Der Markt für Solar-Dachziegel bekommt Zuwachs. Paxos Solar, das Unternehmen, das schon den Solardachziegel für Meyer Burger entwickelt hatte, launcht ein neues Produkt. Diesmal will Paxos den „Solarflachziegel“ unter eigenem Namen selbst vertreiben. Außerdem soll das Dach nicht nur elektrischen Strom liefern, sondern auch warme Luft für eine Luft-Wasser-Wärmepumpe.
Dafür hat das Start-up zunächst einen eigenen Solardachziegel entwickelt. Es ist im Prinzip ein kleines Glas-Glas-Modul mit einer Breite von 59,5 und einer Länge von 48 Zentimetern sowie einer Leistung von 44 Watt. Pro Quadratmeter würden etwa 4,3 Module verlegt, was sich auf eine Leistung von 190 Watt pro Quadratmeter summiere. Die Glas-Glas-Module enthalten die hocheffizienten Rückkontakt-Zellen von Longi, sind also von vorne komplett schwarz und haben eine matt-strukturierte Oberfläche, die schräg einfallendes Licht bündele, wie der technische Geschäftsführer von Paxos Solar, Julian Münzberg, erläutert. Die Module werden bei einem Partner in China gefertigt.
„Der Solarflachziegel ist größer als andere Produkte am Markt“, sagt Münzberg. Das beschleunige die Installation und ermögliche auch mehr Leistung auf der Fläche. Anschlüsse an Fenstern oder Schornsteinen können in beliebigen Maßen zugeschnitten werden. Der Einsatz eines Komplementär-Dachsteins entfällt.
Beim Aufbau eines Multi-Energiedachs wird zunächst als dichte, wasserführende Schicht über der Dämmung eine Lage preisgünstiges Trapezblech verlegt. Darauf werden Tragschienen montiert, in die die Glasdachziegel eingehängt werden. Dafür haben die Module an der Unterkante der Rückseite eine aufgeklebte Schiene. An der Oberkante überlappt das nächste Modul und drückt das untere Modul herunter. Dadurch, dass die Solarziegel seitlich nicht überlappen, sondern nur bis auf einen Millimeterabstand zusammengeschoben werden, kann etwas Wasser durchdringen und auf dem Trapezblech ablaufen.
Die Unterkante des Dachs und die quer zu den Hochsicken verlaufenden Tragschienen sind gelocht und luftdurchlässig. Erwärmt sich nun die Luft unter den Modulen bei Sonneneinstrahlung, zieht diese zwischen den Hochsicken Richtung Dachfirst und wird dort in einem Sammelrohr aufgefangen. Sobald die Temperatur mindestens ein Kelvin über der Umgebungstemperatur liegt, lohne es sich, den dort integrierten Rohrventilator anzuschalten und die warme Luft zur Wärmepumpe zu blasen, so Münzberg.
Schnelle Montage, geringes Gewicht
Das Konzept sei von der Technischen Hochschule Köln getestet und vermessen worden, berichtet Guido Schumacher, CFO und Gesellschafter von Paxos Solar. Die dort eingesetzte Wärmepumpe habe über das Jahr 20 Prozent weniger Energie benötigt als das Vergleichsgerät ohne die zusätzliche Wärmegewinnung. Dabei wurde die erwärmte Luft direkt in das Ansaugrohr der Wärmepumpe eingeblasen, die zudem auf kurzem Wege unter dem Dach verbaut war. Für längere Wege können gedämmte Wickelfalzrohre oder Edelstahlrohre genutzt werden.
Interessenten können das Komplettsystem inklusive Mess- und Steuertechnik direkt bei Paxos anfragen. Das Unternehmen baue derzeit Partnerschaften mit geschulten Dachdeckern auf. Die Kosten für einen Quadratmeter Solarflachziegel mit Trapezblech und Befestigungsschienen liegen bei 260 Euro, sagt Schumacher. Ein Kilowattpeak entspreche somit einem Materialwert von 1.400 Euro. Die ersten Installationen bei Kunden zeigten, dass die Montage eines Multi-Energiedachs nur etwa die Hälfte der Zeit benötige, die ein Dachdecker normalerweise für Dacheindeckung und Aufdach-Montage braucht. Auch Gewicht wird eingespart. Das Dach wiege 31 Kilogramm pro Quadratmeter und sei selbst mit Photovoltaik leichter als übliche Betondachsteine allein.
Neben dem schwarzen Flachziegel sind bei Paxos für denkmalgeschützte Gebäude auch Photovoltaik-Bieberschwanz-Dachziegel erhältlich. Gebäude, bei denen es nur auf die generelle Optik ankomme, könnten mit dem sogenannten Performance-Bieber und thermischem Unterbau realisiert werden. Bei strenger geschützter Bausubstanz käme ein kleinerer solarer Bieberschwanzziegel ohne wärmeführende Schicht zum Einsatz.
