Firmen, die ihre Aktivitäten ins Projektgeschäft verlagern, die Produktion der Photovoltaik-Komponenten mehr und mehr an Auftragsfertiger vergeben. Modulherstellung wird immer mehr ein Massengeschäft mit geringen Kosten und geringen Margen, also etwas für große, aber schlanke und effiziente Organisationen. Die Auftragfertiger aus der Halbleiterbranche – z.B. Jabil Electronics, TSMC, Flextronics, Foxconn Technology – können das gut. Projektentwicklung ist eher ein Geschäft mit hohen Fixkosten und höheren Renditen. Beide Geschäftsfelder können profitabel sein, aber es wird schwierig sein, sie langfristig in einer Firma zu integrieren.

Der Kauf von TetraSun ist eine strategische Verlagerung für First Solar. Dies wird First Solar vermutlich erlauben, den japanischen Markt und das Aufdachsegment zu erschließen. Aber könnte der Kauf auch eine längerfristige strategische Verlagerung in Bezug auf Technologie sein?

Das ist wirklich die entscheidende Frage, und meine persönliche Meinung ist: Ja. Cadmium-Tellurid (CdTe) stößt allmählich an seine Grenzen. Der Kauf von TetraSun könnte also nicht nur die Expansion in ein neues attraktives Marktsegment bedeuten, sondern auch den ersten Schritt weg von der CdTe-Technologie. Momentan ist das aber wirklich Spekulation, wir erwarten keine kurzfristigen Neuigkeiten.

First Solar hatte sich vor einigen Jahren auch intensiv an der CIGs-Technologie versucht. Sie haben aber schließlich aufgegeben, weil sie kein Potential sahen, die Technologie zu den erforderlich niedrigen Kosten in die Volumenfertigung zu bringen. Aber sie wussten natürlich, dass Cadmium-Tellurid seinen Vorsprung verlieren würde. Intern sagten sie das schon 2008, insofern ist der Schritt in Richtung kristallin keine echte Überraschung.

Außerdem spricht First Solar von Kosten um die 40 Dollarcent pro Watt im Jahr 2017. Es ist zwar nicht klar, welcher Produktmix dieser Rechnung zugrunde liegt, aber die Entwicklung von Cadmium-Tellurid in den letzten Jahren würde diese Kostensenkung wohl nur schwer ermöglichen, weil die Technologie schon sehr weit optimiert ist. Eventuell geht in diesen Kostenausblick schon eine neue kostengünstige kristalline Technologie ein. Es ist spekulativ, aber für mich ein weiterer Hinweis darauf, dass die Akquisition von TetraSun der erste Schritt von etwas Größerem ist.

Könnte das auch bedeuten, dass General Electric die Pläne, eine Cadmium-Tellurid-Modulproduktion aufzubauen nun wieder einmotten wird?

Es gibt das Beispiel von General Electric mit Cadmium-Tellurid, es gibt TSMC mit CIGS. Große Firmen, die in der Dünnschicht aktiv sind, aber mit der Volumenfertigung zögern. Momentan sehen wir, dass Dünnschicht seinen Marktanteil nicht wird halten können. Letztlich ist die Zukunft von Dünnschicht zu einem guten Teil von den Entscheidungen der zwei aktiven großen Spieler abhängig – First Solar und Solar Frontier. Einer der beiden macht nun wohl einen Schritt weg von dieser Technologie, das ist natürlich kein gutes Zeichen für deren Zukunft.

War der Rückzug von Firstsolar aus Deutschland überstürzt und vielleicht eine Fehlentscheidung?

Deutschland ist der am härtesten umkämpfte Markt weltweit mit den niedrigsten Preisen. Auch wenn First Solar nun ein Produkt vermarkten wird, das sich auch für kleinere deutsche Dächer gut eignet, bleibt das Umfeld in Deutschland problematisch. Der deutsche Markt wird – anders als der japanische, den First Solar nun verstärkt angeht – in diesem Jahr schrumpfen, und auch danach eher langsam wachsen. Der Rückzug aus Deutschland passt also in First Solars Strategie und ist aus ihrer Sicht sicher nicht falsch.

Das Interview führte Jonathan Gifford

Stefan de Haan wird auf dem Thin-Film Industry Forum in Berlin in der kommenden Woche einen Marktüberblick zum Dünnschicht-Sektor geben. Außerdem diskutiert er mit weiteren Experten über die Perspektiven der Dünnschicht – in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Das vollständige Programm finden Sie unterwww.solarpraxis.de.

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