10 bis 20 Prozent Mehrpreis für europäische Photovoltaik-Module vorstellbar

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pv magazine: Enerparc ist EPC und IPP, sie entwickeln, bauen, betreibenAnlagen und verkaufen Strom. Momentan gibt es verstärkt Bestrebungen von Seiten der Politik und potenziellen Herstellern, wieder eine europäische Photovoltaik-Produktion aufzubauen, also von Silizium über Wafer, Ingots vor allem zu Zellen und dann zu Modulen.  Interessiert das potenzielle Modulkäufer?

Stefan Müller (Foto): Absolut ja. Wir begrüßen das Thema auch. Im Residential-Bereich ist das ja auch bekannt. Dort gibt es viele Argumentationen und auch Marketingkampagnen für den Kauf lokaler Produkte Da funktioniert das sehr gut, weil dieser Kauf auch eine emotionale Entscheidung ist. Wir sehen jetzt bei uns mehr und mehr, dass klassische Corporate-PPAs unterschrieben werden mit größeren Konzernen, für die Energie nur ein Teil vom Ganzen ist. Für die ist es eher wichtiger, auch eine gute Story zu haben. Und eine gute Story heißt, dass sie nicht nur ihren CO2-Fußabdruck reduzieren, sondern auch wenn die Produkte aus Europa und aus Deutschland kommen.

Da hat sich dann ja im Vergleich zu vor einigen Jahren etwas verändert.

Ja, für Energieversorger sieht es aber etwas anders aus. Die würden vielleicht einen Cent mehr pro Modul zahlen, und das würde dann die Kilowattstunde Strom final 0,3 Cent teurer machen. Das ist aber nicht der einzige Maßstab. Ich glaube, dass da draußen eine Bereitschaft, höhere Preise zu zahlen, vorhanden ist. Gerade für die Corporate Abnehmer mit einem starken Brand, deren Produkte nur zum Teil etwas mit Energie zu tun hat

Da müssen wir uns erst einmal den Markt ansehen. Zum einen gibt es PPAs, zum anderen Ausschreibungen. Bei Letzteren geht es offensichtlich um den günstigsten Preis. Sind Ausschreibungen für Sie noch relevant?

Stefan Müller: Die machen wir natürlich auch noch. Diese sind eine gute Basis, um für mittelgroße Anlagen eine gute Grundfinanzierung zu bekommen. Wir sind auch weiterhin in dem Markt tätig, dass wir unseren Strom auch an der Börse direkt vermarkten. Aber wir sind mittlerweile genauso stark mit echten Corporate Playern, die nicht nur Energieabnahmeverträge wollen, sondern mit uns auch die Entwicklungen gemeinsam machen wollen. Ein gutes Beispiel ist unsere Zusammenarbeit mit Ikea in Australien. Etliche Corporates wollen einen One-Stop-Shop, die Entwicklung, die Betreuung beim Bau, die Unterstützung bei der Produktauswahl und die Qualitätssicherung machen und dann den Betrieb an uns übergeben.

Nachhaltige Solarzellen aus Deutschland – pv magazine Podiumsdiskussion mit dem BMWK und Branchenvertretern

Drei bis vier Monate Zeitfenster für Entscheidung zu deutscher Photovoltaik-Produktion

In der von pv magazine organisierten Podiumsdiskussion zur Wiederbelebung der europäischen Solarindustrie traf der Leiter des zuständigen und neu eingerichteten Referats aus dem Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz auf Industrievertreter, die den Aufbau von Photovoltaik-Zellen und Modulproduktion planen.

Diskussionsteilnehmer:

  • Friedrich Gröteke, Leiter des Referats IVE5 – Wind-, Solar- und Transformationsindustrien | Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz
  • Christoph Podewils, Leiter Politik | Meyer Burger
  • Peter Fath, CEO RCT Solutions
  • Eicke Weber, Vice-Chair, European Solar Manufacturing Council ESMC, ehemals Direktor des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme ISE
  • Jochen Wermuth, Climate Impact Investor / Chair | Solar Foundry

Zur Berichterstattung über die Diskussion und die Diskussion zum Nachsehen

In der nächsten Magazinausgabe berichten wir ausführlich über die Bestrebungen zu Photovoltaik-Produktion in Europa. Die Ausgabe ist ab dem 6. Juni im Shop erhältlich.

