Neue Landesbauordnung: Was sich ab 28. Juni 2025 ändert
Mit dem „Gesetz für das schnellere Bauen“ reformiert Baden-Württemberg seine Landesbauordnung (LBO) grundlegend. Der Landtag hat die Änderungen am 13. März 2025 beschlossen, die zentralen Neuerungen treten zum 28. Juni 2025 in Kraft. Damit setzt das Land einen Teil des bundesweiten Pakts für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung um – und insbesondere die Solarbranche sollte genau hinsehen.
Größenunabhängige Verfahrensfreiheit für Dach-Photovoltaik, Freiflächen- und Agri-Photovoltaik
Künftig entfällt bei Freiflächen-Photovoltaik und Agri-PV die klassische Baugenehmigungspflicht. Die betreffenden Bauwerke gelten künftig als verfahrensfrei – es ist also weder eine Anzeige noch eine Genehmigung durch die Baubehörde erforderlich. Neu ist, dass auch größere Photovoltaik-Anlagen verfahrensfrei werden. Bislang waren Agri-PV und Freiflächen-Photovoltaik nur bis 3 Meter Höhe und einer Gesamtlänge von bis zu 9 Metern verfahrensfrei. Dach-Photovoltaik war schon vor der aktuellen LBO-Reform größenunabhängig verfahrensfrei. Auch Ladeinfrastruktur, Brennstoffzellen und Wasserstoffanlagen werden unter bestimmten Voraussetzungen im Juni verfahrensfrei.
Verfahrensfreiheit schafft keine neue Privilegierung
Die Verfahrensfreiheit bedeutet lediglich den Entfall des Genehmigungsverfahrens. Die Vorhaben haben weiterhin allen rechtlichen Vorgaben, insbesondere dem Bauplanungsrecht, dem Bauordnungsrecht und dem Umweltrecht zu entsprechen. Ist eine Privilegierung im Außenbereich über Paragraf 35 Baugesetzbuch nicht gegeben, ist weiterhin die Änderung oder Schaffung eines Bebauungsplans notwendig. Für die Projektierer entfällt lediglich die Pflicht, einen Bauantrag zu stellen und dessen positive Bescheidung abzuwarten. Auch eine Baufreigabe ist für die verfahrensfreien Vorhaben nicht mehr notwendig.
Mehr Verantwortung für die Projektierer
Die Kehrseite der Verfahrensfreiheit: Wo keine Baugenehmigung mehr nötig ist, gibt es auch keine Behörde, die das Vorhaben auf seine Zulässigkeit vollständig prüft. Eine erteilte Baugenehmigung bot bislang Schutz vor späteren Einwendungen. Die Verantwortung für die rechtskonforme Errichtung der verfahrensfreien Anlagen wird nunmehr auf die Projektentwickler übertragen. Diese müssen sicherstellen, dass die Anlagen allen rechtlichen Vorgaben entsprechen. Zwar wird es möglich sein, dass die Projektentwickler Bauvorbescheide beantragen. Der Bauvorbescheid kann allerdings nur für einzelne Fragen, wie zum Beispiel die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit, beantragt werden. Eine umfassende Absicherung des Vorhabens wird man durch die Bauvorbescheide nicht erreichen. Die geänderte LBO sieht auch kein Wahlrecht für die Projektentwickler vor, anstatt der Verfahrensfreiheit das Baugenehmigungsverfahren zu wählen.
Was Projektierer jetzt beachten müssen
Projektentwickler, die für gegenwärtige Vorhaben noch Baugenehmigungen beantragen wollen, sollten sich beeilen. Bis zum 27. Juni 2025 können Anträge noch gestellt werden. Danach können nur noch Bauvorbescheide beantragt werden. Insbesondere bei kritischen rechtlichen Fragen sollten Bauvorbescheide beantragt werden. Zukünftig dürften Flächenvermieter, finanzierende Banken und Investoren Vertragsabschlüsse von der Erteilung von Bauvorbescheiden – beispielsweise zur bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit – abhängig machen. Entsprechend sind Vertragsmuster und insbesondere die dortigen Meilensteine anzupassen. Die Netzbetreiber fragen im Rahmen ihrer Anschlussverfahren die Planreife ab. Es bleibt abzuwarten, welche Nachweise der jeweilige Netzbetreiber anstatt der Baugenehmigung anfordert.
