Umwelthilfe und Mieterverein kritisieren Gesetzentwurf zu Balkonsolar, Anwaltskammer teilt Bedenken nicht

Deutscher Bundestag, Plenarsaal, Bundesadler, Reichstagsgebäude

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Der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags hat am Montagabend in einer öffentlichen Anhörung die künftige Gesetzgebung zu Stecker-Solar-Geräten beraten. Außerhalb der Ausschusssitzung nutzte die Deutsche Umwelthilfe (DUH) den Termin für Kritik an den Gesetzesplänen der Bundesregierung, im Ausschuss selbst äußerten die Expertinnen vom Verein „Balkon.Solar“ und Deutschem Mieterbund inhaltlich ähnliche Bedenken. Das geplante Gesetz schreibt für ihre Begriffe nicht detailliert genug fest, mit welcher Begründung Vermieter oder Eigentümergemeinschaften künftig weiterhin die Installation einer steckerfertigen Photovoltaik-Anlage ablehnen dürfen.

Auf der Tagesordnung des Ausschusses stand ein Gesetzentwurf der Bundesregierung „zur Zulassung virtueller Wohnungseigentümerversammlungen, zur Erleichterung des Einsatzes von Steckersolargeräten und zur Übertragbarkeit beschränkter persönlicher Dienstbarkeiten für Erneuerbare-Energien-Anlagen“ sowie ein Entwurf der CDU/CSU-Fraktion „zum beschleunigten Ausbau von Balkonkraftwerken“. In den Redebeiträgen der geladenen Fachleute und der Abgeordneten stand der Regierungsentwurf im Fokus – nicht nur, weil er derjenige mit den größeren Chancen auf eine Bundestagsmehrheit ist, sondern auch, weil es zum Thema „Balkonsolar“ keine sonderlich großen Unterschiede zwischen den beiden Gesetzesvorschlägen gibt. Außerdem sorgte beim Regierungsentwurf auch das dort mitbehandelte Thema der virtuellen Wohnungseigentümerversammlungen für reichlich Gesprächsbedarf. Wenig Redezeit wurde hingegen auf die – für Photovoltaik durchaus bedeutsame – Neuregelung zu beschränkten persönlichen Dienstleistungen verwandt. In Kurzform: Es soll künftig mehr Rechtssicherheit dafür geben, dass auf gemieteten Immobilien installierte Erneuerbare-Energien-Anlagen oder Anlagen zur Wasserstofferzeugung (sowie weitere zentrale Infrastruktureinrichtungen) auch nach einem Betreiberwechsel für den dann neuen Betreiber zugänglich bleiben. Hierfür ist derzeit noch ein umständliches und langwieriges Verfahren erforderlich.

Klare Kriterien würden helfen

Ganz allgemein, das machte auch die Anhörung deutlich, besteht sehr breiter Konsens darüber, dass die Installation von Stecker-Solar-Geräten weiter vereinfacht werden soll und dass Mieter sowie Bewohner von Eigentumswohnungen einen grundsätzlichen Anspruch darauf haben sollen. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) machte aber am Tag der Ausschusssitzung auf einen ihrer Einschätzung nach schwerwiegenden Mangel aufmerksam.

Der Verband unterstützt einen Mieter bei seiner Klage gegen die Wohnungsgenossenschaft DPF Berlin. Diese habe der geplanten Anbringung von Solarmodulen am Balkon zwar nach anfänglicher pauschaler Ablehnung zugestimmt, hierfür aber „zahlreiche absurde Bedingungen gestellt wie beispielsweise eine Freigabeerklärung der Feuerwehr oder die Prüfung der Elektrosteigleitungen des kompletten Wohnungsstrangs“. Hier sieht die DUH das grundsätzliche Interesse an dem Fall begründet. Die aktuelle Rechtsposition von Mietern, die ein Steckersolargerät betreiben wollen, sei schwach, weil Vermieter ihnen dies mit unangemessenen Begründungen untersagen können. Eben hier liege aber auch das Manko der geplanten Gesetzesänderung.

Diese soll über Änderungen des Mietrechts (Bürgerliches Gesetzbuch) beziehungsweise des Wohnungseigentumsgesetzes vorschreiben, dass Stecker-Solar-Geräte grundsätzlich immer zu genehmigen sind. Rechtsanwalt Dirk Legler von der Hamburger Kanzlei Rechtsanwälte Günther, der den Berliner Mieter bei seiner Klage vertritt, begrüßt die Änderung zwar, moniert jedoch, sie beseitige „in der derzeitigen Ausgestaltung“ die bestehenden Probleme nicht. Verfahren wie das jetzt gegen die DPF Berlin eingeleitete würden „durch den jetzt vorgesehenen Gesetzesentwurf nur unzureichend erleichtert“. Die dort vorgesehene Umkehr der Darlegungs- und Beweislast sei nicht ausreichend: „Wirklich weiterhelfen würden klare Kriterien oder zumindest Regelbeispiele im Gesetz. Denn dann würden alle Beteiligten mehr Rechts- und Planungssicherheit erhalten, insbesondere darüber, welche Nachweise und Dokumente verlangt werden dürfen und welche nicht.“

„Das muss die Rechtsprechung hinkriegen“

Um diesen Punkt drehte sich auch die Diskussion im Rechtsausschuss. Rechtsanwältin Sabine Schuhrmann erklärte als Vertreterin des Deutschen Mieterbunds, der ansonsten sehr zu begrüßende Gesetzentwurf berge die Gefahr der weiter bestehenden Rechtsunsicherheit. Er lege zwar fest, dass Vermieter den Einbau einer Mini-Photovoltaik-Anlage nur dann ablehnen könnten, wenn dieser für sie nicht zumutbar sei. Wann genau dies der Fall sei, werde aber „im Gesetz leider nicht definiert“.

Valentin Todorow als Vertreter der Bundesrechtsanwaltskammer teilt diese Bedenken nicht. Die jetzt getroffene Regelung der Privilegierung und der damit verbundenen grundsätzlichen Duldungspflicht gelte ja analog bereits für etliche andere Bereiche und habe sich dort bewährt. Durch eine detaillierte Aufschlüsselung möglicher Ablehnungsgründe werde die Regelung unübersichtlich, die konkrete Ausgestaltung in der Praxis „muss die Rechtsprechung hinkriegen“.

Inhaltlich die gleiche Kritik wie Deutsche Umwelthilfe und Deutscher Mieterbund hatte hingegen Simone Herpich, Vorsitzende des Vereins „Balkon.Solar“. Dieser hatte zudem bereits in seiner vorab eingereichten Stellungnahme dafür plädiert, einem Änderungsvorschlag des Bundesrats zu folgen. Der Umwelt- und Wirtschaftsausschuss der Länderkammer spricht sich für die Ausweitung der Privilegierung von Steckersolargeräten auf Photovoltaik-Anlagen allgemein aus. Dem pflichteten im Rechtsausschuss mehrere Vortragende bei. Kai Warnecke, Präsident des Verbands Haus & Grund Deutschland, hätte sich gewünscht, dass der Gesetzentwurf auch das Thema „Mieterstrom vom Eigentümer“ angegangen wäre: Die von Regierung wie Opposition gleichermaßen geplante Privilegierung der Mini-Photovoltaik-Anlagen sei zwar „ein Signal“ für die Energiewende, aber „große Solaranlagen auf vielen Dächern wären eigentlich das, was wir uns wünschen“.

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