Smart Meter sind ein Kernbaustein für die Energiewende, denn sie helfen, die Stromnachfrage so zu verschieben, dass möglichst viel günstiger, grüner Strom genutzt wird. Allein 2024 gab es 457 Stunden, zu denen so viel Strom aus Erneuerbaren verfügbar war, dass der Strompreis an der Strombörse ins Negative sank. Stromkunden und Stromkundinnen können hiervon profitieren, indem sie zu diesen Stunden ihre Autos laden, Wärmepumpen aktivieren oder andere Stromverbraucher aktivieren. Genau hierfür sind Smart Meter unabdingbar, denn ohne diese Geräte können die Preisvorteile aus der Verschiebung des Verbrauchs nicht an Endkunden weitergegeben werden. Die Kosten für den Einbau der Smart Meter sind für Privathaushalte eigentlich gesetzlich auf 100 Euro begrenzt. Dennoch finden sich aktuell Kosten für den Einbau von bis zu 889 Euro auf dem Markt und damit deutlich über dem gesetzlichen Limit.
Dabei bräuchte Deutschland einen Schub beim Rollout der Smart Meter, denn im europäischen Vergleich ist es leider Schlusslicht. Während in Frankreich, Großbritannien oder Italien nahezu alle Haushalte über Smart Meter verfügen, waren es in Deutschland zu Jahresanfang lediglich zwei Prozent der Haushalte. Um dies zu ändern, wurde im April 2023 das „Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende“ („Smart-Meter-Gesetz“) beschlossen, welches der Bundestag in großen Teilen auch am vergangenen Freitag bestätigte. Einer der Kernaspekte des Gesetzes sind die Preisobergrenzen für den freiwilligen Einbau eines Smart Meters durch den grundzuständigen Messstellenbetreiber, was meist der Verteilnetzbetreiber ist.
Was kompliziert klingt, ist aber in der Realität von höchster Relevanz: Ein klassischer Stromzähler wird von Hand abgelesen und somit ist nicht klar, wann der Stromverbrauch tatsächlich stattfand. Deswegen kann nur ein gemittelter Strompreis angesetzt werden; das reale Verbrauchsprofil bleibt unberücksichtigt. Ein Smart Meter wiederum misst für jede Viertelstunde, wie viel Strom verbraucht wurde und übermittelt diese Werte automatisch an Messtellenbetreiber und Stromversorger. Auch eine Steuerung von Geräten ist über Smart Meter möglich. Marktakteure, so wie wir bei The Mobility House, nutzen dies, um so Elektroauto günstig mit Strom zu versorgen. Den Einbau dieser Messgeräte müssen Stromkunden selbst veranlassen und die Kosten dafür tragen. Damit dies attraktiv ist, dürfen die Kosten nicht zu hoch sein; der Gesetzgeber hat daher am vergangenen Freitag eine Preisobergrenze von 100 Euro gesetzlich festgelegt – zuvor lag sie sogar nur bei 30 Euro.
Leider scheinen nicht alle Unternehmen diese Preise zu akzeptieren. Beispiele sind Avacon (848,10 Euro), Bayernwerk Netz (888,98 Euro) oder Netzdienste Rhein Main (621,45 Euro), welche die Preisobergrenze deutlich überschreiten. Das Fachmagazin „c’t“ berichtet, dass bereits ein Unterlassungsverfahren gegen Messstellenbetreiber gestartet wurde, um die Angemessenheit der Entgelte zu überprüfen. Angesichts der gesetzlichen Vorgaben scheint es unwahrscheinlich, dass die Entgelte so bestehen bleiben. Für die Energiewende in Deutschland bedeutet das jedoch, dass wieder wertvolle Zeit beim Einbau der Smart Meter verloren geht. Die Flexibilität im Stromverbrauch von Millionen Autos, Wärmepumpen, Batteriespeichern, und vielen mehr bleibt ungenutzt.
