Länder wie Singapur haben nur wenig verfügbares Land. Bei fast 5,1 Millionen Einwohnern und etwa 710 Quadratkilometern Landfläche besteht so gut wie keine Möglichkeit, große Solarparks einzurichten. So optimal Aufdachanlagen und gebäudeintegrierte Photovoltaik auch sein können: In der Realität benötigen Länder mit wenig freier Fläche kompaktere Lösungen. Für eine Insel wie Singapur in einer Region, die mit viel Sonneneinstrahlung gesegnet ist, wäre es eine Schande, das ganze Sonnenlicht ungenutzt zu lassen. Sicherlich gibt esdort auch Dächer. Ältere Gebäude sind jedoch nicht darauf ausgelegt, das zusätzliche Gewicht von Reihen aufmontierter Photovoltaikmodule zu tragen.
Eine Lösung könnte das Hexifloat sein, das Hann-Ocean auf der PV Expo in Japan vorstellte. Schwimmende Photovoltaikanlagen an sich sind gar nicht so neu. In der japanischen Präfektur Aichi gibt es auf einem Stausee bereits eine 15 mal neun Meter große schwimmende Anlage mit zehn Kilowatt. Auch die 20 Kilowatt große Anlage Lotus in der italienischen Provinz Tarent schwimmt; siewurde von Enerdaiet entwickelt. Beim Hexifloat geht es ebenfalls hauptsächlich um Solarenergie, jedoch wird zudem Wind-, Gezeiten- und Wellenenergie genutzt. Warum alle vier? Laut Andreas Knie, Geschäftsführer von Hann-Ocean, soll das Hexifloat nicht nur für eine höhere Energieausbeute stehen, sondern auch für Diversifikation zur Verminderung von Leistungsschwankungen.
Henry Han hat Hann-Ocean Technology im Jahr 2005 gegründet. Das in Singapur ansässige Unternehmen hatte bisher den Schwerpunkt auf schwimmendenPlattformen wie Pontons, die Unterkünfte und Kräne für Offshore-Bauvorhaben tragen. Das Energiegeschäft ist also Neuland. Knie erklärt, wie die Idee dazu aufkam: „Als wir im vergangenen Jahr eine Machbarkeitsstudie für eine Solaranlage durchführten, kamen wir zu dem Ergebnis, dass Pontons, die für solche solaren Vorhaben eingesetzt werden könnten, nicht optimal sind. Unnötige Mengen an Material kämen zum Einsatz, und die feste Struktur des Pontons würde das Sonnenlicht blockieren und sich auf den Wasserfluss auswirken. So entstand das Hexifloat. Es ist ein Seil-Trägersystem und kommt daher mit weniger Material aus.“
Schwimmendes Gebilde aus Aluminium und Stahl
Das Hexifloat ist ein patentiertes hohles und schwimmendes Gebilde aus Aluminium und Edelstahl, das – wenn es dann einmal in die Praxis umgesetzt wird – Solar-, Gezeiten-, Wellen- und Windenergie auf einer Plattform integriert. Das gespannte Seil-Trägersystem ist hinsichtlich Belüftung, Lichteinfall, Festigkeit und Steifigkeit optimiert und gewährleistet einen freien Wasserfluss unter der Plattform. Auf die Hexagone werden Solarmodule an Aufhängestangen montiert; die Aufhängestangen werden mit Hilfe von Sicherungsringen am Träger arretiert. Solarmodule bedecken den Großteil der Plattformoberfläche. Jedes Hexagon bietet Platz für 252 Solarmodule, die somit die Hauptenergiequelle des Hexifloat ausmachen. An den sich berührenden Seiten der Hexagone sind Windräder angebracht. Direkt unter den Windrädern befinden sich die Gezeiten-Turbinen. Zur Erzeugung von Strom aus Wellenenergie verfügt das Unternehmen bereits über seinen eigenen Wellenenergiekonverter Drakoo. Knie erklärt, dass sich zum Beispiel das zugrunde liegende Konzept zur Stromerzeugung aus Wellenenergie von konventionellen Bojen unterscheidet: Die kastenförmige Vorrichtung wird am Hexifloat angebracht, wobei eine Turbine im Inneren des Kastens angetrieben wird. Es handelt sich um ein völlig neues Konzept, unterstreicht Knie. Die Kästen befinden sich entlang der Außenseiten des Hexifloats. Das gesamte Hexagon hat einen Durchmesser von 27 Metern, eine Breite von 23,6 Metern und eine Tiefe von 1,7 Metern. Das Gewicht beträgt 14 Tonnen.
Die Energieversorgung des Hexifloats teilt sich wie folgt auf: 48 Kilowatt Solarenergie, 45 Kilowatt Wellenenergie, 23 Kilowatt Gezeitenenergie, 18 Kilowatt Windenergie. Der wichtigste Aspekt der Vier-in-eins-Struktur liegt in der großen potenziellen Nutzung der Sonnenenergie. Unter anderem steht daher die Frage im Raum, wie widerstandsfähig Solarmodule beim Einsatz auf hoher See in offenen Gewässern sind, denn genau dafür ist das Hexifloat gedacht. Gibt es Module auf dem Markt, die den rauen Bedingungen auf offener See standhalten können?
