Schnelle NZIA-Umsetzung sollte zum Abbau von Zöllen genutzt werden

Teilen

Wir haben eine absurde Situation. Um die sehr kleine europäische Solarglas-Industrie zu schützen, hatte die EU-Kommission vor vielen Jahren Importzölle auf Solarglas eingeführt. Diese Zölle bewirken, dass die europäischen Modulhersteller nicht wettbewerbsfähig sind – dies obwohl sie sehr günstig Solarzellen aus China für ihre Module beziehen können. Einige Modulhersteller machen Kurzarbeit. Meyer Burger hat seine Modulproduktion geschlossen und es stehen aktuell ein paar tausend Arbeitsplätze auf dem Spiel.

Zölle schaden also. Doch was ist die absurde Reaktion: Um wiederum die Modulhersteller zu schützen, gibt es immer wieder Überlegungen, europaweit Zölle auf chinesische Modulimporte einzuführen. Ein Teufelskreislauf! Damit würden hunderttausende Arbeitsplätze in der europäischen Solarwirtschaft gefährdet werden, um einige hundert in der winzigen Solarglas-Industrie zu retten.

Bislang konnte die Wiedereinführung von Zöllen auf Module verhindert werden. Denn Zölle auf chinesische Module wären eine Katastrophe für den Klimaschutz in Europa, weshalb die EU-Kommission zurecht bislang davor zurückgeschreckt ist. Die Lage der europäischen Modulhersteller bleibt aber schwierig.

Jetzt gibt es einen sehr einfachen Ausweg aus dieser Zollspirale: den Net-Zero Industry-Act (NZIA).

Dieser schreibt künftig Resilienz- und Nachhaltigkeitskriterien für einen Teil der Ausschreibungen vor – siehe auch meinen NZIA-Beitrag im pv magazine zur Bedeutung des NZIA für die Solarwirtschaft.

Die Ampel hat gerade im Kontext der Beratungen zum Solarpaket beschlossen, dass der NZIA möglichst schnell umgesetzt werden soll. Was bedeutet dies? Bevor die Bundesregierung einen Gesetzentwurf vorlegen kann, muss sie noch den Implementierungsakt der EU-Kommission abwarten, der bis zum Jahresende vorliegen dürfte. Das Gesetzgebungsverfahren wird daher in der ersten Jahreshälfte 2025 anlaufen. Mit Inkrafttreten ist dann in der zweiten Jahreshälfte zu rechnen. Danach wird es auch die Resilienzausschreibungen geben.

Wir können davon ausgehen, dass auch Solarglas Bestandteil der privilegierten europäischen Wertschöpfungskette gemäß NZIA sein wird. Damit wird die Zukunft der sehr kleinen europäischen Solarglas-Produktion abgesichert sein, die nur einen Bruchteil der europäischen Nachfrage abdecken kann. Eine doppelte Absicherung über Solarglas-Zölle wird nicht mehr nötig sein. Die Solarglas-Zölle können und sollten daher parallel zur Einführung der Resilienzausschreibungen abgeschafft werden.

Mit der Abschaffung der Solarglas-Zölle wird die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Modulhersteller schlagartig zunehmen; dies wird insbesondere für Glas-Glas-Module gelten, also Module mit zwei Gläsern, darunter die bifazialen Module. Hier schlugen die Zollkosten gleich doppelt durch.

Darüber hinaus werden die europäischen Module künftig ebenfalls durch die Resilienzausschreibungen abgesichert werden. Die Modulhersteller können mit günstigeren Solargläsern also nicht nur deutlich günstiger produzieren, sondern haben auch noch das NZIA-Sicherheitsnetz. Es ist evident, dass damit sämtliche Diskussionen über Zölle auf Modulimporte vom Tisch sein sollten.

Der Fahrplan liegt jetzt auf der Hand. Jetzt geht es darum, den Teufelskreislauf aus der Vergangenheit zu beenden und die künstlich erhöhten Kosten für die europäischen Hersteller wieder abzuschaffen.

So können Resilienz und Klimaschutz miteinander verbunden werden.

— Der Autor Carsten Pfeiffer ist Leiter Strategie & Politik des Bundesverbandes Neue Energiewirtschaft (bne). Er gehörte zu den Autoren des Ursprung-EEGs im Jahr 2000 und ist Gründungsmitglied des PV Think-Tank. —

Die Blogbeiträge und Kommentare auf www.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte an redaktion@pv-magazine.com.

Dieser Inhalt ist urheberrechtlich geschützt und darf nicht kopiert werden. Wenn Sie mit uns kooperieren und Inhalte von uns teilweise nutzen wollen, nehmen Sie bitte Kontakt auf: redaktion@pv-magazine.com.