Neues Schutzkonzept für Wechselrichter erzwingt im Störfall in unter 1 Millisekunde einen dauerhaften Kurzschluss

Hauptgebäude des Fraunhofer IMWS

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Wenn es in Energiesystemen zu Fehlern bei der Stromverteilung kommt, entstehen hohe Kurzschlussströme, die große Energien an der Fehlerstelle erzeugen. Für solche Fälle sind Abschalteinrichtungen verbaut, die dafür sorgen, dass der Überstrom unterbrochen wird. Die heute verfügbaren Lösungen sind allerdings auf klassische Erzeugungsanlagen ausgelegt. Sie  benötigen eine Abschaltzeit von bis zu 100 Millisekunden.

Für die Erneuerbaren ist dies zu lang. Dort werden oft Halbleiter-basierte Wechselrichter als Schnittstelle zum Netz eingesetzt – besonders häufig IGBT-Module, die mehrere Chips in einem isolierten Gehäuse integrieren, um hohe Spannungen und Ströme effizient zu schalten. Die damit erreichbaren hohen Leistungsdichten bei kompakter Bauweise werden durch den zunehmenden Einsatz von Siliziumkarbid (SiC) als Material für Halbleiterbauelemente noch einmal erhöht. Dies führt dazu, dass einige Wechselrichter-Konfigurationen durch klassische Überstromeinrichtungen nicht mehr ausreichend geschützt sind.

Infineon Bipolar, die Technische Universität Dresden und das Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS haben daher nun in einem gemeinsamen Forschungsprojekt Lösungen entwickelt, wie sich mit einer Kombination aus Leistungsschaltern und Halbleitern im Störfall sehr schnell und dauerhaft ein gezielter Kurzschluss erzeugen lässt, der die Komponenten vor einem Überstrom schützt.

„Das ist eine wichtige Grundlage für neue Leistungselektroniklösungen, die eine verbesserte Netzanbindung von regenerativen Energien ermöglichen“, sagt Carola Klute, die im Projekt namens „GreenGridGuard“ das Teilvorhaben „Materialdiagnostik und Zuverlässigkeitsanalyse“ am Fraunhofer IMWS geleitet hat

Verständnis der mikrostrukturellen und werkstoffmechanischen Mechanismen

Der in weniger als 1 Millisekunde erzeugte Kurzschluss bleibt dabei während des Fehlerfalls dauerhaft bestehen (»Short on fail«-Garantie). Zugleich haben die Forscher Lösungen gefunden, wie sich ein Gehäusebruch auch bei sehr hohen Belastungen verhindern lässt, sodass kein Plasma aus dem Wechselrichter austreten kann.

Um ein möglichst wirkungsvolles Schutzsystem zu entwickeln, haben die Projektpartner auf verschiedene Demonstrator-Designvarianten gesetzt, die während der zweijährigen Projektlaufzeit erprobt und bewertet wurden. Als besonders leistungsfähig erwies sich ein Chipaufbau mit anodenseitig fester Verbindung zwischen einer dicken Trägerscheibe und kathodenseitig lose aufliegender Kontaktscheibe. Diese Variante wurde anschließend weiterentwickelt, um das Bauteil hinsichtlich der Kurzschlusswirkung zu optimieren.

„Wir konnten im Projekt ein genaues Verständnis dafür entwickeln, welche mikrostrukturellen und werkstoffmechanischen Mechanismen an den einzusetzenden Komponenten und Systemen wirken. Dabei konnten wir auch unser Know-how zur individuellen Entwicklung von Prüfverfahren im Mikrobereich für unterschiedliche Materialsysteme sowie für die Bewertung thermomechanischer Beanspruchungen einbringen“, sagt Klute. So wurden beispielsweise passende Diagnostikmethoden und Zuverlässigkeitsuntersuchungen für die neue Abschalteinrichtung entwickelt und in einem Katalog erfasst. Ein Schwerpunkt war die Erforschung der Materialreaktionen im Störfall und die Bewertung, wie sich diese auf die Zuverlässigkeit auswirken.

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