„Die Marktdynamik ist derzeit ausgesprochen gut“

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Pine Valley Capital ist ein Finanzierungsstrukturierer und beschäftigt sich auch mit Batteriegroßspeicher-Projekten. Welche Rolle spielt das Unternehmen?

Janis Schäfer: Ja, wir sind Finanzierungsstrukturierer und Finanzierungsberater – manche würden es auch als Corporate Finance oder Project Finance Advisory bezeichnen. Wir begleiten vor allem Projektentwickler und IPPs (unabhängige Stromerzeuger; d. red.) bei der Finanzierung von Projekten sowie bei strategischen Unternehmensfinanzierungen. Dabei bringen wir Investoren in die Projekte ein und helfen, diese finanzierungsfähig zu machen. Ein besonderer Fokus liegt für uns auf Projekten mit klarer Nachhaltigkeitsausrichtung. Unser Ziel ist es, die Energiewende aktiv mitzugestalten – deshalb unterstützen wir gezielt Unternehmen und Vorhaben im Bereich der erneuerbaren Energien.

Wieso interessieren Sie sich für Batteriespeicherprojekte?

Der Ausbau der erneuerbaren Energien wurde zuletzt zügig vorangetrieben – das Stromnetz muss daher deutlich flexibler werden. Großbatteriespeicher sind dafür ein sehr geeignetes Mittel. Hinzu kommt, dass die Marktdynamik derzeit ausgesprochen gut ist. Im Vergleich dazu sind klassische Photovoltaik-Freiflächenanlagen wirtschaftlich aktuell nicht mehr ganz so attraktiv. Viele Marktteilnehmer sehen bei Batteriespeicherprojekten momentan deutlich höhere kurzfristige Renditechancen.

Was sind die Herausforderungen bezüglich Bankability?

Wir sehen zum Beispiel viele Projektentwickler aus dem Bereich Photovoltaik, die jetzt in den Batteriespeichermarkt einsteigen. Oft fehlt es dort aber noch an Erfahrung, wie man ein solches Projekt bankable macht. Eine der größten Herausforderungen liegt in der Vermarktungsstrategie – also in der Frage, wie die Erlöse generiert werden sollen. Es gibt sehr unterschiedliche Ansätze: etwa die Teilnahme am Regelenergiemarkt, Peak Shaving, Arbitrage über Strompreisunterschiede und so weiter. Jede dieser Optionen hat unterschiedliche Risiko- und Ertragsprofile – und genau das muss am Ende den Geldgebern glaubwürdig dargestellt werden, damit sie es verstehen und bepreisen können. Hinzu kommt, dass es bislang noch keine etablierten Standardmodelle oder langjährige Track Records gibt, auf die sich Banken verlassen könnten. Das macht die Strukturierung komplexer, weil man stärker individuell argumentieren und Vertrauen aufbauen muss – sei es durch bestehende Marktkompetenz, verlässliche und erfahrene Partner, technische Gutachten oder konservative Annahmen.

Ist es möglich, Fremdkapital für ein Merchant-Projekt zu bekommen, bei dem man Erlöse allein durch den Verkauf am Energiemarkt erwirtschaftet, ohne Förderung oder feste Abnahmeverträge?

Ja, der Markt entwickelt sich aus unserer Sicht in diese Richtung. Zwar gibt es bisher nur wenige Kapitalgeber, die bereit sind, ein solches Fully-Merchant-Risk tatsächlich zu tragen – aber das Interesse wächst. Banken und andere Finanzierer investieren aktuell in Know-how und interne Strukturen, um solche Geschäftsmodelle besser bewerten und künftig auch begleiten zu können. Man merkt: Die Finanzierungslandschaft ist in Bewegung – aber es braucht noch Überzeugungsarbeit und Vertrauen, um Merchant-Projekte erfolgreich zu strukturieren.

Welches Know How müssen die Banken dafür aufbauen?

Vor allem müssen sie ein tieferes Verständnis für den Strommarkt entwickeln – denn bei einem Merchant-Modell ist das Projekt vollständig den Marktmechanismen und Preisrisiken ausgesetzt. Gleichzeitig eröffnet dieses Modell die Chance, an potenziell höheren Renditen zu partizipieren, insbesondere im Vergleich zu klassisch abgesicherten Strukturen. Das macht es vor allem für Entwickler und Investoren attraktiv – und erfordert von Banken die Fähigkeit, diese Chancen und Risiken fundiert einzuordnen und zu bewerten.

Das heißt, die Banken müssen ein Gefühl für das Risiko bekommen, im Augenblick haben sie einfach zu viel Angst?

