EU-Kommission definiert grünen Wasserstoff – Bedingungen in Frankreich leicht zu erfüllen

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Wer einen Elektrolyseur betreiben will, könnte das in Zukunft am einfachsten in Frankreich tun. Diesen Eindruck könnte man bekommen, wenn man die Bedingungen für grünen Wasserstoff der Europäische Kommission liest. Am Montag legten die EU-Kommissare zwei sogenannte delegierten Rechtsakte, denen Rat und Parlament noch zustimmen müssen vor. Die Rechtsakte definieren Nachhaltigkeitskriterien für grünen Wasserstoff in Industrie und Verkehr. In der Wasserstoffbranche waren klare Regelungen zu diesem Punkt mit Blick auf Rechts- und Investitionssicherheit lange erwartet worden.

Im Grundsatz klärte die Kommission die Frage, was in der EU als erneuerbarer Wasserstoff zählen darf. Dabei kommt es auf den Begriffe Zusätzlichkeit, Gleichzeitigkeit und Herkunft an. Damit will die Kommission sichergehen, dass ein Hochlauf der Elektrolyse-Kapazität in Europa dazu führt, dass mehr erneuerbare Energieanlagen ans Netz gehen. Ohne zusätzliche Photovoltaik und Windkraft ist der Hochlauf der Elektrolyse-Kapazität vor dem Hintergrund der Dekarbonisierung ein Nullsummenspiel.

Zusätzlich

Laut Kommissionsvorschlag kann Strom, der über eine Direktleitung ohne den Umweg durchs Netz von einer erneuerbaren Energieanlage zum Elektrolyseur geleitet werden, als zusätzlich gelten. Die Erneuerbaren-Anlage darf dabei aber nicht älter als 36 Monate sein.

Wenn Elektrolyseurbetreiber den Strom aus dem Netz beziehen, darf das über ein PPA mit einer Anlage, die nicht älter als 36 Monate ist, passieren. Bis zum 1. Januar 2028 dürfen die Erneuerbare-Anlagen noch Förderung erhalten. Danach läuft die Schonfrist der EU-Kommission aus und es dürfen nur noch gänzlich ungeförderte Anlagen den Strom für Elektrolyse bereitstellen.

Betreiber können auch Netzstrom beziehen. Und zwar wenn der Anteil der Erneuerbaren über ein gesamtes Jahr hinweg im Schnitt über 90 Prozent lag. Steigt der Durchschnitt in einem Jahr auf diesen Wert, wird für die fünf folgenden Jahre angenommen, dass der Anteil der erneuerbaren im Strommix bei über 90 Prozent liegt.

Alternativ kann auch die Emissionsbelastung von Netzstrom auf unter 65 Gramm pro Kilowattstunde fallen. Das sind gute Nachrichten für französische Elektrolyseurbetreiber. Denn in Frankreich liegt der Wert über normalerweise bei 55 Gramm pro Kilowattstunde. Nur 2022 erreichte die Emissionsbelastung bei 73 Gramm pro Kilowattstunde.

Ein weiteres Szenario, unter dem der Netzstrombezug möglich ist, ist, wenn erneuerbarer Strom unter das sogenannten Curtailment fällt und zum Beispiel Windkraftanlagen ihren Strom wegen Netzengpässen nicht einspeisen dürfen.

Gleichzeitig

Damit der Wasserstoff auch grün ist, muss sichergestellt werden, dass der Strom zeitlich dann vom Elektrolyseur entnommen wird, wenn der erneuerbare Strom auch vorhanden ist. Auch in diesem Punkt räumt die EU-Kommission eine Schonfrist ein. Bis zum 1. Januar 2030 müssen die Wasserstoff-Erzeuger nur nachweisen, dass ihren monatlichen Verbräuchen mit den monatlichen Erzeugungsmengen ihrer PPA-Partner übereinstimmen. Danach soll ein stündlicher Abgleich verlangt werden. Für Mitgliedstaaten mit mehr Ambitionen besteht schon ab dem 1. Juli 2027 die Möglichkeit, freiwillig stündlich die zeitliche Korrelation zu überprüfen.

