Geplante Pflicht zu Kreditkartenterminals konterkariert Ausbau günstiger AC-Ladelösungen

Elektroauto, Wallbox, Photovoltaik

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Elektromobilität wächst dynamisch und kontinuierlich! Auch wenn es immer wieder Nachrichten über Einbrüche bei den Verkaufszahlen gibt, ist der allgemeine Trend ganz sicher ungebrochen und das ist auch gut und wichtig so! Denn dieser Trend zum Elektroauto stellt derzeit die einzige Möglichkeit dar, im Verkehrsbereich den Klimazielen kurzfristig zumindest ein Stück näher zu kommen. Ob die kürzlich vom Verkehrsministerium ausgerufene Förderung KfW 442 in diesem Zusammenhang wirklich sachlich etwas bewirken konnte, sei dahingestellt. Trotzdem ist sie aber in gewisser Hinsicht wohl als Game Changer zu sehen, zeigt sie doch, dass inzwischen sogar im Verkehrsministerium die Botschaft angekommen ist, wie dringend die Elektromobilität für die Klimaziele gebraucht wird!

Immer wieder diskutiert wird in diesem Zusammenhang auch die Frage, wie viele Ladepunkte denn für einen vernünftigen Hochlauf denn nun wirklich gebraucht werden. Während die Autoindustrie ständig neue Ladepunkte fordert, gehen andere Marktakteure davon aus, dass die aktuelle Anzahl eigentlich für den aktuellen Hochlauf auch schon ausreichen sollte. Denn letztendlich ist ein wirtschaftlicher Betrieb dieser Ladepunkte auch wiederum nur mit entsprechenden Belegungszahlen möglich. Grundsätzlich einig ist man sich aber sicherlich in der Forderung, dass gerade für Langstreckenfahrten an jeder Autobahn-Raststätte eine ausreichende Anzahl an zuverlässigen Ladepunkten zwingend vorhanden sein muss – und die Betonung liegt dabei auf zuverlässig! Denn nicht alle Betreiber scheinen sich auch ausreichend um die Verfügbarkeit ihrer Produkte zu kümmern.

Für den weiteren Ausbau stellt sich nicht zuletzt auch die Frage, wie die bereits für 2023 geplante Novelle der Ladesäulenverordnung, die aktuell auf 2024 verschoben ist, zur Optimierung beitragen kann. Gerade für diese Schnellladepunkte könnte die in Zukunft geltende Pflicht zur Integration von Kreditkartenlesern durchaus ein gewisser Vorteil für die Nutzer sein. Dabei muss man allerdings auch in Betracht ziehen, dass im Gegensatz zu den ersten Jahren inzwischen auch die bisher verbauten Roamingsysteme sehr viel besser vernetzt und dadurch auch entsprechend nutzerfreundlich geworden sind. Trotzdem sollte gerade bei DC-Ladesäulen der Nutzen von universellen Lesegeräten durchaus überwiegen und auch der Aufwand sollte bei diesen Ladesystemen, deren Stückkosten üblicherweise weit im fünfstelligen Bereich liegen, den Betreibern durchaus zumutbar sein.

Bei all diesen Diskussionen um die so wichtigen Schnellladesäulen für Langstreckenfahrten wird aber ein anderes Segment an Ladepunkten immer gerne vergessen, nämlich die „langsamen“ AC-Ladepunkte mit typischen Leistungen bis 22 Kilowatt. Diese Systeme sind vorwiegend zu Hause installiert, aber auch beim Arbeitgeber, in Innenstädten, in Gasthöfen und Hotels und an vielen anderen – mehr oder weniger öffentlichen – Orten. „Steht er, dann lädt er“ – so würde dieses Prinzip der langsamen Ladung früher in E-Mobilisten-Kreisen gerne genannt. Dass diese Ladepunkte zahlenmäßig den größten Teil ausmachen, wird kaum jemand bezweifeln. Dass sie aber auch im Bezug auf die geladenen Energiemengen weit vorne liegen, wird oft übersehen. Und auch diese Ladepunkte sind nicht immer nur in der eigenen Garage, wo man sich über Vorgaben zur Ladesäulenverordnung oder zu Bezahlsystemen natürlich wenig Gedanken machen muss, sondern auch sie sind in vielen Fällen Teil einer mehr oder weniger öffentlich zugänglichen Infrastruktur.

Gerade bei diesen Ladepunkten sollte man sich mittlerweile die Frage stellen, ob man mit einem Inkrafttreten der Ladesäulenverordnung 2024 und der darin enthaltenen Pflicht zu Kreditkartenlesern das erreichen kann, was man eigentlich erreichen will, nämlich den Zugang zu mehr Ladeinfrastruktur in der Fläche. So mag ein Kreditkartenterminal an jeder AC-Ladestation auf den ersten Blick einen gewissen Mehrwert für den Nutzer bieten, allerdings sind alleine die zusätzlichen Hardwarekosten bei diesen normalerweise vergleichsweise günstigen Ladestationen nicht zu vernachlässigen.

Hinweis

Ein Beispiel dafür kann sicher das System von „Charge@Friends“ sein. Nicht ohne Grund hat sich die Jury des pv magazine, der ich angehöre, 2020 dafür entschieden, für diese Abrechnungsplattform ein pv magazine spotlight zu vergeben.