„Das Interesse gerade von Besitzern denkmalgeschützter Gebäude an unseren Dachziegeln ist hoch“, sagt Schumacher. Sein Unternehmen hat sich vorgenommen, im Laufe des nächsten Jahres etwa 200 Dächer solar einzudecken. Das weitere Wachstum wird aktuell über eine Crowdinvest-Kampagne finanziert, bei der in den nächsten 80 Tagen möglichst 1,2 Millionen Euro zusammenkommen sollen. Der Einstieg sei ab 100 Euro möglich, Investoren mit mehr als 25.000 Euro erhielten Unternehmensanteile.
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Nur 20% Stromersparnis für die Wärmepumpe kommt mir etwas wenig vor. Mit einem (allerdings deutlich teureren) Wasser-PVT-Modul kann man 8 Monate im Jahr sein komplettes Warmwasser produzieren. Für diejenigen, denen die Optik egal ist, sollte es noch deutlich größere Ziegel geben.
Ansonsten scheint mir Paxos jetzt auf einem guten Weg zu sein. Low-Tec-PVT mit Luft als Wärmeträger zur Heizungsunterstützung ist vom Prinzip her eine sehr gute Idee. Jetzt muss es noch so preisgünstig werden, dass die Mehrkosten für das System von der Heizkostenersparnis übertroffen werden. Sonst bleibt es etwas für Idealisten. Und kluge Idealisten bauen erst mal gut gedämmte Häuser, in denen der Wärmebedarf schon von vorneherein niedrig ist, da kann man auch nicht viel zusätzlich sparen.
Interessant wäre noch die Information, ob die Oberfläche begehbar ist.
Welch ein Aufwand – und welch Risko !
1. Sind ein durchgehendes Trapezblech als Unterdach und Dachziegel drauf ein Widerspruch in sich:
Dachziegel wurden erfunden, um nicht nur dicht zu machen, sondern auch zu atmen — damit ein starker Wind durch den entstehenden Sog auf / Überdruck unterm Dach nicht das koplette Dach abhebt
2. Fraglich ist auch –weil Massnahmen nicht erwähnt- ob das Trapezblech nicht bald durchrostet – und das Dach dann öfters hohen Kosten-Aufwand erzwingt
3. Die Miniaturisierung der Kollektoren per Ziegel bedingt eine Maximierung von Verdrahtungen und Fehlerquellen
Mich würde also sehr interessieren, ob
4a jemand, der bereits seit Jahren Solardachziegel einbaute, DAS nochmals tun würde
4b Jemand, der ein grossflächiges Trapezblech-Dach hatte, DAS grundsätzlich für gut hält
4c Ob es schon mal einen Vergleich zwischen Hybrid-Kollektoren und einer ähnlichen Konstruktion
wie hier vorgestellt gab
Alles Gute – und Glück auf !
Wolfgang Gerlach
Mit dem atmenden Dach, das einen Druckausgleich ermöglicht, haben Sie recht. Schaut man sich nach Stürmen an, welche Dächer als erstes abgedeckt wurden, dann waren das geschlossene leichte Flächen. Auf Ziegeldächern kommen vielleicht ein paar Ziegel ins rutschen, aber das war’s dann. Dank der zwei Schichten bei diesem Dach kann man hoffen, dass eine Böe, die starken Unterdruck erzeugt, nicht mit einem heftigen Ruck am Dach reißt, sondern mit zwei schwächeren. Dann kommt es noch auf das Gewicht der Fläche darunter an mit welcher Leichtigkeit das Dach seinen Platz verlässt.
Das Trapezblech wird mindestens verzinkt sein, vielleicht sogar aus Alu. Dann rostet nichts.
Ich liebe Paxos. Genau das sind die deutschen Ingenieurskünste die ich aktuell vermisse. Wir können nicht hier in Europa nicht in mit der klassischen Modulfertigung mithalten. Wenn Paxos das noch etwas günstiger hinbekommt. Ca. 1 €/Wp, dann wäre das wirklich ein Traum.
Dann sollte es noch bundesweit eine Zulassung für Paxos Ziegel für denkmalgeschützte Gebäude geben und schon käme alles ins Rollen.
Lieber „Freund“
Die Wärme-Gewinnund in denkmalgeschützten Gebäuden geht
viel einfacher
viel preiswerter
viel robuster, denn
in denkmalgeschützten, also alten, Gebäuden ists, wenn die Sonne scheint, unterm Dach extrem heiss.
Also -beispielsweise- direkt innen, unterhalb der Ziegel, wärmetauschende Elemente (im einfachsten Fall nur Verrohrung, ähnlich einer Fussbodenheizung) einbauen.
Darunter etwaig noch gut isolieren, damit keine Dachwärme verschwendet wird—
und es gibt auch bei den Denkmal-Dächer gut Wärme für wenig Bares.
Alles Gute – und Glück auf !
Wolfgang Gerlach
Wenn man denn wenigstens wirklich die 20 prozent Heizenergie wirklich einsparen könnte. Im idealisierten Versuchsaufbau würden wohl 20 Prozent erreicht. In der Realität sind es wohl eher 10 Prozent.
Ich drücke die Daumen, dass es nach der Insolvenz der paxos Consulting & Engineer in der paxos Solar besser weiter geht und man nicht nur versucht das gleiche Geschäft mit frischen Investoren Geldern weiter zu führen ohne die eigentlichen Probleme anzugehen.