Janis Schäfer, Pine Valley Capital
Janis Schäfer

Foto: Pine Valley Capital

„Angst“ ist vielleicht das falsche Wort – es ist letztlich ein ganz natürlicher Prozess. Bei einem Projekt, dessen Einnahmen beispielsweise durch einen Tolling-Vertrag (die Vermietung eines Batteriespeichers gegen feste Gebühren; d.red.) abgesichert sind, kann man die Finanzierung auf diese stabilen Cashflows abstellen. Für eine Bankabteilung, die bislang vor allem klassische Erneuerbare-Energien-Finanzierungen begleitet hat, ist es deutlich einfacher, sich auf solche Strukturen einzulassen. Gleichzeitig nimmt man sich als Projektentwickler oder Betreiber damit aber auch eine gewisse Upside – also die Chance, von höheren Marktpreisen zu profitieren. Was zusätzlich eine Rolle spielt: Manche Teilnehmer blicken mit einer gewissen Skepsis auf die Entwicklung der Strommärkte in den kommenden zwei bis vier Jahren. Es besteht die Sorge, dass die Erlöse in dieser Zeit deutlich einbrechen könnten – und genau dieses Risiko muss in der Finanzierungsstruktur entsprechend berücksichtigt und abgesichert werden.

Es ist manchmal zu hören, dass es in Deutschland eine Diskrepanz zwischen den Angeboten der Toller und den Erwartungen der Investoren gibt.

Das würde ich so unterschreiben. Fully Merchant bietet – zumindest aktuell – eine extreme Upside. Und angesichts dieser Perspektive kenne ich kaum Projektentwickler, die sich gerne absichern wollen. Entwickler sind naturgemäß bereit, gewisse Risiken einzugehen – gerade weil sie sich davon höhere Erträge versprechen. Die Realität ist auch: Die Cashflows aus einem Tolling-Vertrag reichen oft nicht aus, um eine für Investoren attraktive Eigenkapitalrendite zu erzielen. Genau da entsteht die Diskrepanz – zwischen dem, was Investoren an Rendite erwarten, und dem, was ein abgesichertes Modell realistischerweise liefern kann.

Vermutlich sind die typischen Laufzeiten der Finanzierungen kürzer als bei Photovoltaik-Anlagen?

Ja, das stimmt. Bei Photovoltaik-Anlagen orientiert sich die Laufzeit in der Regel an der EEG-Förderperiode – oder, bei PPA-Projekten, an der Laufzeit des jeweiligen Stromabnahmevertrags, gegebenenfalls ergänzt durch Marktannahmen für die Zeit danach. Bei Batteriespeichern hingegen liegen die typischen Finanzierungsdauern meist bei zehn bis zwölf Jahren. Gerade bei Fully-Merchant-Projekten kann es aber sinnvoll sein, keine klassische lineare Tilgungsstruktur zu wählen, sondern die Finanzierung variabel zu gestalten. Da viele Projekte aktuell sehr attraktive Renditen abwerfen, besteht in manchen Fällen sogar die Möglichkeit, sie innerhalb von drei bis fünf Jahren vollständig zurückzuführen – vorausgesetzt, die Tilgungsstruktur ist entsprechend flexibel ausgelegt.

Was sind die typischen Renditeerwartungen?
Das hängt stark vom jeweiligen Geschäftsmodell und der Rolle im Projekt ab. Für Betreiber hängt die erwartete Rendite stark davon ab, welches Modell sie wählen. Wer risikoavers ist und über einen Tolling-Vertrag absichert, liegt eher im Bereich von acht bis zwölf Prozent internem Zinsfuß. Wer bereit ist, ins Trading zu gehen – also Merchant-Risiken zu tragen – kann auch mit 15 bis 20 Prozent oder mehr rechnen, je nach Marktentwicklung und Optimierungsstrategie. Projektentwickler, die ihre Projekte nicht selbst betreiben, sondern veräußern, sind in der Regel darauf angewiesen, pro Projekt eine deutlich höhere Rendite zu erzielen – schon allein, um die Entwicklungsrisiken zu kompensieren. Bei Banken geht es weniger um Eigenkapitalrenditen als um Zinssätze auf das eingesetzte Fremdkapital. Diese bewegen sich derzeit meist zwischen vier und sieben Prozent – je nach Projektstruktur, Risikoprofil, Laufzeit und der verfügbaren Besicherung.

