Bayerische Familienidylle

Teilen

Herr Patrick Thoma, Sie sind der Sohn des – ich nenn ihn einmal so – Firmenpatriarchen. Was ist Ihre Firma?

Patrick Thoma: Ich bin Geschäftsführer von Jurawatt. Wir produzieren Photovoltaikmodule. Das heißt, wir kaufen Zellen und Materialien ein und produzieren daraus komplette Module. Jurawatt ist aus der Firma J.v.G. Thoma heraus entstanden, der Maschinenbaufirma meines Vaters. Wenn jemand Geld investiert, dann bekommt er von J.v.G. Thoma eine voll integrierte Fertigung.

Herr Hans Thoma, haben Sie Ihre Söhne dazu gedrängt, in Ihre Fußstapfen zu treten?

Hans Thoma: Nein, das hat sich eigentlich eher zufällig ergeben. Ich habe inzwischen auch alle Brüder bei mir in der Firma. Wir sind 15 Thoma im Unternehmen. Wir sind sieben Geschwister, da arbeitet jeder mit, Neffen, Nichten, Ehepartner, Ehefrau. Aber es hat sich wirklich zufälligerweise ergeben.

Wie denn?

Patrick Thoma: Mein Bruder Andreas Thoma war zum Beispiel Versicherungskaufmann, und irgendwann hat er keine Lust mehr gehabt, Versicherungen zu verkaufen. Mein Vater hat gesagt: Komm, wir machen den Vertrieb. Wer Versicherungen verkaufen kann, der kann auch Stanzkontakte und so etwas verkaufen.

Hans Thoma: Zumal Andi ja auch zwei Jahre vorher bei mir eine Ausbildung gemacht hatte.

Patrick Thoma: Dann kam die Anfrage, eine 100-Kilowatt-Anlage zu installieren. Da hat er noch nicht so viel verdient. Aber dann kamen noch mehr Anfragen, und der Verdienst wurde größer. Und dann hat er Jurasun als Installationsbetrieb gegründet. Dann hat meine Schwester, die ausgebildete Pferdepflegerin ist, einen Buchhaltungskurs gemacht und sich angeboten, die Buchhaltung von der Steuerberaterin zu übernehmen. Dann war die Miriam schon mit drin.

Hans Thoma: Dann habe ich gesagt: Patrick, was macht denn eigentlich die Birgit? Die Birgit war Fachverkäuferin im Brillenbereich und hat eine Filiale geführt. Ich hatte die Idee, dass sie das Marketing übernimmt. Sie hat erst einmal gesagt, dass sie nicht will. Dann hat sie es zunächst fünf Jahre lang nebenbei in einem kleinen Bereich gemacht. Nach fünf Jahren war sie im Prinzip bereit, die Aufgabe ganz zu übernehmen.

Herr Patrick Thoma, wie haben Sie mit Jurawatt begonnen?

Patrick Thoma: Nach dem Studium habe ich bei meinem Vater angefangen. Vor ungefähr vier Jahren hatten wir die Idee, eine eigene Fertigung aufzubauen. Der Hintergrund war: Mein Vater hat bei Aleo Solar viel mit aufgebaut in der damals ersten 100-Megawatt-Fabrik. Das war etwas ganz Besonderes. Am Anfang durfte ich noch mit Kunden reingehen und die Anlage als Referenz zeigen. Aber irgendwann war damit Schluss. So geht es mit jedem Kunden. Deshalb haben wir uns überlegt, statt als Referenz eine Prototypenproduktion aufzubauen, bauen wir lieber gleich eine richtige Fertigung und stellen Module her. Die Fertigung können wir Kunden von J.v.G Thoma zeigen. Und die Module können wir brauchen, denn mein Bruder hat ja die Firma zur Installation von Anlagen. Vor knapp drei Jahren war deshalb die Geburtsstunde von Jurawatt.

Was hat es mit dem hitzebeständigen Modul auf sich?

Hans Thoma: Wir haben mit einem Partner eine spezielle Folie auf Silikonbasis als Ersatz für die EVA-Folien entwickelt, die die Zellen einbetten. Es hat relativ viele Rückschläge gegeben und vier Jahre gedauert. Als wir gesehen haben, dass das in die richtige Richtung geht, mussten wir noch die Produktionsprozesse entwickeln, zum Beispiel einen Laminator. Der Laminator erhitzt am Ende der Produktion das Modul, dadurch verbindet sich die Folie mit dem Glas und den Zellen, so dass das Modul zusammenhält. Dann muss das Modul getestet und zertifiziert werden.

Es liegt also an der EVA-Folie, wenn ein Modul nicht so hitzebeständig ist?

Hans Thoma: Hauptsächlich, ja.

Wo benötigt man solche hitzebeständigen Module?

Hans Thoma: Das EVA können Sie ja schon bei 60 Grad fast mit der Hand abziehen. Patrick Thoma: Es gibt einen Bereich, wo das EVA relativ stabil ist. Wenn es kälter wird, wird es spröde, wenn es wärmer wird, gelartig. Über 65 Grad werden die Haftkräfte rapide kleiner. Wenn Module dann mechanisch belastet werden, kommt es zur Delaminierung. Die Folie, die wir jetzt verwenden, fällt viel langsamer und vor allem linear ab.

Was kam in der Zusammenarbeit mit dem Partner von Ihnen?

Hans Thoma: Wir haben gesagt, dass wir eine andere Folie wollen, da uns EVA nicht gut genug ist. EVA ist auch für ganz andere Zwecke entwickelt worden. Unser Partner hat gleichzeitig schon an einem neuen Material gearbeitet, an einem Silikon, weil das Unternehmen aus diesem Bereich kommt. Ursprünglich wurde das gegossen. Ich habe dagegen gesagt, dass das im Laminator verarbeitet werden muss.