Wer mehr darüber erfahren will, kann sich gerne für das kommende Webinar  am Donnerstag (26.10.) um 19 Uhr  anmelden: https://chargeatfriends-26735043.hs-sites-eu1.com/anmeldung-live-webinar

Das Webinar ist unter anderem für private und gewerbliche Photovoltaik-Betreiber, aber natürlich auch für Installateure oder Vertreter der Immobilienwirtschaft interessant.

Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Hardwarekosten nicht immer nur Kosten für die Erstinstallation darstellen. Gerade bei allgemein zugänglichen Systemen müssen auch Kosten für Reparaturen und Vandalismus mit einkalkuliert werden.

Aber selbst wenn man die Hardwarekosten noch tolerieren könnte,  würden spätestens die laufenden Kosten der Abrechnung dieser Kredit-  und/oder Girokarten dazu führen, dass viele Ladepunktbetreiber solche Ladepunkte entweder gar nicht mehr  installieren würden oder im Zweifelsfall nur einem sehr engen Nutzerkreis bereitstellen würden.

Die vergleichsweise niedrigen Kosten solcher AC-Installationen würden es eigentlich ermöglichen, dass sehr viel nützliche Ladeinfrastruktur ohne Förderungen und ohne jegliche Kosten für die Allgemeinheit errichtet und auch allgemein zur Verfügung gestellt werden könnte. Neben den bereits genannten Beispielen bei Arbeitgebern und Gaststätten könnten auch private Ladepunkte in vielen Fällen anderen Nutzern angeboten werden. In Mietwohnungsanlagen könnten beispielsweise allgemein zugängliche Ladepunkte den Mietern mit einem niederschwelligen Abrechnungssystem angeboten werden.

In vielen solchen Fällen würde sich auch und gerade die Kombination von Ladepunkten mit Photovoltaik-Anlagen anbieten. Viele Photovoltaik-Anlagen haben sehr niedrige Einspeisetarife, weil sie entweder bereits aus der EEG-Förderung gefallen sind oder aber auch erst kurz vor der EEG-Novelle 2023 errichtet wurden. Für viele dieser Anlagen könnte  das Modell, Solarstrom anderen als Ladestrom anzubieten, eine willkommene Alternative darstellen. Und ganz nebenbei werden mit solchen Modellen Netze bestmöglich entlastet und die Idealvorstellung einer möglichst CO2-neutralen Mobilität ideal verwirklicht.

Es wäre doch sehr zu hoffen, dass sich solche Modelle in Zukunft überall verbreiten würden. Leider könnte die Einführung der Ladesäulenverordnung, zumindest wenn sie wie momentan geplant stattfinden wird, diesen Aufwuchs an neuer Ladestruktur so schnell wieder beenden, wie er begonnen hat.

Das Ziel der Pflicht für Kartenleser war sicherlich gut gemeint: Barrierefreier Zugang ohne Vertragsbindung! Aber es wird wohl gerade in diesem Bereich der Ladeinfrastruktur nicht erreicht werden – im Gegenteil: Hohe Hardwarekosten, vor allem aber die vergleichsweise hohen laufenden Kosten von Kreditkartensystemen würden dazu führen, dass solche niederschwelligen Ladeinfrastrukturprojekte in Zukunft nicht mehr oder kaum mehr installiert werden. Aus Sicht der Nutzer, die in aller Regel lieber einen Ladepunkt ohne Terminal als gar keinen Ladepunkt vorfinden wollen, hätte man mit dieser Vorschrift dann wohl das gewünschte Ziel eindeutig verfehlt!

Deswegen möchte ich diesen Artikel gerne mit einem Appell an die Politik abschließen:
Täglich wird viel von Vereinfachung und Bürokratieabbau gesprochen. Ein erster Schritt wurde mit der sicherlich sinnvollen Verschiebung der Ladesäulenverordnung bereits gemacht, viele sinnvolle Projekte konnten dadurch noch entstehen. Dies sollte weiterhin möglich bleiben.

Bei der weiteren Umsetzung sollte deshalb in Zukunft definitiv nach DC-Ladeinfrastruktur und AC-Ladeinfrastruktur bis 22 Kilowatt unterschieden werden. Die günstigen AC-Ladelösungen müssen weiterhin von der Pflicht für Kreditkartenterminals ausgenommen werden. Nur so kann und wird weiterhin eine Vielzahl an niederschwelligen Lademöglichkeiten ausgebaut werden. Sie werden die Elektromobilität mindestens genauso vorantreiben, wie der weitere Zubau der Schnellladeinfrastruktur an den Autobahnen. Im Zeitalter der Digitalisierung sollte man darauf vertrauen, dass es genügend einfache und zuverlässige Abrechnungsmöglichkeiten gerade auch für diese Fälle geben wird.

— Der Autor Hans Urban ist langjähriger Experte und Consultant für Photovoltaik, Speicher und E-Mobilität. Er hat den Solarbereich bei Schletter aufgebaut. Seit seinem Ausscheiden aus der dortigen Geschäftsleitung ist er als Berater tätig. Zudem hält er deutschlandweit Vorträge zu Themen rund um erneuerbare Energien und Elektromobilität. —

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