DGS Franken: Mehr Einnahmen bei Photovoltaik-Gewerbeanlagen durch Aufteilung

Große Photovoltaik-Dachanlage auf Gewerbehalle nahe der Autobahn

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Die letzte EEG-Novelle unterscheidet Volleinspeiser und Teileinspeiser. Wenn man eine Anlage als Volleinspeiser anmeldet, bekommt man eine höhere EEG-Vergütung beziehungsweise einen höheren anzulegenden Wert. Führt das dazu, dass sich Betreiber überlegen, Photovoltaik-Anlagen zu teilen, so dass sie einen Teil als Volleinspeiser betreiben und einen Teil als Überschusseinspeiser?

Michael Vogtmann, Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS), Landesverband Franken

Foto: DGS Franken

Michael Vogtmann:  Ja, das kann man wohl sagen: Viele Marktakteure haben ein ‚Anlagensplitting‘ schon erwogen oder durchgeführt. Auch unsere beiden Webinare zum Thema ‚Anlagensplitting‘ haben bislang schon weit über 100 Teilnehmer gehabt. Für den nächsten Termin am 28.Juni rechnen wir wieder mit über 50 Teilnehmern. Es gibt zahlreiche Gebäude mit großen Dächern und eher geringem Stromverbrauch, bei denen man einerseits Strombezugskosten einsparen will, aber andererseits nicht durch sehr niedrige Überschusseinspeisevergütung „bestraft“ werden will. Elf Cent für Volleinspeiser  oder sieben Cent für Überschusseinspeiser, das ist schon ein riesiger Unterschied. Besonders wichtig ist das Thema in Baden-Württemberg, wo auf Grund der Solarpflicht ja mindestens 60 Prozent der Dachflächen bei Neubau und Sanierung belegt werden müssen, dort kann also gar keine ausschließlich kleine, eigenverbrauchsoptimierte Photovoltaik-Anlage gebaut werden.

In welchen Segmenten spielt das eine Rolle: Auch beim Eigenheim oder nur bei einer Gewerbeanlage?

Im Eigenheim wird es relevant bei großen Dächern ab circa 25 Kilowattpeak. Besonders relevant ist es jedoch im gewerblichen und öffentlichen Gebäudebereich ganz allgemein, jedoch mit dem Schwerpunkt 40 bis 100 Kilowattpeak. Also dort, wo man meist mit fester EEG-Vergütung rechnet, auch weil man nicht weiß, dass es mit Lumenaza einen preiswerten Direktvermarkter für kleine Anlagen gibt, der eventuell höhere Börsenpreise erzielen kann oder weil man bis 100 Kilowattpeak einfach nicht in die Direktvermarktung will. Die einfache Dimensionierungs-Regel lautet: Wenn bei geplanter Vollbelegung des Daches die Direktverbrauchsquote unter 35 Prozent liegt, sollte man das „Anlagensplitting“ durchrechnen und der einen großen Direktverbrauchsanlage gegenüberstellen. Man sollte natürlich berücksichtigen, ob man in den circa drei bis fünf fünf Jahren mit einer deutlichen Zunahme des Stromverbrauchs vor Ort durch Umswitchen von Benzin, Diesel, Erdgas, Erdöl auf Strom zu rechnen ist, etwa wenn man in auf einen elektrischen Fuhrpark, auf  Stromklimaanlagen, elektrische Heizungen oder verstärkt stromgeführte industrielle Prozesse umstellen will. Dann steigt der Eigenverbrauch und man kommt eventuell über die 35 Prozent.

In der Planungspraxis landet man dann häufig bei 20 bis 30 Prozent des Daches zur Eigenverbrauchsbelegung und 70 bis 80 Prozent des Daches zur Volleinspeisung.

Du rechnest gerne ein Beispiel vor von einem Gewerbebetrieb mit 75-Kilowatt-Photovoltaik-Anlage. Er hat einen Verbrauch von 38.000 Kilowattstunden, ein Drittel des Solarstroms kann er selbst verbrauchen. Sollte er seine Anlage in ein Drittel Eigenverbrauchsanlage und zwei Drittel Volleinspeiser teilen?

Ich würde die Eigenverbrauchsanlage immer eher klein dimensionieren, so dass die Eigenverbrauchsquote zwischen 50 und 80 Prozent liegt. Dann hält sich die Menge schlecht vergüteter Überschusseinspeisung in Grenzen und es wird gleichzeitig eine nennenswerte Strombezugsunabhängigkeit mit 30 bis 50 Prozent erreicht. Das restliche Dach würde ich mit der hochvergüteten Volleinspeisung belegen. In der Planungspraxis landet man dann häufig bei 20 bis 30 Prozent des Daches zur Eigenverbrauchsbelegung und 70 bis 80 Prozent des Daches zur Volleinspeisung.

Welche Rolle spielt das Lastprofil im Detail? Lohnt sich ein Anlagensplitting eher, wenn man immer eine gleichbleibende Last hat, oder lohnt sich ein Anlagensplitting eher, wenn man einzelne hohe Lastspitzen hat, oder ist das egal?

Das ist egal, es kommt auf die jährliche Direktverbrauchsquote an. Und die kann man ja vorher einschätzen oder mit Programmen wie pv@now, pvSol oder Sunnydesignweb auf Basis von Standard- oder echten Lastprofilen berechnen.

EEG-Fördersätze Stand Mai 2023. Vor allem für gewerbliche Photovoltaik-Anlagen kann sich das Anlagensplitting rechnen

Aber ich weiß nicht unbedingt, wie sehr sich meine Eigenverbrauchsquote bei einem bestimmten Splitting ändert. Nehmen wir mal an, man kennt das genaue Lastprofil. Wie kann man berechnen, welche Mehrerlöse man durch ein Splitting erreichen kann?