Warum? Es gibt andere Anbieter, die Silikone zum Vergießen verkaufen.

Hans Thoma: Die Modulhersteller schmeißen doch nicht ihre ganzen Geräte fort und kaufen dann eine Gießanlage. Das muss auf der gleichen Anlage verarbeitbar sein.

Wacker hat auch solch eine Folie vorgestellt. Ist Wacker Ihr Partner?

Patrick Thoma: Zum Material will ich nichts sagen.

Die Modulpreise sind rasant gefallen. Können Sie als kleiner Hersteller unter – sagen wir mal – 90 Eurocent pro Watt produzieren? Das ist ja zumindest für größere Projekte inzwischen ein durchaus üblicher Preis.

Patrick Thoma: Für Großaufträge können wir das. Durch unsere koreanische Fabrik, die wir letztes Jahr mit J. v. G. Thoma Patrick Thoma hält es auch in Deutschland für sinnvoll, Module mit hitzebeständigeren Einbettfolien zu verwenden. Sie sind auch PID-resistent.fertiggestellt haben, haben wir zusätzlich einen Lieferanten mit unserem Know-how und unserer Technik, aber mit günstigeren Preisen. Unsere Projektmodule kommen zum Beispiel von Jurasolar Korea. Wir nennen diese Module: „Made in Asia, testet in Germany“. Jedes Modul wird nochmals bei uns getestet.

Noch einmal zu Familienunternehmen. Was läuft bei Ihnen anders als in Aktiengesellschaften oder Unternehmen, in denen die Familie nicht so präsent ist?

Birgit Thoma (Marketingleiterin Jurawatt, Ehefrau von Patrick Thoma): Das Wichtigste an der Familie ist, dass man sich auf den anderen immer 100-prozentig verlassen kann. Jeder kontrolliert den anderen. Keiner ist auf den anderen sauer. Wir lassen Sachen oft auch Revue passieren, wenn wir privat miteinander zu tun haben. Dann reden wir halt beim Essen noch mal über die Arbeit. So kommen immer viele neue Ideen, die vielleicht bei anderen nicht entstehen würden. Und so gibt jeder dem anderen Feedback. Das ist bei uns in der Familie richtig fest verankert.

Das sind die positiven Teile des Ganzen. Werden nicht auch Familienkonflikte in die Firma getragen?

Patrick Thoma: Das gibt es auch.

Hans Thoma: Ja, freilich. Na und? Dann flippt halt mal jemand aus, und dann ist es eben so. Zwei Wochen später ist es dann wieder gut. Manchmal wird es auch zwei Monate herumgeschleppt, dann gibt es eine große Besprechung, und dann ist es wieder gut.

Aber um es mal rein formal zu sehen: Sie sind schon der Chef und Ihnen gehört das Ganze, oder?

Hans Thoma: Ich habe nichts zu sagen hier.

Alle lachen?

Hans Thoma: Ich höre von meinem Sohn dann wieder in einer E-Mail: „Papa, wir haben doch gesagt, wir stimmen uns ab.“ Peng, dann habe ich schon wieder eine auf dem Deckel.

Trauen sich Söhne, ehrlicher mit ihrem Vater zu reden als andere Mitarbeiter?

Hans Thoma: Ja. Das ist auch wichtig. Das finde ich gut.

Wie geht es den Mitarbeitern, die nicht aus der Familie kommen? Für die könnte es ja umgekehrt schwieriger sein, weil sie keinen direkten Familiendraht zum Chef haben.

Patrick Thoma: Es gibt halt keinen Vorteil ohne Nachteil. Hans Thoma: Es gibt aber auch das: Eine Mitarbeiterin hat ein Haus gekauft und hat mich gebeten, ob ich zur Besichtigung mitgehe. Und dann stellt sie mich vor: „Das ist mein Ziehvater.“ Das ist ja eigentlich etwas sehr Positives. Das heißt, Mitarbeiter werden auch mit reingenommen. Patrick Thoma: Oder wie Markus, wenn einer zu mächtig wird und nicht aus der Familie kommt, dann wird er halt mit der Cousine verbandelt (lacht).

Das Gespräch führte Michael Fuhs.

Eine Langversion unter anderem mit Aussagen zur Situation kleiner Modulhersteller und zur Produktionsautomatisierung finden Sie unter Webcode 0040 aufwww.photovoltaik.eu

Dieser Inhalt ist urheberrechtlich geschützt und darf nicht kopiert werden. Wenn Sie mit uns kooperieren und Inhalte von uns teilweise nutzen wollen, nehmen Sie bitte Kontakt auf: redaktion@pv-magazine.com.

Teilen

Ähnlicher Inhalt

An anderer Stelle auf pv magazine...

Schreibe einen Kommentar

Bitte beachten Sie unsere Kommentarrichtlinien.

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Mit dem Absenden dieses Formulars stimmen Sie zu, dass das pv magazine Ihre Daten für die Veröffentlichung Ihres Kommentars verwendet.

Ihre persönlichen Daten werden nur zum Zwecke der Spam-Filterung an Dritte weitergegeben oder wenn dies für die technische Wartung der Website notwendig ist. Eine darüber hinausgehende Weitergabe an Dritte findet nicht statt, es sei denn, dies ist aufgrund anwendbarer Datenschutzbestimmungen gerechtfertigt oder ist die pv magazine gesetzlich dazu verpflichtet.

Sie können diese Einwilligung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen. In diesem Fall werden Ihre personenbezogenen Daten unverzüglich gelöscht. Andernfalls werden Ihre Daten gelöscht, wenn das pv magazine Ihre Anfrage bearbeitet oder der Zweck der Datenspeicherung erfüllt ist.

Weitere Informationen zum Datenschutz finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.