Die Anlagen halten dann die Corporates?

Das ist unterschiedlich. Ikea hält zum Beispiel Anlagen. Aber wir behandeln die Anlagen so, als wenn sie unsere wären und betreuen sie so. Auf der anderen Seite haben wir aber auch klassische Energieabnehmer oder börsennotierte Unternehmen. Das sind Firmen, die sozusagen gefangen sind in ihrem Ausschreibungsmodell. Das sind zum Beispiel große Automobilkonzerne, die, wenn sie Assets besitzen wollen, immer die klassische Ausschreibung machen müssen. Das ist in dieser dynamischen Welt der Erneuerbaren schwer umsetzbar. Wenn wir dann gemeinsam Projekte entwickeln, besitzen wir die Anlage, machen aber im Vorfeld schon einen Energieabnahmevertrag. Manchmal mit einem Kabel über den Zaun, manchmal als einen virtuellen PPA, bei dem man die erzeugten Mengen verkauft.

Warum wird es zu kompliziert, wenn Corporates Projekte ausschreiben?

Das liegt an deren Prozessen. Da gibt es ganz klare Vorgaben, wie RFI, RFQ, also Informations- und Angebotsabfragen, und am Ende die Verhandlungen abzulaufen haben. Wenn da steht „Bindefrist für neun Monate“, dann ist das für uns in der Branche so gar nicht mehr umsetzbar. Das Risiko ist so nicht darstellbar.

Weil sich die Preise in der Photovoltaik schnell ändern?

Ja. Und natürlich ist ein Automobilunternehmen als Aktiengesellschaft, als öffentliche Firma, gehalten, immer den günstigsten Preis zu nehmen. Wir wissen, dass günstig nicht immer die beste Qualität ist. Und Projektentwicklung dauert nun mal eher länger und eine Preisgarantie für neun bis zwölf Monate ist dann ein Risiko, was zusätzlich Geld kostet.

Das heißt, es gibt Abnehmer, die sehr genau auf die Kosten schauen. Da wird es dann schwierig, europäische Module zu nutzen, wenn die 5 bis 20 Prozent teurer sind?

Genau. Wenn Sie aber zum Beispiel mit den großen Unternehmen in den Energiehandel gehen, also wenn wir eine Anlage planen, behalten und einen PPA-Vertrag abschließen, gibt es eine andere Dynamik. Energiehändler oder -einkäufer von Corporates wissen, dass der Markt sehr dynamisch ist. Die sind dann auch offen, mal einen kurzen PPA oder auch einen PPA über 10 oder 15 Jahre abzuschließen. Die Verhandlungen sind interessant.

Denen fehlt aber vermutlich auch die emotionale Komponente, für Strom aus europäischen Modulen mehr zu zahlen.

Auf der anderen Seite haben diese Firmenwiederum eine andere Komponente. Bei denen spielt zum Beispiel die Lokalität eine große Rolle. Wir haben ja vor kurzem mit Volkswagen in Zwickau an deren Werk direkt eine Solaranlage gebaut und sind jetzt im Bau für eine zweite. Deren Prinzip ist ganz klar: Bitte in der Nähe der Fabrik, weil sie die Solarfelder für alle sichtbar machen wollen, die ihr E-Fahrzeug da abholen. Da spielt also auch eine emotionale Komponente eine Rolle..

Würden solche Player mehr für europäische Module ausgeben?

Ich sage mal so: Die Gespräche sind da und das Interesse ist da.

Das heißt, es gibt ein Interesse?

Ja, absolut. Und das geht über diesen einen Cent pro Watt, was jetzt in der Branche bei uns so gehandelt wird, hinaus.

Was ist der Mehrpreis, den Sie sich vorstellen können?

Mein Gefühl sagt mir, das können bis zu 10 oder 20 Prozent mehr sein.

Schön für europäische Hersteller. Aber man baut keine weltmarktfähige Industrie aufbaut, wenn man von vornherein 10 bis 20 Prozent Mehrkosten als Ziel setzt.