Großspeicher-Veranstaltungen im Mai und Juli

An Tag 2 der Intersolar machen wir für die Messebesucher in der zwei-stündigen ersten Session des pv magazine Focus einen Ritt durch die wichtigsten Aspekte des Großspeichermarktes. Von technischen und finanziellen Aspekten bis zu Vermarktungsmodellen und Finanzierung (auf Englisch mit europäischer Perspektive) Mehr Infos und kostenfreie Anmeldung

 

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Wir laden ein zum Batterey Bussiness & Development Forum BBDF am 16. Juli in FrankfurtSie planen Batteriegroßspeicher und wollen mehr wissen über Netzanschluss, Baugenehmigung, technische Planung, Vermarktung oder Finanzierung? In einem kompakten Tag behandeln wir die wichtigsten Aspekte mit Fokus auf Deutschland und Italien sowie mit Ausblick auf andere europäische Länder. Bereits am Vorabend können Sie auf der Networking-Reception Projektentwickler und Kapitalgeber treffen. Jetzt anmelden

Wer sind typische Eigenkapitalgeber?

Aktuell kommen die Eigenkapitalgeber in den meisten Fällen aus dem Kreis der Projektentwickler selbst oder von IPPs, die ihre Projekte langfristig im Bestand halten wollen. Die typischen Eigenkapitalquoten liegen dabei zwischen 25 und 35 Prozent. Wir selbst gehen derzeit fast ausschließlich über diese beiden Gruppen in die Projekte. Beim Exit sehen wir dann häufig, dass zunächst andere EVUs oder strategische Investoren einsteigen – reine Finanzinvestoren sehen wir auf der Eigenkapitalseite aktuell noch selten. Wir können uns vorstellen, dass viele von ihnen noch abwarten, bis der Markt eine gewisse Reife erreicht hat. Zum anderen sehen wir auch nicht jede Transaktion – gerade ab einer gewissen Größenordnung konkurrieren wir natürlich mit internationalen Investmentbanken. Unser Fokus liegt daher vor allem auf Transaktionen im mittelständischen Bereich, wo wir mit unserer Erfahrung und unserem Netzwerk echten Mehrwert stiften können.

Ein Teil des Großspeichermarkts sind Co-located-Projekte mit Photovoltaik-Anlagen. Da weiß man ungefähr, wie das mit der Bankability geht. Betrachtet man Speicher und Photovoltaik-Anlage besser als gemeinsames Projekt oder getrennt voneinander?

Aus unserer Sicht ist es aktuell nicht sinnvoll, beide Anlagen als ein gemeinsames Projekt darzustellen. Man kann das zwar technisch umsetzen, aber betriebswirtschaftlich ergibt es derzeit aus unserer Sicht wenig Sinn. Regulatorisch ist es ohnehin nicht ganz trivial, da Speicher und Photovoltaik-Anlage in der Regel nicht vor einem gemeinsamen Zähler betrieben werden, sondern getrennt – also jeweils hinter eigenen Zählern. Wir haben uns das im Detail angesehen: Wenn man den Speicher beispielsweise vollständig merchant vermarktet und die Photovoltaik-Anlage neben dem EEG sogar noch über ein PPA mit einem kleinen Upside absichert, dann ist es klar von Vorteil, zwei separate Projektfinanzierungen aufzusetzen. Auf diese Weise lassen sich die unterschiedlichen Erlösstrukturen, Risiken und Finanzierungslogiken sauber voneinander trennen – was letztlich auch die Bankability verbessert.

Dass Großspeicher gerade solch eine Dynamik entfalten, liegt daran, dass Flexibilität so relevant wird. Ihnen fallen in dem Bereich auch noch andere Entwicklungen auf?

Wir sehen aktuell eine wachsende Vielfalt an Geschäftsmodellen. Ein Beispiel sind Unternehmen, die gezielt kleinere Speicher – etwa im Bereich von zwei Megawattstunden oder weniger – an Standorten mit noch freien Netzkapazitäten errichten. Diese Anlagen werden dann in einem Portfolio gebündelt und vollständig merchant betrieben, was eine flexible Vermarktung und attraktive Erlöspotenziale ermöglicht. Daneben gewinnt auch Peak Shaving an Relevanz – also die Reduktion von Lastspitzen bei Industriekunden, um Netzentgelte zu senken. Das ist ein spannendes Modell, weil es eine sehr konkrete betriebswirtschaftliche Logik mitbringt und Speicher direkt in industrielle Prozesse integriert. Ein weiteres Feld, das sich zunehmend entwickelt, ist die Kombination von Speichern mit PPA-Strukturen. Hier wird versucht, die Flexibilität des Speichers gezielt zu nutzen, um den Wert des erzeugten Stroms aus erneuerbaren Quellen – etwa aus Photovoltaik – zu steigern, zum Beispiel durch zeitliche Verschiebung der Einspeisung.

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