Neben den Entgelten ist ein weiterer Streitpunkt bereits abzusehen: Nicht alle Messstellenbetreiber sind bereit für den Rollout. Zum einen mangelt es an Fachkräften, die die Geräte vor Ort einbauen können. Zum anderen müssen die IT-Systeme der Messstellenbetreiber ertüchtigt werden, mit den neuen Datenströmen umzugehen. Bei 879 Messstellenbetreibern in Deutschland entsteht dabei gerade ein Flickenteppich von Prozessen und Systemen. Es steht zu befürchten, dass die Energiewende zu Hause und das Profitieren von günstigen Strompreisen vorerst denjenigen vorbehalten sein wird, die im Einzugsgebiet eines gut aufgestellten Messstellenbetreibers leben.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass für die Energiewende in Deutschland Smart Meter notwendig sind; schon viel zu lange hängt Deutschland beim Rollout hinterher. Der Stromverbrauch muss immer stärker der Stromerzeugung folgen, da andere Formen von Speichern nicht ausreichen werden. Deutschland verfügt über etwa 40 Gigawattstunden Pumpspeicher und etwa 2,2 Gigawattstunden stationäre Großbatteriespeicher. Wenn das Ziel von 80 Prozent erneuerbarer Erzeugung im Stromsystem bis 2030 erreicht werden soll, wird aber ein Vielfaches dieser Flexibilität benötigt. Schon heute verfügen Elektrofahrzeuge über etwa 120 Gigawattstunden Speicherkapazität und Photovoltaik-Heimspeicher über 15,1 Gigawattstunden. Nur mit Smart Metern kann diese Flexibilität sinnvoll genutzt werden und wir dürfen uns keine weiteren Verzögerungen leisten.
— Der Autor Christopher Hecht ist Produktmanager für Kooperationen mit Automobilherstellern bei The Mobility House, Gastwissenschaftler an der RWTH Aachen, an der er promovierte, und Organisator der Konferenz „Vehicle-to-Grid and Smart Charging“. —
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Ich lebe in einem Wohngebiet ohne Gas. Wärme erzeuge ich mit Stromheizung und einem Kachelofen. Seit 2007 habe ich eine PV-Anlage. Dieser Stromzähler wurde 2024 bereits ausgetauscht.Im Schreiben war ein Smart Meter angekündigt, eingebaut wurde ein digitaler Zähler. Ablesen und mailen muss ich selber. Der Zähler für den Stromverbrauch ist nicht angeschlossen. Ich warte auf den Einbau des Smart Meters. Mein Stromverbrauch ist meist höher als 6000 kWh.
### Zitat: Auch eine Steuerung von Geräten ist über Smart Meter möglich. Marktakteure, so wie wir bei The Mobility House, nutzen dies, um so Elektroauto günstig mit Strom zu versorgen. Zitat_Ende ### Frage an den Autor: zu dem ersten Satz: Nö – so einfach ist es nicht ! Dazu braucht es eine SteuerBox oder nicht ? zu dem zweiten Satz: Wie haben sie dies realisiert ? Mit Software in einem extra Gerät – ( ich finde nur „eyond“ ) welches dann eine WallBox steuert; wenn die das kann !! Und wieso müssen sie mit dem Auto kommunizieren – das ist ja die nächste Hürde. Reicht es nicht – nur zu Laden ?
https://eyond.mobilityhouse.com/de_de/eyond-laden-mit-wallbox#wallboxen
Nö… Smartmeter vom Netzbetreiber braucht es dazu nicht… Es reicht ein Raspbery Pi (für um die 40 Euro mit Netzteil und SD-Karte), ein „Lesekopf“ für den „dummen digitalen Zähler“ und EVCC, eine Software um eine Wallbox in Abhängigkeit von PV-Erzeugung und/oder dynamischen Strompreisen zu steuern.
Dazu noch einen Anbieber von dynamischen Stromtarifen (der oft auch schon einen „Lesekopf“ für den „dummen digitalen“ Zähler mitbringt) Fertig.
Das ist unabhängig und viel günstiger wie irgendeine Fertiglösung von „TheMobilityHouse“&Co.
Einfach mal googlen…. Läuft bei mir 🙂
danke Karl-Otto, das weiss ich, muss man aber alles selber stricken
Es ist eine Behauptung, das sog. SmartMeter erforderlich sind.
Diejenigen die dies behauptet, mögen doch bitte einmal Auslastungskurven von ONT’s veröffentlichen – am besten analog zum PKW Verkehr am Autobahnkreuz, dann ist Transparenz gegeben.
Die Ressourcen, Manpower und Geld, die jetzt in den Rollout gehen, fehlen beim Niederspannungsnetzausbau, ein Schelm der Böses denkt !
Und auch der §14a, EnWG fordert, nach 2 „Freischüssen“, den Netzausbau, dann doch gleich richtig !