Ganz einfach: Man importiert die CSV-Lastprofildatei ins Berechnungsprogramm und simuliert dann einmal die große Eigenverbrauchsanlage darüber und im zweiten Schritt die kleine Eigenverbrauchsanlage mit dem Ziel 50 bis 80 Prozent errechneter Eigenverbrauchsquote.  Ergänzend wird eine Berechnung einer Volleinspeiseranlage für die restliche Dachfläche vorgenommen. Das einzige Programm, mit dem man dieses Anlagensplitting energetisch und wirtschaftlich berechnen und gleichzeitig in der Gegenüberstellung visualisieren kann, ist unser DGS Franken Software „pv@now manager“ (www.pv-now.de). Sämtliche wichtigen betriebswirtschaftlichen Kennzahlen werden für alle Szenarien übersichtlich ausgewiesen. Für die Berechnungen braucht man auch nur 20-30 Minuten. pv@now erhielt übrigens schon 2015 einen pv magazine Award als innovatives business model.

Die Kosten des Anlagensplitting im Vergleich zu einer größeren Gesamtanlage sind in der Regel verschwindend gering.

Den Mehrerlösen stehen höhere Investitionskosten gegenüber. Was muss man machen, wenn man Anlagensplitting betreiben will? Kann man das irgendwie virtuell berechnen, oder braucht man zwei Wechselrichter und zwei Zähler?

Die Kosten des Anlagensplitting im Vergleich zu einer größeren Gesamtanlage sind in der Regel verschwindend gering. Bei größeren Anlagen ab 40 Kilowattpeak aufwärts arbeitet man sowieso mit mehreren Stringwechselrichtern, hat also meist keinen höheren Bedarf an einer größeren Anzahl von Wechselrichtern. Man braucht meist lediglich einen Extra-Zählerplatz für die Volleinspeisung im Hausanschlusskasten, was fast immer gegeben ist und hat eine Extra-Jahresgebühr für den zweiten Zähler von circa 100 bis 300 Euro. Das macht durchschnittlich fünf bis zehn Prozent der erwartbaren besseren Gesamterlöse aus.

Jetzt kann sich der Eigenbedarf über die Laufzeit ändern. Wie oft darf ich das Anlagensplitting, beziehungsweise das Verhältnis von Volleinspeiser zu Teileinspeiser ändern?

Man kann jede Anlage ganz oder teilweise in der vergütungsrelevanten Betriebsweise ändern, laut EEG §21 immer zum Kalendermonatsbeginn mit einem Monat Zwischenfrist. Aber praxisrelevant wird künftig fast immer nur die Umstellung der gesamten oder anteiligen Volleinspeiseranlage hin zum zusätzlichen Eigenverbrauch sein. Und das ist alles recht einfach möglich, wenn mit mehreren circa 20 bis 50 Kilowatt-Stringwechselrichtern gearbeitet wird.  Natürlich muss die Umstellung der Bundesnetzagentur und dem Verteilnetzbetreiber gemeldet werden. Und: Die Umstellung hin zur Eigenversorgung sollte zum Jahreswechsel erfolgen, sonst fallen bei unterjähriger Umstellung 24 Euro pro Kilowattpeak „Pönale“ an, also 2400 Euro bei 100 Kilowattpeak.

Kann es vor diesem Hintergrund sinnvoll sein, eine 200-Kilowatt-Anlage mit fünf 40-Kilowatt-Wechselrichtern auszurüsten, um flexibel zu sein?

Exakt, aber das wird ja in der Regel sowieso gemacht.

Über 100 Kilowatt muss ich den Strom in die Direktvermarktung geben, unter 100 Kilowatt kann ich in die Direktvermarktung geben. Ändert das die Betrachtung?

Nein, wohl eher nicht. Es hängt natürlich von der persönlichen Einschätzung der kurz- und mittelfristigen Börsenvermarktungserlöse für Photovoltaik-Strom ab. Die liegen eventuell noch drei Jahre bei zehn bis zwölf Cent, werden danach aber vermutlich auf sieben bis acht Cent dauerhaft absinken. Vorausgesetzt, der Ausbau der preiswerten erneuerbaren Energien schreitet wie geplant voran und es kommt zu keinen weiteren Energiekrisen wie jetzt durch den Krieg in der Ukraine oder die nächste Dürre vor allem. in Frankreich, wo sehr viele Atomkraftwerke auf die Flusswasserkühlung angewiesen sind. Aber klar: Wer auf dauerhaft auf über zehn Cent Direktvermarktungserlöse spekuliert, kann sich das „Anlagensplitting“ sparen. Denn dann würde man über zehn Cent sowohl aus der Volleinspeisung als auch aus der Überschusseinspeisung erhalten. Das ganze Thema hängt also auch an einer Börsenpreiseinschätzung des Entscheiders ab. Eine Gefahr zur Übererlösabschöpfung wie derzeit bei Anlagen über einem Megawattpeak sehe ich wiederum nicht. Erstens würden auch hier noch drei Cent Mehrerlös im Vergleich zum anzulegenden Wert beim Anlagenbetreiber verbleiben und zweitens wird die Übererlösabschöpfung laut Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sowieso abgeschafft, weil diese angesichts niedrigerer Strombeschaffungs- und –bezugspreise gar nicht mehr nötig sei.

Die Fragen stelle Michael Fuhs schriftlich.

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