Auswirkungen der EU-Erlösobergrenze auf erneuerbare Energien

Zaun, Solarpark

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von pv magazine Global

Die Genehmigung einer Erlösobergrenze von maximal 180 Euro pro Megawattstunde für Strom aus Erzeugern mit niedrigen Grenzkosten, einschließlich Photovoltaik und Windkraft, hat unterschiedliche Reaktionen von Analysten und Branchenverbänden hervorgerufen. Sie sind sich jedoch weitgehend einig, dass die Entscheidung für die Entwickler eine Reihe von Unwägbarkeiten mit sich bringen könnte. Diese träfen ein, wenn sich EU-Mitgliedstaaten entscheiden, andere Obergrenzen einzuführen. Damit würde der Ausbau der erneuerbaren Energien verlangsamt.

In einer Umfrage des US-Unternehmens Level Ten gaben 26 Prozent der Befragten an, dass ihre Angebotsaktivität im Bereich Stromabnahmeverträge (PPA) zurückgehen würden, wenn einzelne Länder ihre eigenen Preisobergrenzen einführen. Das heißt, dass unterschiedliche Obergrenzen und Regeln Projekte aufhalten könnten, bis diese Ungewissheit beseitigt ist.

„Unterschiedliche Mechanismen zur Preisfestsetzung auf dem Kontinent werden unbeabsichtigte Auswirkungen auf benachbarte Märkte haben“, sagte Kristian Lande, Senior Director of European Analytics bei Level Ten Energy. „Ohne einen Konsens zwischen den 27 Ländern über den Zeitplan und das Preisniveau wird es eine größere Unsicherheit geben, die wahrscheinlich zu weniger Investitionen in allen Bereichen führen wird.“

Diese Einschätzung spiegelt die von Solarpower Europe geäußerten Bedenken über die mögliche „uneinheitliche Umsetzung“ der von der Europäischen Kommission und dem Europäischen Rat Notfallmaßnahmen im Energiebereich wider. Diese wurden letzte Woche vereinbarten. Der europäische Branchenverband der Solarindustrie hatte zuvor eine einheitliche Anwendung der Maßnahmen gefordert. Er befürchtet, dass weniger solarfreundliche europäische Mitgliedsstaaten jede Gelegenheit nutzen würden, um erneuerbare Energien härter zu bestrafen als andere „inframarginale“ Erzeuger, wie beispielsweise Betreiber von Braunkohlekraftwerken oder AKW.

Auswirkungen der PPAs auf das Angebot

In der Umfrage unter 19 Entwicklern mit Projekten auf dem Level Ten Energy Marketplace gaben 42 Prozent an, dass eine Preisobergrenze von 180 Euro pro Megawattstunde ihre Angebotsaktivität im Bereich PPA nicht verändern würde. Derselbe Prozentsatz gab an, dass weiterhin einige Angebote abgeben werden, allerdings nur für ausgewählte Gelegenheiten.

Die Obergrenze soll nur vorübergehend gelten. Wenn ein Projekt also voraussichtlich erst 2024 den kommerziellen Betrieb aufnehmen wird, ist es möglicherweise gar nicht betroffen. Andererseits werden Projekte, die kurz vor ihrem kommerziellen Inbetriebsnahmedatum stehen, am stärksten betroffen sein. Dies gilt insbesondere, wenn ein Teil ihrer Kapazität für den Spotmarkt reserviert wurde.

Level Ten zufolge bleibt der Spotmarkt jedoch auch mit der Obergrenze von 180 Euro pro Megawattstunde eine attraktive Option für Projektentwickler, die das volle Ertragspotenzial der heutigen Marktbedingungen ausschöpfen wollen. Und schließlich „besteht die Hoffnung, dass die unglaublich hohen Großhandelspreise enorme Investitionen anlocken und die Entwicklung ankurbeln werden, die das Gesamtangebot an Projekten für erneuerbare Energien erhöhen wird, und ein Teil dieser Kapazität könnte für PPAs reserviert werden“, so Level Ten.

Die verschiedenen Arten von PPA werden auf unterschiedliche Weise betroffen sein. Die meisten langfristigen Verträge bringen den Erzeugern keine Einnahmen von mehr als 180 Euro pro Megawattstunde, so dass sich die neuen Vorschriften nicht auf sie auswirken werden. Nach Angaben des norwegischen Beratungsunternehmens Rystad Energy entfallen 60 Prozent der gesamten installierten Kapazität an erneuerbaren Energien in der EU auf diese Verträge mit festem Zinssatz.

Kurzfristige PPAs dürften dagegen am stärksten betroffen sein und neu verhandelt werden, wenn sie über 180 Euro pro Megawattstunde liegen. Ihre Preise sind in der Regel eng an die tatsächlichen Marktpreise gekoppelt. Nach Angaben von Rystad fallen die verbleibenden 40 Prozent der Kapazitäten für erneuerbare Energien in diese Kategorie.

„Während die Erlösobergrenze für alle Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien gelten würde, profitieren nur etwa 40 Prozent von der derzeitigen Krise“, erklärte das Beratungsunternehmen im September. „Wenn man alle Arten von Anlagen mit einer solchen nicht maßgeschneiderten Politik ins Visier nimmt, verwirrt das den Markt und stellt die Wirksamkeit der Maßnahmen in Frage.“ Insgesamt dürften die PPA-Preise jedoch aufgrund des Ungleichgewichts zwischen Angebot und Nachfrage in nächster Zeit weiter steigen. Schon vor dem Vorschlag für eine Erlösobergrenze hatte das Angebot Schwierigkeiten, mit der Nachfrage Schritt zu halten. Das trieb die PPA-Preise in die Höhe.

Nach Angaben des Schweizer Beratungsunternehmens Pexapark haben sich die Preise für zehnjährige PPAs für Photovoltaik-, Onshore- und Offshore-Windkraftanlagen in diesem Jahr verdoppelt und liegen nun bei durchschnittlich 107,80 Euro pro Megawattstunde. Allein im August überstiegen die Preise für einjährige Stromverträge in Deutschland und Frankreich zum ersten Mal die Marke von 1000 Euro (987 US-Dollar) pro Megawattstunde.

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