Außerdem können Elektrolyseurbetreiber immer dann Strom entnehmen, wenn der Börsenpreis am Day-Ahead-Markt in der eigenen Gebotszone auf unter 20 Euro pro Megawattstunde fällt oder das 0,36-fache des Preises für eine Tonen CO2 beträgt.

Regionale Herkunft

Außerdem sollen Elektrolyse und ihre Stromquelle räumlich möglichst geringfügig voneinander getrennt sein, um den Bedarf für einen zusätzlichen Netzausbau gering zu halten. Elektrolyseure, die den überschüssigen Windstrom der Offshore-Anlagen zu Wasserstoff verarbeiten, sollten im besten Fall auch an der Nordseeküste errichtet werden.

Um dieses Bauverhalten zu fördern, legt die EU-Kommission in ihrem Vorschlag fest, dass netzgekoppelte Elektrolyseure nachweisen müssen, dass ihre Energiequelle in derselben Strommarkt-Gebotszone liegt oder die Quelle in einer Gebotszone liegt, die über eine Grenzkuppelstelle mit dem Elektrolyseur verbunden ist. Darüber hinaus können Mitgliedstaaten eigene zusätzliche Kriterien, zum Beispiel kleinere Gebiete, die zur Erfüllung der räumlichen Nähe geeignet sind, definieren.

Gilt für Drittstaaten

Die Regeln werden dem Kommissionsvorschlag nach auch für Wasserstoff aus Übersee gelten. Mit einem freiwilligen Zertifizierungssystem sollen auch Erzeuger in Drittstaaten Zusätzlichkeit und Gleichzeitigkeit nachweisen, um ihren Wasserstoff als grünen Wasserstoff auf den europäischen Markt zu bringen.

Mit dem zweiten Rechtsakt nahmen sich die Kommissare um eine allgemein anerkannte Methode zur Berechnung der Emissionen einer Wasserstoffwertschöpfungskette zu schaffen. So eine Berechnung sollte vorgelagerte Emissionen, Emissionen bei der Entnahme von Netzstrom und generelle Verbrauchs- und Transportemissionen miteinbeziehen, stellte die Kommission fest.

Hintergrund

Dem „REPowerEU“-Plan zufolge strebt die EU an, ab 2030 rund zehn Millionen Tonnen Wasserstoff zu erzeugen und weitere zehn Millionen Tonnen zu importieren. Für die Produktion werden laut Kommission rund 500 Terawattstunden Strom benötigt. Das entspricht etwa 14 Prozent des Stromverbrauchs der EU. Die sollen aus Erneuerbaren bereitgestellt werden, die dann nicht anderen elektrifizierten Sektoren fehlen.

Die Grundlage für die beiden Rechtsakte liefen in der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie (RED III). Aktuell befindet sich RED III noch in der Überarbeitungsphase des sogenannten Trilogverfahrens zwischen Kommission, Parlament und Rat. Das Europäische Parlament und der Rat haben zwei Monate Zeit, die zwei Rechtsakte der Kommission abzulehnen oder anzunehmen und somit Teil der RED III-Verordnung werden zu lassen. Eine Verlängerung dieser Frist um weitere zwei Monate ist möglich. Das Besondere an diesen Rechtsakten: Parlament und Rat haben keine Befugnis, die Vorschläge zu ändern, beziehungsweise Anträge auf Veränderung einzubringen.

Bundesumweltministerium und Bundesklimaschutzministerium begrüßten in einer gemeinsamen Erklärung den Kommissionsvorschlag. „Das Bundesumweltministerium wird für die Förderung von grünem Wasserstoff im Verkehr im Rahmen der Treibhausgasminderungsquote nun sehr zeitnah die delegierten Rechtsakte durch Novellierung der 37. Bundesimmissionsschutzverordnung umsetzen.“ Nach Abschluss der Trilogverhandlungen wären die beiden delegierten Rechtsakte das „zentrale regulatorische Instrument für den Markthochlauf von grünem Wasserstoff für alle Sektoren“, teilen die Ministerien mit.

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