Selbstbewusst und euphorisch

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Zwei Reaktionen sind möglich auf Anton Milners Verkündigung anlässlich der 23. European Photovoltaic Solar Energy Conference and Exhibition PVSEC in Valencia. Der CEO von Q-Cells und Vorstandsmitglied der Europäischen Photovoltaikkonferenz stellte das neue Ziel des Europäischen Photovoltikverbandes EPIA vor. Statt wie bisher drei bis fünf Prozent solle sich der Industrieverband zwölf Prozent als neues Ziel für den Photovoltaikstromanteil 2020 setzen. Dabei sei vielleicht noch mehr drin: „Wir denken, das Marktpotenzial ist sehr viel größer“, sagte er. Das Ziel ist ehrgeizig. Wer hoch pokert, kann gewinnen, in diesem Fall die Unterstützung durch die Politik. Er kann aber auch seine Glaubwürdigkeit verlieren. Als Milner das Ziel am zweiten Konferenztag auf dem exklusiven Workshop der Top-CEOs vorstellte, wurde es dennoch fast einstimmig angenommen.

Dabei hätte in Spanien leicht Katerstimmung aufkommen können. Das stolze durch die Förderung erreichte Wachstum droht jäh abzubrechen. Während Experten den Zubau in Spanien dieses Jahr auf ein Installationsvolumen von über einem Gigawatt schätzen, wird die Unterstützung in Zukunft wohl einen Deckel bekommen. Anfang September plante die Regierung noch, dem Zubau über 300 Megawatt hinaus die Förderung zu entziehen. Bei Redaktionsschluss sah es so aus, dass der Deckel erhöht und aufgespalten wird. 300 Megawatt soll er bei Freilandanlagen betragen, 200 Megawatt für Dachanlagen. Die Vergütung sinkt gleichzeitig von 45 auf 32 bis 34 Cent für Dachanlagen und 29 Cent bei Freiflächenanlagen. Obwohl das schon der nachgebesserte Entwurf ist, ist die EPIA damit noch lange nicht zufrieden. „Wir hätten es auf jeden Fall vorgezogen, wenn der Deckel durch ein System ersetzt worden wäre, das ähnlich zu dem der Korridore in Deutschland ist“, sagt EPIA-Generalsekretär Adel El Gammal. Hierzulande soll die Degression der Einspeisevergütung in Abhängigkeit vom Wachstum erfolgen. Das begrenze die Kosten und bremse nicht gleichzeitig die Entwicklung des Markts.

Doch nach Katerstimmung sah es in Valencia nicht aus. Inzwischen hat man sich schon fast daran gewöhnt, dass jede neue Veranstaltung der Branche ihre Vorgängerin in jeder Hinsicht übertrifft. 715 Aussteller kamen dieses Jahr nach Spanien, letztes Jahr besuchten „nur“ 512 Firmen die PVSEC, damals in Mailand. Im Vergleich zur Messe vor vier Jahren verdreifachte sich die Zahl nahezu. Noch drastischer sieht die Entwicklung bei der Ausstellungsfläche aus: Sie stieg von 9.000 Quadratmeter in 2004 auf 50.000 dieses Jahr. Die Messe lockte über 20.000 Besucher an. Zur Konferenz, auf der eher wissenschaftliche Themen behandelt wurden, hatten sich 3.500 Teilnehmer angemeldet. Messe und Tagung sind also riesig, und das Programm erschlägt auch alte Hasen. „Der wichtigste Eindruck ist, dass es wirklich ein richtiger Industriezweig geworden ist“, sagt Michael Powalla, Leiter des Geschäftsbereiches Photovoltaik und Vorstand des ZSW, des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung in Stuttgart.

Dass es so weit kam, ist nicht zuletzt Visionären wie Mechthild Rothe zu verdanken. Sie wurde deshalb auf der Abschlussveranstaltung mit dem Bequerelpreis für außergewöhnliche Leistungen in der Photovoltaik ausgezeichnet. 1984 zog sie in das Europäische Parlament ein, 1994 bis 1996 war sie maßgeblich daran beteiligt, dass sich die EU das Ziel setzte, bis 2010 drei Gigawatt Photovoltaikleistung installiert zu haben, heißt es in der Laudatio. Heute ist sie Vizepräsidentin des Parlaments und Präsidentin des Europäischen Forums für Regenerative Energiequellen.

Rennen zwischen Technologien

Wenn es ums Detail geht, stehen in Valencia nach wie vor die zwei immer gleichen Trends im Mittelpunkt: billiger, besser oder beides. Billiger wollen nach wie vor die Dünnschichtproduzenten sein, was dazu führt, dass kaum noch jemand über den immer noch deutlich niedrigeren Wirkungsgrad ihrer Technologie spricht. „Die spannende Frage, die wir hier auch auf der PVSEC sehen, ist, wie wird die Zukunft aussehen im Rennen zwischen Dünnschicht und klassischer kristalliner Silizium-Photovoltaik“, sagt Eicke Weber, Leiter des Fraunhofer-

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Sechs Quadratmeter auf einen Streich

Applied Materials argumentiert, die amorphe Dünnschichttechnologie sei umso billiger, je größer die beschichteten Flächen seien. Das Unternehmen verkauft deshalb Anlagen, mit denen man sechs Quadratmeter große Dünnschichtmodule aus amorphem Silizium herstellen kann. Ohne Rahmen sind die Module jedoch sehr fragil, wie einige Besucher vergangener Messen beobachtet haben. Um Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen, zeigte Applied Materials auf seinem Messestand einen Film, in dem die sechs Quadratmeter großen Module innerhalb von eineinhalb Minuten montiert werden. Bei der Konzeptstudie wurde eine typische Maschine zur Glashandhabung eingesetzt. Das sei keine neue Technologie. Im Architekturbereich würde teilweise mit noch größeren Scheiben gearbeitet.