Die genannten 120 GW Batteriespeicher in heutigen EVs klingt massiv, würde aber auch eine massive Ausbau der Ladeinfrastruktur aus, da man auf Strom „warten“ müsste. Der Ladevorgang dauert länger (denk an die Schilder, „Parken nur während des Ladevorgangs“).
Schön wäre es aber der überschüssige Strom ist am Tag oft verfügbar, wenn man arbeitet. Allein unsere Firma müsste ein paar hundert Ladestationen auf dem Parkplatz stellen. Nicht jeder kann Home Office.
Obendrauf wenn das Auto bidirektionales Ent/Laden herrscht (die meisten können das noch nicht), ist das bei Leasing Wagen meist verboten, da die Autohersteller verständlicherweise keine unnötigen Ladezyklen haben wollen, die die Lebensdauer der Batterie beeinträchtigen.
Während die Infrastruktur für die Mobilität mit Verbrennunsmotor 150 Jahre, sukzessive für Aufbau, Zeit hatte und die Erdölinfrastruktur durch die Ölreserven finanziert wurden, funktioniert das bei Sonnenenergiewandlung nicht in diesem gesteigerten Tempo, wenn sich die leistungsfähigsten Marktteilnehmer aus dem Risiko herausnehmen (bspw. Automobilkonzerne). Die bisherige große Ausnahme dazu ist Tesla und deren Ladeinfrastruktur (aus diversen Gründen der Marktvorbereitung und des multipolaren Finanzhintergrundes, sowie des aufgebauten Vertrauens in die Kundenstrukturen).
Bis 100 000kWh (und 100kW) Dauerleistung sind (mindestens seit 2023) Verteilnetzbetreiber bekannt, welche auch Standardeinspeiseprofile anbieten und damit die ‚volatile‘ Stromerzeugung mittels statistischer Methoden in die Netzebene integrieren (und Redispatch- oder Reservestrommengen dafür ausreichend verfügbar halten). Das Risiko der Prognoseabweichung für ein entsprechend geeignetes (größeres) Verteilstromnetz kann im Niedrig- und Mittelspannungsnetz mit vielleicht 5-10% in (ungünstigen) Einzelsituationen (für jeweils eine nachhaltige Erzeugungsparte) geschätzt werden. Gemittelt über ein Jahr kommt damit ein ‚ordentlicher‘ Stromanbieter sicherlich zurecht.
Einen Teil der Ausbauplanungen sollte man als ‚Marktabschottung‘ und ‚Monopolisierung‘ von spezialisierten Branchen einordnen. Der Anteil eines damit identifizierten ‚Franchise Systems‘ ist nur unzureichend einzuordnen, da sowohl historische Verbindlichkeiten, gesellschaftsgruppen-übergreifende Synergien und auch Abhängigkeiten, Kompetenz- und Zuständigkeitshierarchien, internationale Verflechtungen, soziale Bindungen und sicherlich finanzielle Opportunitäten eine Quantifizierung (je gesichtetem Teilbereich) mitbeeinflussen. Ach ja, und natürlich auch Gesetzesregelungen und Personalscharaden.
Die Motivation für die Geschichte scheint eine andere zu sein.
Das ist typisch deutsches Bedenkenträgertum. Warum nicht einfach mal mit den „low hanging fruits“ anfangen. Aktuell stehen die meisten Elektroautos an Einfamilienhäusern rum. Also hat man doch recht gute Voraussetzungen damit zu starten, diese zu nutzen. (Auch wenn es nicht 100% dieser 120GW sind, die dauerhaft zur Verfügung stehen.) Erstmal nur mit Ladesteuerung, später wenn es mehr Fahrzeuge können, auch bidirektional. In Deutschland wird leider oft nach der 100% Goldrand-Lösung verlangt, bevor man anfängt. Die vielleicht in 5-10 Jahren kommt oder nie. Einfach mal loslegen!
danke, stimme dem voll zu
Sehr geehrter Karl Otto Winterhagen –
Sie können wahrscheinlich viele Menschen -und sich selbst- glücklicher machen,
wenn Sie Ihre Super-Alternative
zu den vielfältigen Groschengräbern
klug vermarkten —
Lassen Sie sich doch beraten (IHK, Handwerkskammer, Start-up-Gemeinschaften) usw ?!
Ich drück die Daumen !