Das stimmt. Das darf auch gar nicht das Ziel sein. Ich glaube, das Ziel muss sein, dass wir eine sehr hohe Qualität mit einem geringen CO2-Fußabdruck, mit einer hohen Wertschöpfung, einer ruhig auch „Immer-Verfügbarkeit-Garantie“ und mit einer langen Produktgarantie insgesamt bekommen. Da ist Deutschland sicherlich der Vorreiter. Und da schauen die Kunden auch schon drauf, und zwar nicht nur im Residential-Bereich.

Was sehen Sie derzeit noch für Trends im Markt?

Wir haben gerade unser großes Photovoltaik-Kraftwerk mit Speicher angeschlossen. Da tut sich unglaublich viel. Jetzt werden auch separate Speichersysteme angeboten, die gar nicht in Kombination mit Wind und Solar geplant werden. Wieso nicht? Die Baugenehmigung ist einfacher und der Netzanschluss ist einfacher. Ich glaube, dass sich da ein interessanter Markt entwickelt. Die große Frage ist, wer ist der Treiber, Investoren oder Netzbetreiber?

In der Vergangenheit war es ein regulatorisches Problem, da der Netzbetreiber, nicht alle Geschäftsmodelle bedienen darf.

Er könnte es ja ausschreiben, oder er kann sogar Netzpunkte freigeben, wenn er transparent agieren würde. Tut er nicht immer.

Die Stand-alone-Speicher gab es schon im Zusammenhang mit der Primärregelleistung. Der Markt ist ja relativ weit abgefrühstückt.

Und der war auch immer unglaublich stark unter Druck. Da hat eine riesige Kannibalisierung stattgefunden. Aber wenn ich sehe, was es da an jungen Startups gibt, die in allen Geschäftsmodellen aktiv sind, das kann spannend werden. Ich finde auch das Thema Flexibilisierung der Energieabnehmer hochspannend. Unglaublich viele neue Start-ups tummeln sich da. Ob das nun Vehicle-to-Grid ist, ob das die Bündelung von Energieabnahmeverträgen ist. Letzteres ist wichtig, weil auch die kleineren Betriebe dekarbonisieren wollen und günstigen Strom benötigen, die allein keinen PPA abschließen können.

Die Industrie braucht günstigen Strom. Früher konnte man für 4 Cent pro Kilowattstunde Solarstrom erzeugen. Mit den hohen Zinsen sind diese Zeiten erstmal vorbei, oder?

Ich will nicht sagen, dass die jetzt komplett vorbei sind. Aber wir stellen alt fest, dass wir wirklich in einer sehr schönen Zeit gelebt haben mit niedrigen Zinsen, die so gering waren, dass man es sich gar nicht mehr vorstellen kann. Die hohen Zinsen hauen richtig rein in die Kosten. Die Kapitalkosten sind entscheidend.

Wo liegt man im Augenblick bei den Stromgestehungskosten?

Das hängt auch von der Größe ab. Die letzten EEG-Ausschreibungen lagen im Durchschnitt bei ungefähr 7 Cent. Das reflektiert die Situation.

Wann können die Kosten wieder runtergehen?

Wenn die Zinsen runtergehen oder wenn es andere Geschäftsmodelle gibt. Ich glaube, wenn man eine Modellierung über 30 oder 35 Jahre macht, was auch klassische Corporate-Abnehmer auch machen, dann können die Werte auch wieder anders werden.

Das hängt ja wiederum davon ab, welches Risiko sie eingehen wollen, und ob man darauf seine Finanzierung aufbauen kann.

Genau. Sie bekommen ja keine Finanzierung für 30 Jahre mit gesichertem Zins. Höchstens 10, vielleicht 15 Jahre. Das ist eigentlich die Schwierigkeit. Aber ich glaube, da werden sich auch wieder andere Geschäftsmodelle entwickeln. Wir sprechen ja auch mit sehr großen Playern, die grundsätzlich alles mit Eigenkapital machen. Die haben auch noch mal einen anderen Ansatz. Wir haben jetzt ja vor einiger Zeit auch mit der Lego-Familie unser Amerikageschäft veräußert. Die haben erst mal alle Darlehen abgelöst komplett. Das machen sie alles mit Eigenkapital.

Die haben Geld übrig und wissen gar nicht, wohin damit?

Genau. Geld ist im Markt. Die wollen auch eine Rendite erwirtschaften, das ist klar. Aber die können das etwas anders modellieren.

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