ZSW/BDEW: Erneuerbare decken erstmals mehr als 50 Prozent des Stromverbrauchs

Bruttostromverbrauch 2023, vorläufige Berechnungen, ZSW, BDEW

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Der Anteil der Erneuerbaren ist 2023 um fünf Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Er erreichte knapp 52 Prozent am Bruttostromverbrauch und damit erstmal mehr als 50 Prozent in einem Gesamtjahr, wie die vorläufigen Zahlen des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) und des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) zeigen. Auch das Statistische Bundesamt hatte dies kürzlich auf Basis vorläufiger Zahlen veröffentlicht.

Besonders hoch, so berichten ZSW und BDEW, sei der Anteil der erneuerbaren Energien in den Monaten Juli (59 Prozent), Mai (57 Prozent) sowie Oktober und November (jeweils 55 Prozent) gewesen. Im Juni wiederum gab es ein Allzeithoch bei der Photovoltaik-Erzeugung mit 9,8 Milliarden Kilowattstunden. Die Windkraft an Land erreichte mit 113,5 Milliarden Kilowattstunden in diesem Jahr ebenfalls einen neuen Rekord und war die wichtigste unter den Erneuerbaren-Erzeugungsquellen, die insgesamt 267 Milliarden Kilowattstunden Strom lieferten. Dies sind gut 15 Milliarden Kilowattstunden oder sechs Prozent mehr als noch 2022. Gleichzeitig ging die Gesamterzeugung im Jahresvergleich um fast elf Prozent auf rund 508,1 Milliarden Kilowattstunden zurück.

Nach der Windkraft an Land trugen Photovoltaik-Anlagen mit 62 Milliarden Kilowattstunden den zweitgrößten Anteil aller Erneuerbaren bei. Dies sind knapp 3 Milliarden Kilowattstunden mehr als noch 2022. Dahinter folgt die Biomasse, die stabil bei 49,7 Milliarden Kilowattstunden blieb. Der Beitrag der Offshore-Windkraft sank 2023 dagegen leicht auf 23 Milliarden Kilowattstunden. Wasserkraftanlagen produzierten 18,7 Milliarden Kilowattstunden Strom und damit etwas mehr als noch 2022.

„Die Zahlen zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Einst haben viele den Erneuerbaren nur einen einstelligen Anteil am Stromverbrauch zugetraut, heute nutzen wir mehr Strom aus erneuerbaren als aus konventionellen Quellen und haben die 100 Prozent Erneuerbare fest im Blick“, sagte BDEW-Hauptgeschäftsführerin Kerstin Andreae. „Der Weg zu einer vollständig klimaneutralen Stromversorgung war und ist aber kein Selbstläufer. Die zweiten 50 Prozent schaffen wir nur, wenn die Politik alle Hürden für den Erneuerbaren-Ausbau konsequent weiter aus dem Weg räumt.“ Dabei bezieht sie sich vor allem auf die langwierigen Genehmigungsverfahren, überbordende Bürokratie und fehlende Flächen, die die Energiewende weiterhin ausgebremsten. „Mit unserer Forderung hier mehr Pragmatismus anzulegen, adressieren wir alle Ebenen von Europa über den Bund und die Länder bis in die Kommunen. Wir brauchen eine Gelingenshaltung bis in jede Amtsstube“, sagte Andreae.

Frithjof Staiß, geschäftsführender ZSW-Vorstand, ergänzte, dass die auf der Weltklimakonferenz in Dubai beschlossene Abkehr von den fossilen Energieträgern Kohle, Öl und Erdgas „ein sehr wichtiges Signal für den Klimaschutz“ sei. „Diese Abkehr verlangt einen Ausbau der erneuerbaren Energien in ganz neuen Dimensionen. Denn um den auch zukünftig bestehenden Bedarf nach Kohlenwasserstoffen zu decken, wird zunächst grüner Wasserstoff benötigt, der mittels Elektrolyse mit erneuerbarem Strom erzeugt wird“, erklärte Staiß. „Als Kohlenstoffquelle sind zwar unvermeidbare Prozessemissionen einsetzbar, für die klimaneutrale Deckung des Bedarfs an synthetischen Kohlenwasserstoffen als Rohstoff vor allem in der chemischen Industrie ebenso wie in der Luftfahrt und der internationalen Seeschifffahrt werden diese aber bei weitem nicht ausreichen. Daher müssen wir zeitnah in die Hochskalierung von Direct Air Capture-Anlagen zur direkten Gewinnung von CO2 aus der Luft einsteigen“, so Staiß weiter. Dafür werde aber auch Strom aus Erneuerbaren gebraucht und daher müsse die Ausbaudynamik in Deutschland und weltweit deutlich gesteigert werden.

Den Erneuerbaren-Anteil am Bruttostromverbrauch zu bemessen, ist die gängige Berechnungsgrundlage und steht im Einklang mit den europäischen Vorgaben und Zieldefinitionen der Bundesregierung. Der Bruttostromverbrauch bildet dabei das gesamte Stromsystem eines Landes ab. Nach den vorläufigen Berechnungen von BDEW und ZSW wird er in diesem Jahr bei 517,3 Milliarden Kilowattstunden und damit unter dem Ergebnis der 540,2 Milliarden Kilowattstunden im Vorjahr liegen.

Bruttostromerzeugung, vorläufige Berechnungen 2023, ZSW, BDEW

Der Anteil der Erneuerbaren an der Bruttostromerzeugung ist eine weitere Messmöglichkeit, die auch exportierte Strommengen umfasst. Der Erneuerbaren-Anteil auf Basis der Bruttostromerzeugung beträgt knapp 53 Prozent in diesem Jahr – nach 44 Prozent im Vorjahr, so BDEW und ZSW weiter.

Das Statistische Bundesamt hatte letzte Woche eine ähnliche Prognose auf Basis der vorläufigen Zahlen veröffentlicht.

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