Module, die für die Installation auf dem Hexifloat ausgewählt werden, müssen zum Beispiel den ansonsten optionalen Salznebel-Korrosionstest (IEC 61701) bestehen, bei dem die Module auf ihre Belastungsfähigkeit unter Umweltbedingungen in Küstengebieten überprüft werden. Die Verteilerkästen und -kabel hinter den Modulen müssen äußerst wasserdicht und robust sein. Zudem muss der Modulrahmen selbst gut mit den ozeanischen Bedingungen zurechtkommen. Abschattung ist ein weiterer zu bedenkender Aspekt. Durch die Kombination aus Wind- und Solarenergie ergibt sich die Schwierigkeit, dass der von der Windkraftanlage geworfene Schatten die Leistung der Solaranlage mindert. „Wir sind uns dieses ungünstigenNebeneffekts von Windkraftanlagen durchaus bewusst, meinen jedoch, dassdie Vorteile einer gleichmäßigeren Energieabgabe überwiegen. Wind- und Gezeitenenergie wirken sich nicht allzu sehr auf die Solarkomponente aus. Diversifikation und eine höhere Energieabgabe sprechen für sich, Abschattung verliert an Bedeutung“, so Knie. Die im Modell gezeigten Windräder sind außerdem deutlich kleiner als die Norm.
Bis neun Meter hohe Wellen
Das Hexifloat selbst sei bis Seegangstärke sieben ausgelegt, könne also bis zu neun Meter hohen Wellen standhalten, sagt Knie. Für das Hexifloat allein kann davon ausgegangen werden, dass seine Struktur ausreichende Stabilität besitzt, ist es doch von einem Unternehmen mit Know-how in der Ponton-Branche hergestellt worden. Was Knie außerdem betont, ist die leichte Installation: Das Hexifloat kann an Land aufgebaut und mit Solarmodulen ausgestattet werden, danach wird es zur See gelassen.
Beim Zusammenbau einer Seaflower, zusammengesetzt aus sieben Hexagonen, können die einzelnen Hexifloats im Wasser miteinander verbunden werden. Mit starren Ponton-Verbindungen (Rigid Pontoon Connectors – RPCs) werden die Hexifloats aneinandergekoppelt. Ein oder zwei Arbeiter genügen dem Unternehmen zufolge, um zwei Plattformen innerhalb von Sekunden miteinander zu verkoppeln. Andersherum geht es genauso schnell. Die RPCs erlauben auch das einfache Lösen. „Was bei unseren Pontons funktioniert, funktioniert ebenso bei unserem Hexifloat“, sagt Knie. Das Hexifloat selbst passt mit all seinen Komponenten genau in einen 40-Fuß-Container und kann somit kompakt verstaut werden.
Ist das Hexifloat erst einmal auf dem Meer, erzeugen die Solarmodule gleichzeitig mit den Wind-, Wellen- und Gezeitenturbinen Strom, der dann durch eine Kontroll- und Ladeeinheit mit Wechselrichter, die sich auf dem Hexifloat befindet, über ein Unterwasserkabel zum Ufer geleitet wird. Aber was ist, wenn die Module ausfallen? Wie ist die Instandhaltung möglich? Muss der Entwickler das gesamte Hexifloat wieder zum Festland schaffen, was für das Einholen, Reparieren und erneute Positionieren Zusatzkosten bedeutet? Oder werden Solartechniker auch noch Hochseeschwimmkurse belegen müssen? „Das Wartungspersonal muss für Überprüfungen oder Reparaturen nicht unter dem Hexifloat herumschwimmen“, sagt Knie, man kann auf der Plattform laufen. Das Hexifloat selbst ist flach, und die Module sind leicht gekippt. Das erlaubt das Auslegen von Stegen, damit das Personal das Hexagon begehen und einzelne Module warten kann. Das Seil-Trägersystem ermöglicht ein leichtes Anbringen und Abnehmen der Module. „Sollte ein komplettes Hexifloat wartungsbedürftig sein, kann es auch von der Seaflower abgekoppelt werden“, führt Knie aus. „Natürlich soll das Hexifloat nicht wegschwimmen, weshalb es dann im Grund verankert beziehungsweise vertäut werden muss.“
Auf der Suche nach einem Pilotprojekt
Hat das Hexifloat bereits Zertifizierungen? „Noch ist es zu früh für offizielle Zertifizierungen. Wir haben jedoch bereits unsere eigenen Computersimulationen sowie Stabilitäts- und Spannungsanalysen durchgeführt. Aber wir beschäftigen uns mit der benötigten Zertifizierung“, so Knie. Hann-Ocean hat jahrelange Erfahrung im Ponton-Geschäft und hält die patentierte Plattform für einsatzbereit. Was aber derzeit noch fehlt, ist ein Pilotprojekt. Und wie hoch sind die Kosten für solch ein Hexagon, ohne Kosten für die Energiegeneratoren? Knie will sich nicht festlegen, verrät jedoch, dass die ungefähren Kosten von einem Hexifloat etwa zwischen 20 und 30 Prozent der Kosten für die Solarmodule ausmachen.
Die Erde ist größtenteils mit Wasser bedeckt. Diese Wasseroberfläche steht bereit, um auf eine positive und umweltfreundliche Weise genutzt zu werden. Hier ist das Hexifloat ein hervorragender Kandidat – und sieht auch deutlich besser aus als eine Ölplattform. Auf der PV Expo, die vor kurzem in Japan stattfand, stieß das Konzept auf äußerst positive Resonanz, erste Modulhersteller haben ihr Interesse bekundet, teilt Knie mit. Es gibt erste Gespräche, und das erste konkrete Projekt scheint nicht mehr allzu weit in der Zukunft zu liegen. Dann wäre das Hexifloat mit seiner kombinierten Seaflower-Power bereit, nicht nur Strom aus Solarenergie, sondern auch aus Wind- und Wasserkraft zu erzeugen. Und das Beste daran ist, dass es beim Erzeugen von grünem Strom auch noch eine gute Figur macht.
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