Nicht alle Projektbestandteile zwingend verfahrensfrei
Nicht alle Projektbestandteile eines Photovoltaik-Projekts sind beziehungsweise werden verfahrensfrei. Insbesondere Batteriespeicher unterliegen in aller Regel als Sonderbauten in Baden-Württemberg weiterhin der Genehmigungspflicht. Auch für andere nicht verfahrensfreie Projektbestandteile ist nach wie vor eine Baugenehmigung zu beantragen.
Verfahrensfreiheit betrifft nur das Baugenehmigungsverfahren
Verfahrensfreie Vorhaben können weiterhin außerhalb der LBO genehmigungsbedürftig sein – etwa bei Eingriffen nach Bundesnaturschutzgesetz oder im Rahmen wasserrechtlicher Anforderungen. Im Außenbereich sind Eingriffe nach dem Bundesnaturschutzgesetz die Regel. Der Antrag auf Eingriffsgenehmigung ist bei der unteren Naturschutzbehörde zu stellen.
Fazit
Die LBO-Novelle bringt für Photovoltaik-Projektierer in Baden-Württemberg Vereinfachungen, aber auch neue Unsicherheiten. Die Verantwortung für die rechtliche Konformität liegt nun in noch größerem Maße beim Projektierer. Wer Projekte künftig schneller realisieren will, muss rechtliche Fallstricke frühzeitig erkennen und Bauvorbescheide beantragen. Der Abstimmungsaufwand mit den Behörden dürfte dadurch nicht weniger werden. Es bleibt abzuwarten, ob die Reform das erhoffte „Deutschlandtempo“ tatsächlich zur Anwendung bringt.
– Der Autor Matthias Himmelsbach ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht sowie Handels- und Gesellschaftsrecht in Freiburg. Er ist als Syndikusrechtsanwalt bei einem Projektierer für Photovoltaik- und Speicherlösungen tätig. –
Die Blogbeiträge und Kommentare auf www.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte an redaktion@pv-magazine.com.
Dieser Inhalt ist urheberrechtlich geschützt und darf nicht kopiert werden. Wenn Sie mit uns kooperieren und Inhalte von uns teilweise nutzen wollen, nehmen Sie bitte Kontakt auf: redaktion@pv-magazine.com.
„Eine/r arbeitet produktiv und 4 warten, daß sie/er einen Fehler macht oder drängt damit’s schneller fertig wird?“
Warum?
„Mit irgendetwas müsse man die Steuern ja finanzieren, erklärt ‚das‘ repräsentative Parteikollektiv?“
Ähnlich dem Gebäudetyp E?
„Der Gebäudetyp E beruht auf einem Vorschlag der Bayerischen Architektenkammer aus dem Jahr 2022. Das „E“ steht für „einfach“ oder „experimentell“. “
V für Vernunft wäre auch kein falscher Buchstabe dafür gewesen, ein anschauliches Beispiel:
„die Reduzierung der Anzahl von Steckdosen und Leitungen, z. Zt. sind beim Neubau einer Dreizimmerwohnung 47 Steckdosen vorgeschrieben.“
Irgendwie ist der ‚Anspruch‘ mit dem ‚Anstand‘ abgewandert?
In Summe, ich habe Bedenken dazu, in der Ausführung und der Umstellungsphase und der Dauer der Umordnung (aus Erfahrung zwischen Anspruch und Wirklichkeit und einer Wahrscheinlichkeit eigener Fehlbarkeit).
MfG